Kapitel X

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Austin:

Ich war gerade wieder aus dem Geschichtsunterricht geflogen, da sprangen mir auch schon ein paar Mädchen ins Auge.
Nachdem ich mich ihnen näherte, stellte ich fest dass es sich um Aubrey, ihre Freundinnen und—Lucía handelte?
Aubrey stand mit dem Rücken zu mir und wollte gerade auf Lucía losgehen, diese wich ihr aber geschickt aus und dann landete die arme Aubrey auf dem kalten Boden.
Verdient, nehme ich an...
Tja, innere Stimme da hattest du tatsächlich recht.
Als Aubrey mich sah, fing sie seltsamerweise an zu schluchzen.
Wollte die mich etwa verarschen?
Hielt dieses Mädel mich eigentlich für so dumm?
Ebenfalls sichtlich verwirrt, drehte sich Lucía um und als sie mich sah, klärte sich ihr Blick deutlich und sie verdrehte bloß die Augen. Gleich danach hatte sie offensichtlich vor zu gehen.
Doch Aubrey hatte andere Pläne und bedankte sich bei Gott für meine plötzliche Anwesenheit, da Lucía, die billige Nutte, ihr ja angeblich weh tun wollte.
Ich bezweifelte dass Aubrey überhaupt gläubig war.
Und billige Nutte? Das sagte ja wirklich die Richtige. Aber einen heißen Körper hatte sie...
Lucía wäre da viel zu prüde.
Egal.
Ich zog meine Augenbraue hoch.
Aber Lucía konterte wie immer mit dem passenden Spruch und machte Aubrey noch eine ganze Weile fertig bis sie ihr Geld überreichte.
Verwirrt beobachtete ich das Geschehen vorerst weiterhin, ebenso wie Diana und London, Aubreys Freundinnen.
Lucía erklärte noch so ganz nebenbei weshalb Aubrey Geld bräuchte und wieso die beiden Hühner sich gerade so sehr stritten.
Dann disste sie Aubrey noch ein weiteres Mal zum Thema »billige Nutte« und machte sich gleich darauf hübsch aus dem Staub. Ganz mach der typischen Lucía-Manier.
Dieses Mädchen sollte einer verstehen. Sie war ein einziges, wandelndes Rätsel.
Kopfschüttelnd grinste ich.
Viele wären jetzt wohl verwirrt weshalb ich nicht fuchsteufelswild auf Lucía los gegangen war, für ihre Aktion gestern.
Das lag daran dass ich durch Zufall mitbekommen hatte, das Thomas' Vater Detective ist. Und zwar der Detective.
Lucía hatte uns mal wieder den Arsch gerettet auch wenn das mit dem Mehl wirklich nicht hätte sein müssen!
Wir alle durften den ganzen Theatersaal reinigen!
Da wir, oder eher ich, beziehungsweise meine Eltern, ja privilegiert waren bekamen wir oder ich eigentlich nie Strafen aufgedrückt.
Also eins musste man Lucía lassen, sie hatte Mal wieder ins Schwarze getroffen.

Die Schüler, ich darunter, hatten gerade Mittagspause und diese verdammte Aubrey hing seither noch immer an mir.
Hatte die denn kein eigenes Leben?
Oder irgendwas zu tun?
Ich sagte gerade was für ein Miststück Mrs Morris denn war—was ich völlig ernst meinte—da fing Aubrey, die an meinem Oberarm klebte, auf einmal an total gekünstelt zu lachen.
»Was ist so lustig?«, fragte Buster, der nur einen Wenn-Blicke-töten-könnten-Blick abbekam.
Ich musste schmunzeln.
Und da war wieder dieses gekünstelte Lachen.
»Na Austilein natürlich«, säuselte sie verführerisch als wäre es total selbstverständlich und klimperte mit den Wimpern.
Ich starrte sie von der Seite an.
Dieser Schlafzimmerblick war scheußlich.
»Die Mädchen lachen nicht mal bei meinen guten Witzen und bei dir lachen sie schon ohne das es überhaupt ein Witz ist?«, fragte nun Joey, mein bester Freund, woraufhin Buster, Nate, Cole, Daniel,  Denzel und Dean, ein neuer Member unserer Clique, anfingen zu lachen.
»Tja ich seh' halt besser aus als ihr alle zusammen«, sagte ich gespielt arrogant und zuckte die Schultern.
»Außerdem willst du ja nie dass jemand, ich zitiere; dich belagert, sondern schiebst lieber alle weiblichen Geschöpfe ab«, sagte ich hinterher was meinen jahrelangen Freund zum schmunzeln brachte.
Ich kannte Joey ewig und vertraute ihm mein Leben an. Was nicht hieß, dass ich das bei den anderen nicht tat.
Wir waren alle eine Familie.
Ich würde für sie alle mein Leben geben, egal wen ich länger kannte.

