Das Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt, fummelte Sydney den Haustürschlüssel ins Schloss, öffnete die Türe und legte ihre Tasche auf dem Regal im Flur ab. Von dort aus konnte sie bereits hören, dass sich Cara entweder in der Küche oder dem Wohnzimmer befinden musste. Ihr Mustang hatte schon mal in der Einfahrt vor der Garage gestanden. Und wie es auf den ersten Blick aussah, unversehrt. Allerdings war der Zweite viel wichtiger.
"..... nein, tut mir leid..... Santa Cruz", antworte Sydney auf die Frage des Anrufers; ein Seufzer entfuhr ihr, der ihrem Gesprächspartner wissen ließ, wie wenig erfreut sie darüber war und lehnte sich im Anschluss gegen das Regal, auf dem sie ihre Sachen zuvor abgelegt hatte, "Stehe ich darauf. Ich bin ein absoluter Fan von der aus dem November Null neun. Wobei ich sagen muss, die von zehn ist einfach nicht der Rede wert, darüber braucht man kein Wort zu verlieren. Unumstritten und bis heute, eine der Besten, die es für mich gab."
Dieser Anruf wäre einer der Besten gewesen, den Sydney hätte bekommen, wenn sie für den Job in den nächsten Wochen nicht in San Francisco sein müsste. Schweren Herzens und dankbar für das Interesse lehnte sie das Angebot ab, mit dem sie über mehrere Monate über die Runden hätten kommen können, und blieb im Türrahmen zum Wohnzimmer stehen. Mit der oberen Kante ihres Telefons klopfte sie gegen ihre Handfläche und sah Cara dabei ausdrucksloser Miene an.
"Was IST mit dir verkehrt? Ist das Wort nein so schwer zu verstehen?", offensichtlich war dem so, anders konnte sich Syd die Aktion von Cara nicht erklären, "Ich hole den Wagen selber ab. Sechs Worte, die man nicht missverstehen kann. Der Wagen war ein Geschenk.""Dem Wagen geht es gut. Und sieht aus wie neu. Also, alles in Ordnung", Entgeisterung machte sich in Sydneys Gesicht breit, als habe sie verhört, wodurch Caras gute Laune gleich auf verschwand, "Nicht alles in Ordnung? Du bist gut deinem Job. Wird schon nicht lange dauern, bis du einen Neuen findest."
"Was für einen Job?", wandte jemand fragend ein, den Sydney erst in diesem Augenblick bemerkte und deswegen nur flüchtig nach links blickte, "Ich könnte mich mal umhören."
"Siehst du. Er hört sich um", bestätigte Cara ihre vorherige Aussage zuversichtlich als die Sache mit dem Auto nie gewesen oder längst vom Tisch und deutete mit dem Finger auf Sydney, während sie Jax ansah, "Sie gehört zu New Yorks Lügen Elite. Die sind die Besten, die du an der gesamten Ostküste finden kannst. Wer, wenn nicht die? Kannst du mir ruhig glauben."
"Danke", entgegnete Syd spöttisch und fuhr mit der Zunge über die Innenseite ihrer Wange, "Ich nehme es mal als Kompliment"
"Autorin, dann brauchst du keinen festen Job finden", ganz nach dem Motto, 'wer hat dich gefragt und warum mischst du dich eigentlich hier ein?', warf Sydney Jax einen Blick zu, "Tut mir leid, geht mich nichts an. Aber um die andere Sache zwischen euch zu entschärfen. Sie ist nicht gefahren. Ganz entspannt. Ich habe sie hergebracht und das war's."
"Und es macht die Sache jetzt besser, weil....?", erwartungsvoll und gespannt auf diese Antwort, lehnte sich Sydney mit der rechten Schulter gegen den Türrahmen, verschränkte die Arme vor der Brust und neigte den Kopf in die entgegengesetzte Richtung, "Es ändert doch nichts daran, dass sie meinte, den Wagen zu holen, obwohl ich Nein sagte. Sie hat gerade mal ihren Führerschein gemacht. Der Wagen ist über fünfzig Jahre alt und komplett anders als mit dem sie gelernt hat. Innerhalb von fünf hat sie den geschrottet. Eine andere Frage. Was machst du hier? Ist sie nicht ein bisschen zu jung für dich?"
"Wow, du kannst echt eine Bitch sein", schnaubte eine fassungslose Cara; stand auf, um von ihrem neuen Vormund wegzukommen und wollte diese beim Hinausgehen anrempeln, was ihr allerdings nicht gelingen wollte, "Kein Wunder, dass ein Miststück wie du, keinen Typen abbekommt. Mit dir hält es doch niemand aus."
"Schätzchen, gewöhne dich daran", rief Sydney Cara hinterher, die die Treppe hinauf stapfte, und gab ein heiseres Glucksen von sich, "Ab sofort spielen wir nach meinen Regeln."
