Devil [Original Story]

01

Auf dem Seitenstreifen vor der städtischen High School stellte Sydney den Motor ab, blickte zum Gebäude hinüber und holte ihr Handy hervor. In etwa zehn Minuten sollte der Unterricht beendet sein und die nächsten zwei Jahre würden somit beginnen. Für manches im Leben, war man nicht vorbereitet. Wie aber auch? In dem einen Moment, sitzt du im Meeting für den anstehenden Pitch und im nächsten, ruft ein Notar an, um dir zu erzählen, dass du von nun an der Vormund einer Sechzehnjährigen sein sollst. Von jetzt, auf gleich.

"Ich würde mal behaupten, dass sieht ziemlich übel aus", begrüßte ein Mädchen Sydney, ließ sich in den Beifahrersitz fallen und schob sich ächzend die blonden Haare zurück, "Was ist passiert?"

"Dir auch ein hallo. Wie geht es dir Cara? Danke, mir geht es gut", entgegnete Sydney im gespielter guten Laune, wodurch Cara die Augen verdrehte und zu ihr schaute, "Schönen Tag gehabt?"

"Natürlich. Ferien sind vorbei, neues Schuljahr hat begonnen und Mom ist tot", mit diesen Worten erwiderte Cara Sydneys Lächeln und drehte sich auf dem Sitz komplett zu ihr, "Alles cool. Bei dir?"

"Ich musste meinen Job aufgeben; mein Leben; Manhattan verlassen, um hierher zu ziehen, und habe eine ungefragte Vormundschaft", es war genau derselbe Tonfall, wie bei Cara zuvor, den Sydney nun besaß und lächelte zu ihr zurück, "Alles cool, also."

Beide nahmen es der jeweils anderen nicht sonderlich übel, was die andere gerade von sich gegeben hat. Es war eine nicht gerade einfache Situation im Augenblick. Für keine von beiden. Genau wie es bei Cara vor wenigen Wochen der Fall war, war auch Sydneys Mutter gestorben als sie noch ein Teenager war. Damals war Syd fünfzehn gewesen und das Thema Vater, war am selben Tag zu Ende gegangen, wie bei Cara. Ihre Väter waren Polizisten gewesen. Ein Polizeieinsatz, der schiefgelaufen war oder wie der Polizeicheff es nannte, aus dem Ruder gelaufen, weil der Koordinator nicht richtig aufgepasst hatte.

Josephine, Caras Mutter, war die Schwester von Sydneys Mutter gewesen und während einer Familienfeier, lernte Josephine einen Kollege und engen Freund von Syds Vater kennen. Das eine, führte anschließend zum anderen.

Ob der Tot ihrer Mütter nun erblich bedingt war oder woran es auch immer lag, wollte Sydney weder jetzt wissen noch jemals erfahren. Wenn es so weit war, würde sie es ohnehin erfahren aber nicht früher. Und so lange wollte sie ihr Leben genießen. Die Zeit auf Erden war ohnehin schon zu kurz und die will sich niemand, wegen irgendwelcher belanglosen Nichtigkeiten, verderben lassen.

"Zahlt der Kerl oder die Ische wenigstens den Schaden?", fragte Cara nach zehn Minuten Fährt beiläufig während sie ununterbrochen auf ihr Handy schaute, "Sieht nämlich ziemlich scheiße aus und ist ganz schön peinlich."

"Es gibt Schlimmeres Cara", erinnerte Sydney die Blonde, verdrehte jetzt nun selbst die Augen, wegen des Spruchs, und fuhr sich mit den Fingernrücken über den Unterkieferknochen, "Aber ja, der Typ würde den Schaden reparieren. Arbeitet in einer Werkstatt oder so, keine Ahnung."

"Ich habe nichts vor, du auch nicht von daher, fahren wir gleich hin", ernüchterndes Blickes schaute Sydney kurz zu Cara hinüber, weil es nicht auf ihrem Tagesplan stand doch die Blondine zuckte nur mit den Schultern, "Was?! Wenn du ehrlich zu dir selbst wärst, bist du meiner Meinung. Es sieht einfach scheiße aus, wenn da vorne, eine fette weiße Schramme auf dem matten Lack zu sehen ist."

Bis morgen sowie in den kommenden Tagen würde Cara Sydney so lange damit auf die Nerven gehen, bis sie letztendlich zu dieser Werkstatt fuhr. Erst dann hätte sie ihre Ruhe vor ihrer Cousine und das Auto sähe wieder aus wie heute früh vor dem Aufeinandertreffen. Um ehrlich zu sein, konnte sich Syd gar nicht daran erinnern, als Teenager ebenso genervt zu haben. Ab und an, gerade nach dem Tod ihres Dads, hatte es ein paar schwierigere Phasen gegeben aber nichts Heftiges.