Ich trank gerade einen Schluck Soda als auf einmal die Tür der Cafeteria gegen die Wand knallte. Eigentlich wollte ich hinsehen, sah dann aber stattdessen Lucía die es gar nicht zu interessieren schien dass etwas so laut knallte, denn sie verweilte in ihrem Buch—zugegeben sie hatte Kopfhörer in den Ohren, doch irgendwie entlockte mir das trotzdem ein Lächeln, ich wusste nicht wieso. Ich ließ meinen Blick weiter zur Tür schweifen.
Allerdings stand dort niemand mehr, also wollte ich zurück zu Lucía schauen und da sah ich ihn.
Ein Typ, welcher wohl für den Knall verantwortlich gewesen war, machte sich auf den Weg zu Lucía.
Ich verspannte mich augenblicklich als ich sah dass er sie von hinten umarmte.
Was zum Teufel wollte so ein Kerl bitte von Lucía?
Der sollte seine Griffel von ihr nehmen!
Oh wo war mein Popcorn?! Lucía würde sowas von ausrasten!
Lucía schien tatsächlich so überrascht wie ich zu sein denn es sah ganz danach aus als würde sie ihn gleich zusammenstauchen wollen nachdem sie aufstand, da hielt sie inne.
Lucía sprang ihm in die Arme und quietschte laut. Bei mir hätte sie das nie gemacht...
Dieses Geräusch hatte ich noch nie aus ihrem Mund gehört.
Und ich glaubte sie noch nie so Lachen gesehen zu haben.
Es war ein schönes Lachen, wobei von vorne fiel es mir nicht auf, aber jetzt so von der Seite, hatte sie etwa ein blaues Auge?
Dieses Mädchen katapultierte sich auch echt zu jeder Gelegenheit in Ärger.

»Austin?«
Ich brummte.
Wieder rüttelte etwas an meinem Arm aber diesmal etwas stärker als zuvor.
»Was?!«, knnurrte ich gereizt und schob Aubrey zur Seite.
Möglich dass sie gut im Bett war aber ihre Visage konnte ich echt nicht mehr ertragen.
Sie wurde sofort rot und fuhr sich über ihr Dekolleté.
War ja klar, so ein billiges Miststück.

Ich stand nun doch auf um zu Lucía zu gehen doch wie mir auffiel, war sie schon weg.
Sowie auch der Typ.
War das ihr Ernst?!
Es schwirrten mir tausende von Fragen durch den Kopf, aber eine interessierte mich besonders; wer war dieser Typ? Und woher kannte Lucía ihn?
Das sind zwei »Austilein«, erklang die Stimme meines inneren.
Schnauze!
Ach drauf geschissen, sollte mir nur recht sein und selbst wenn die fickten, was interessierte es mich?
Ich beschloss zu verschwinden, ich hatte keinen Bock mehr. Weder darauf weiter über Lucía nachzudenken, noch mich mit Aubrey rumschlagen zu müssen.

