Aufgeregt steige ich wieder aus der Dusche und ziehe meine Klamotten an. Fertig angezogen taste ich mich vorwärts in Richtung des Spiegels. Ich stoße meinen kleinen Zeh an einem Regal, weshalb ich zischend meinen Fuß zurückziehe und ihn schmerzend in meinen Händen halte, während ich auf einem Bein balanciere.
Fängt ja super an.
Endlich spüre ich, nachdem ich mich beruhigt habe, die glatte Oberfläche vom Spiegel. Jetzt nur noch die Bürste finden. Kurz nachdem ich den Gedanken fertig gedacht habe strecke ich meine Finger auch schon raus und suche die ausgestanzten Punkte von den Metallplatten. Ich bemerke die vertraute Kälte, die immer von dem Metall ausgeht und kurz darauf finde ich auch schon die Pünktchen. Sofort fange ich an diese zu „lesen" und entziffere das Wort „Bürste". Sofort greife ich zu dem dazugehörigen Regalfach und werde fündig. Langsam streiche ich mit der Bürste durch meine Haare.
"Xenia, bist du dann mal soweit? Wir müssen ja noch zur Lichtung", bricht Ryder die Stille mit seiner Stimme. "Klar, ich komme sofort. Einen Moment", höre ich meine eigene Stimme durch den Raum schallen. Darauf folgt ein Quietschen, wahrscheinlich von der Tür, denn sofort vernehme ich die Geräusche schwerer Schritte.
"Hey, Kleine. Lass mich dir helfen", flüstert die Stimme meines Bruders und ich spüre seine rauen Hände, die vorsichtig die Bürste aus meiner Hand nehmen. Sanft bürstet er mir meine Knoten aus den Haaren. Fertig legt er die Bürste zurück und hebt mich im Braut-Style hoch.
Wie ich das immer hasse, weil ich dann immer die Orientierung verliere. "Ryder, du weiß, dass ich das nicht mag", meckere ich ihn an. "Ja, schon klar, aber sonst bist du echt zu langsam. So kommen wir schneller die Treppe herunter", erklärt er mir seine Absicht.
Traurig schließe ich meine Augen. Immer wieder dasselbe. Diese Behinderung ist echt scheiße. Nichts schafft man allein und wenn, ist man für die anderen immer noch zu langsam. Man ist einfach eine Last für andere. Scheiße, was mach ich denn, wenn die mich so sehen. Ein blindes Wolfsmädchen.
Die Jahre davor war ich nie auf diesem Fest. Man hielt mich geheim. Man kannte meinen Namen, doch zu Gesicht bekam man mich nie. Doch dieses Jahr haben meine Eltern beschlossen mich auf die Lichtung gehen zu lassen. Schließlich muss ich ja meinen Mate finden.
Was ist eigentlich, wenn mein Mate mich gar nicht haben will? Er sieht mich bestimmt eher als eine Art Ballast.
So tief in Gedanken versunken nehme ich die Stimmen der anderen gar nicht mehr war. Langsam kehrt mein Hörsinn wieder zurück, was ich von meinem Sehvermögen nicht behaupten kann.
"...vielleicht wird es ihr ja doch alles zu viel Ryder. Ich halte es immer noch für keine gute Idee sie mitzunehmen. Ich meine, schau sie dir doch jetzt mal an. Sie ist so in Gedanken versunken und total überfordert." "Du hast nichts zu entscheiden Damon. Es ist immer noch mein Leben und ich kann tun und lassen was ich will. Und ich will zu diesem Fest, also lässt du mich auch gehen. Ich habe keine Lust darauf, dauernd zu Hause zu sein!", schreie ich Damon an und blicke in die Richtung, aus der seine Stimme kam.
Darauf erwidert Damon nichts mehr und Ryder trägt mich weiter nach draußen.
Im Garten höre ich wie Knochen knacken und sich wieder neu einrenken. Ekelhaft. Kaum bringe ich meinen Gedanken zu Ende, verwandele ich mich auch schon zum Wolf. Ein befreiendes Gefühl kommt über mich und ich schüttele mein Fell glücklich aus.
Als Wolf kann ich mich viel besser auf meine anderen Sinne konzentrieren, als wenn ich ein Mensch bin, denn ich nehme alles viel intensiver war und spüre jede einzelne Schwingung und Veränderung im Boden. Meine Ohren zucken umher. Ich höre jedes noch so kleine Tier im Wald. Deswegen ist es auch nicht allzu schlimm, wenn ich jetzt allein durch den Wald laufen würde. Aber das tue ich ja nicht.
"Komm Xenia. Wir wollen los, sonst kommen wir noch zu spät", höre ich Dad durch unseren Rudelkanal, auch Mindlink genannt, sprechen. Der Mindlink dient dazu, dass wir auch als Wölfe miteinander kommunizieren können. Mit einem Nicken teile ich ihm mit, dass ich verstanden hab.
Schon spüre ich die ersten Schwingungen im Boden und folge Schritten meiner Eltern.
Nachdem wir relativ lange durch den Wald gelaufen sind, kommen wir endlich an einer Lichtung an. Ich werfe einen Blick von links nach rechts.
Viele, viel zu viele Auren strömen auf mich ein. Alphas, Betas, Gammas, normale Wölfe und sogar Omegas sind hier. Einen Großteil der Auren kann ich niemandem zuordnen, da ich sie nicht erkenne und das bringt mir Kopfschmerzen. Vor Schmerz winselnd verwandele ich mich zurück in meine menschliche Form und knie mich hin.
Sofort legt sich eine beruhigende Hand auf meinen Rücken. "Alles gut, Süße? Willst du lieber zurück?", dringt die Stimme meiner Mutter in mein Ohr. "I-Ich...Nein ich möchte bleiben", antworte ich mit zitternder Stimme. "Na gut, aber die Jungs werden auf dich aufpassen, okay?", fragt sie mich, aber ich weiß, dass sie keine Widerrede duldet, weshalb ich bloß nicke. Vorsichtig stehe ich wieder auf und werde geradewegs von Ryder mit gezogen in Richtung der Werwolfmasse. Einige der Blicke der Anwesenden fallen auf uns. Anhand der Auren erkenne ich, dass sie unserem Rudel Respekt zollen, schließlich sind wir ein ziemlich großes Rudel. Doch auch neugierige Blicke die nur mir gelten sind dabei. So gut es geht versuchen meine zwei Brüder mich abzuschirmen, doch ich spüre die Blicke immer noch auf mir. Sie brennen sich wie Wolfram in meine Haut.
Unwohl laufe ich weiter hinter den Auren meiner Brüder her, welche sich am Rande der Lichtung auf breiten Bänken niederlassen, was ich ihnen nachmache.
Die Feier ist im Großen und Ganzen sehr schön. Man kann neue Freunde treffen und die Rudel kommen untereinander klar, ohne dass es großartig viel Streit gibt, es traut sich bloß niemand in meine Nähe. Diese Tatsache lässt mich aufseufzen und einmal tief einatmen.
Und dann trifft mich der Schock.
DU LIEST GERADE
A black world
Werewolf\ÜBERARBEITET/ Schwarz, nichts außer schwarz. Jeden Tag wenn ich meine Augen öffne blicke ich in die dunkle Leere, so sehe ich nämlich meine Welt. Kein rot, blau, gelb oder grün. Ich kann nichts erblicken, denn mir fehlt ein Sinn seit der Geburt. Un...