Nach einem langen Stöhnen fasste sich Sydney an die Stirn, nachdem Cara außer Hörweite war, schob sich die Haare nach hinten und ließ sich auf der Couch nieder, wo sie die Arme auf dem Tisch verschränkte und den Kopf hinauf fallen ließ. Dies war gerade mal der zweite Tag. Der zweite Tag. Zwei von ungefähr siebenhundertdreißig. Blieben somit noch siebenhundertachtundzwanzig. Wie sollte das bloß weitergehen? Jeglichen Respekt an alle, die mit vierundzwanzig schon Kinder besaßen oder gerade eins bekommen hatten. Freiwillig.
"Wie alt ist sie? Siebzehn?", lachte Jax auf einmal und deutete zur Türe, durch die Cara so eilig verschwunden war, "Die wird nicht lange sauer sein. Morgen wird sie bereits so tun, als sei nichts gewesen."
"Sechzehn und solange sie nicht auf die Idee kommt, einen Schlüssel zu nehmen und damit einmal ums Auto zu gehen, ist es mir egal", erledigt streckte Sydney ihre Hände nach vorne aus, legte danach das Kinn auf ihre rechte Faust, betrachtete die Finger der anderen Hand und kratzte sich mit den Fingern ihrer rechten Hand über den Daumen, "Wobei Bitch und Miststück nichts neues ist oder nicht das erste Mal war, dass ich so genannt werde. Gott, wie sehr ich zurück nach Manhattan will. Nein, jetzt will erst mal für die nächsten acht Wochen nach Frisco. Als würde man einen Millionengewinn ablehnen. Macht man ja schließlich auch nicht. Wie dumm das auch wäre."
"Scheint ein gutes Angebot gewesen zu sein", mit vorgeschobener Unterlippe fing Sydney an zu nicken, richtete sich auf und beobachtete Jax, wie er auf den Tisch vor sich hin starrte, "Bloß, wenn du keine Lust auf das hier hast, was du offensichtlich nicht hast, lass es bleiben. Mit halben Herzen dabei zu sein, bringt niemanden was."
"Es war eine der Chancen, die nicht noch einmal kommt. Natürlich wäre ich jetzt viel lieber dort. Für ein halbes Jahr würden wir ohne Probleme über die Runden kommen, daher stellt sich die Frage gar nicht erst", und dennoch stellte sich Sydney diese gerade, aus einem sehr guten Grund, "Meinem Job alleine verdanke ich dieses Auto. Einer der besten Aufträge, den ich je bekommen habe und machen durfte. Eine siebzig Stunden Woche und das über vier Wochen, in denen man bei der Hälfte immer wieder von neu beginnen musste oder gleich alles in den Müll werfen durfte. Nächte um Nächte durchgearbeitet und sich von Energydrinks ernährt. Am Ende zählt nur das Ergebnis, nicht die Zeit, die Arbeit oder der Aufwand, der dahintersteckt. Und jedes Mal fragt man sich, warum man sich das antut, aber wenn man das Ergebnis sieht und die Reaktionen der Menschen, weiß man es wieder. Ich habe mein Leben auf so eine Chance gewartet, daraufhin gearbeitet und jetzt DAS...... tut mir leid. Ich... danke fürs Vorbeibringen. Danke wirklich aber, ich bin fertig für heute."
"Du willst nur noch deine Ruhe. Kann ich verstehe", bevor Sydney beginnen konnte zustimmend zu nicken, war Jax längst aufgestanden, weswegen sie ihn noch zur Türe begleitete, "Falls noch etwas mit dem Wagen sein sollte, bring einfach zu mir. Ansonsten wünsche ich dir einen schönen Abend und mach dir keinen Kopf ihretwegen."
"Danke, wünsche ich dir auch", nachdem Sydney die Türe geschlossen hatte, lehnte sie nachdenklich ihren Hinterkopf dagegen und begann auf ihrer Unterlippe zu kauen, "Acht Wochen..... keine hundert Meilen."
Ach was redete Sydney da. Wenn es hochkam, achtzig Meilen. Sechsundfünfzig Tage also nur zwei Monate. Wer hatte eigentlich beschlossen, sie dürfe ab sofort nichts anderes mehr machen als ihre Zeit in Santa Cruz verbringen und müsse hier einen Job finden? Mit sechzehn war sie an der Uni angenommen worden, dann würde Cara auch zwei Monate alleine klarkommen. Viele Eltern waren wegen ihres Jobs einige Zeit weit weg von zu Hause und ließen ihre Kinder alleine. Von einer Sechzehnjährigen konnte man auch erwarten, dass diese Für einige Zeit alleine zurechtkommen sollte. Sollte man zumindest meinen. Annehmen.
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Wenn euch die Geschichte gefällt, würde ich mich enorm darüber freuen, wenn ihr sie weiterempfehlen würdet. Original Werke zu schreiben ist auf WP enorm schwer geworden, was vor ein paar Jahren nicht der Fall war.
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Devil [Original Story]
ParanormalDen Teufel gibt es und er ist kein kleines rotes Männchen mit Schwanz und Hörnern. Er kann sogar wunderschön sein, weil er ein gefallener Engel ist und früher mal Gottes Liebling war. Cover by ©Little7Seven Story by ©Little7Seven Non-Fiction/Origina...