Gerade als ich die Tür der Cafeteria passierte, hörte ich ein Gespräch zwischen zwei Personen.
»Ich kann immernoch nicht glauben dass du hier bist.
Was ist mit Miriana und Alano?!«, fragte eine überforderte Stimme auf Spanisch.
Oder eher überwältigt?
Irgendwie kam mir diese Stimme bekannt vor.
»Lucía mí Amor, Miriana und Alano sind noch in Los Teques, sie kommen bald nach, das weißt du doch immerhin hast du den Deal ausgehandelt. Und was mich angeht...ich musste dich einfach sehen.«
Es war also wirklich Lucía.
Aber wovon redete dieser Typ?
Und sagte er gerade mí Amor?!
Ich verstand nur Bahnhof.
»Blanco Primo, ich weiß, ich kenne den Deal aber Alano wird es wieder versuchen verdammt und Miriana wird ihn dabei nicht aufhalten kö-«
Wieso hörte sie auf zu reden?
Und was zum Teufel tat ich hier verdammt?! Ich lauschte! Ich!
Und das obwohl ich kaum ein Wort verstand.
»Lucía es ist alles in Ordnung er hat geschworen es nie wieder zu tun...Dios mío
Dieser Vollidiot sollte nicht so mit ihr reden. Auch wenn ich diese Sprache nicht beherrschte, bemerkte ich einen gereizten Unterton wenn ich ihn hörte.
Dieser Ton gefiel mir absolut nicht, ebenso wenig wie die plötzliche Stille. Jemand seufzte.
»Bueno Blanco, aber wo willst du denn schlafen?«
Redete Lucía gerade darüber dass jemand mit jemandem schlief?
Schliefen die beiden etwa miteinander?
»Bei dir natürlich, wo sonst?«
»¿Que? ¡No!«
Wieso war Lucía denn auf einmal so aufgebracht?
Mein Gott es schwirrten viel zu viele Fragen in meinem Kopf herum.
Und die meisten davon hatten zu viel mit Lucía zu tun. Zumindest jetzt gerade.
Aber zugegeben, ich konnte nicht abstreiten dass es mir gefiel wie sie ihn anschnauzte.
Zu gern würde ich sein Gesicht sehen.
»Wieso nicht?«
»Ach Blanco...«
Ich beschloss einfach in deren Gespräch zu platzen, damit Lucía sich nicht weiter erklären musste, wie es nämlich schien, denn ich kannte und verabscheute diese Lage ebenfalls und ich gab mir das auch nicht weiter.

»Oh, Hi Lucía!«, begrüßte ich sie gespielt überrascht und bemerkte dass dieser Blanco sich anspannte. Innerlich grinste ich.
»Austin?« Der süße Akzent mit dem sie meinen Namen aussprach, war mehr als sexy, das konnte ich nicht leugnen.
Allerdings schien Lucía mehr als verwirrt, sie schien sogar irgendwie...ängstlich.
Aber wovor hatte sie Angst?
Ich würde ihr nie weh tun, zumindest nicht unbedingt mit Gewalt.
Ach was dachte ich da für einen Müll, kein Wunder das sie Angst hatte.
»Was willst du Austin?«
Auf einmal war da rein gar keine Furcht mehr zu hören, sondern viel mehr Wut, Selbstbewusstsein.
»Was willst du denn dass ich will?«, erwiderte ich und grinste dreckig.
Ich wusste auch nicht wieso ich plötzlich so dachte oder eher redete.
»Cabrón«, sagte dieser Blanco lautstark.
Keine Ahnung was das heißen sollte aber die beiden fingen auf einmal an zu glucksen.
Was zum Teufel sollte das jetzt?!
Da wollte man jemandem ausnahmsweise helfen und man wurde ausgelacht?! Wollten die mich verarschen?!
»Was gibt's da zu lachen?!«, knurrte ich so wütend und gereizt, dass sich beide wieder einkriegten.
»Hör zu Austin, ich weiß nicht was du von mir willst aber wir gehen jetzt, adíos
Bevor die beiden verschwanden, zwinkerte dieser Scheißkerl mir noch zu.
War das deren verdammter Ernst?!
Die wollten mich doch wirklich verarschen!
Ich ließ meinen Frust an der Scheißwand aus als hätte sie Schuld an diesem Bullshit und haute danach ab.
Und mit diesem Bullshit war nicht nur Lucía und dieser merkwürdige Kerl gemeint...
Gottverdammte Scheiße, ich hatte meine eigenen Probleme.
Angefangen mit Kate und allgemein meiner Familie.
Ach Mann, war das alles zum Kotzen!
Ich raufte mir die Haare und beschloss den restlichen Tag zu schwänzen. Allerdings hinterließ ich Joey eine Nachricht damit er sich nicht sorgte oder so und ich mich in Ruhe betrinken gehen konnte.

To be continued...

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