Chapter 6 ✔️

7.7K 216 13
                                    

Aiden setzt sich mir gegenüber hin und lehnt sich vor. Nervös lege ich meine Hände auf meinen Schoß und senke meinen Kopf. Was er jetzt wohl will? Vielleicht hat er vor mich doch abzulehnen. Ich glaube er bereut seine Worte von gestern. Oder doch von heute Mittag? Ist es erst abends oder schon nächster Tag?

"Xenia", bricht seine Stimme die Stille und meine Gedanken. Vorsichtig hebe ich meinen Kopf und antworte kleinlaut: "Ja?" Ein Seufzen verlässt seinen Mund bevor er wieder einatmet: "Ich weiß, es ist alles neu für dich und du musst dich hier erst einmal zurechtfinden, aber ich möchte, dass du bei mir einziehst. Bevor du irgendwas sagst, hör mir erstmal zu. Ich weiß, wir kennen uns noch gar nicht und es geht alles schon so schnell, aber sicherlich hast du schon bemerkt, dass ich ein Alpha bin. Das bedeutet für uns, dass du früher oder später sowieso in mein Rudel kommst. Außerdem habe ich schon alles mit deinen Brüdern abgeklärt. Sie sind schon auf den Weg zurück nach Lumaris, um deinem Alpha zu berichten, dass du ins Phoenix-Rudel wechseln wirst". Schockiert nehme ich seine Worte wahr.

Wie kann er, nach wahrscheinlich nicht mal einem Tag oder so von mir verlangen, in sein Rudel zu wechseln? Und wie konnten meine Brüder das zulassen? Ich konnte mich gar nicht richtig von meinen Eltern verabschieden. Okay, es gab auch schon krassere Fälle, denn ich habe schon mal gehört, dass manche Alphas sehr brutal sind und ihre Mates keine 5 Minuten nach dem Mateball mit sich schleppen wollen. Zum Glück ist mir sowas nicht passiert.

Aber mal ehrlich, wie können Jungs sowas von uns verlangen? Die haben im Leben doch schon alles so viel leichter als wir Mädchen. Ich meine, sie haben nicht dieselben Probleme wie wir. Und wenn wir keine Jungfrau mehr sind ist es wie Weltuntergang und bei den Jungs wird sowas gefeiert. Echt ich verstehe es nicht.

Entrüstet schnaube ich auf. "Und ich habe da kein Mitspracherecht? Nur, weil ihr Jungs uns nicht allein lassen wollt, heißt es nicht, dass du über meinen Kopf hinweg entscheiden kannst!", pfeffere ich ihm meine Meinung entgegen. Er muss meine Worte wohl erstmal sacken lassen, denn einen Moment lang kommt keine Antwort von ihm.

"Das war nicht so gemeint. Ich wollte dich dem ganzen Stress nicht aussetzen, denn du warst noch geschwächt", versucht er mich zu besänftigen. Seufzend gebe ich nach. "Ich kann dich und deine Absichten ja verstehen, aber ich konnte mich nicht mal richtig von meiner Familie verabschieden", teile ich ihm traurig mit.

Sanft streichen Finger meine Wange entlang. Die Geste zeigt mir, dass es ihm leidtut und ich nicht allein bin. "Wenn du willst können wir bald aufbrechen, damit du dich von deiner Familie verabschieden kannst. Sie können dich aber auch gerne jederzeit besuchen kommen", schlägt er mir einen Kompromiss vor den ich gerne annehme. Doch erst jetzt fällt mir auf: Er hat "Phoenix-Rudel" gesagt. Das Phoenix-Rudel liegt am Rande vom Bezirk Lumaris und ist somit auch relativ weit weg von meinem ehemaligen Rudel.

Soweit ich mich erinnern kann liegt es in Shadow Falls und das ist 2,5 Stunden Fahrt von Lumaris entfernt. Verwirrt ziehe ich meine Stirn kraus. "Hast du Phoenix-Rudel gesagt? Ist es nicht in Noctium und somit ziemlich weit weg von Lumaris? Und außerdem, ist nicht das Phoenix-Rudel eines der stärksten Rudel im Land?", stelle ich Aiden all die Fragen, die in meinem Kopf rum schwirren.

Ich höre ein raues Lachen, dass nur von Aiden stammen kann. "Ich habe aber einen neugierigen Mate", stellt er fest. "Ja Süße. Du hast mit allem recht. Doch ich werde diese lange Reise mit dir machen, wenn es dich glücklich macht. Und jetzt komm, du hast sicher Hunger", fordert mich Aiden auf, aufzustehen. Kaum stehe ich, werde ich auch schon hochgehoben und davongetragen.

Schneller als sonst verliere ich meine Orientierung, was aber auch verständlich ist. Ich meine, ich bin schließlich in einem mir fremden Haus.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als Aiden mich absetzt und plötzlich zu reden anfängt. "Was willst du denn essen?", fragt er mich und fängt an, irgendwo links von mir herumzukramen. "Ehh, ich hätte Lust auf Nudeln", sage ich und lächle vor mich hin. Ja, Nudeln sind eindeutig eines meiner Lieblingsessen.

Nachdem Aiden die Nudeln endlich fertig gekocht hat, stellt er mir einen Teller Nudeln vor die Nase und setzt sich mir gegenüber. Dann sagt er noch kurz „Guten Appetit" und schon höre ich, wie er über das Essen herfällt, was mich kichern lässt.

Nachdem wir still aufessen, räumt er das Geschirr weg und führt mich ins Wohnzimmer, wo wir mit einer Frage-Antwort-Runde anfangen.

"Wo warst du schon alles?", fragt mich mein Sitznachbar neugierig. Was er nicht weiß ist, dass man es als Blinde nicht so einfach hat und man nicht überall hinkommt. "Naja, sagen wir es so, Shadow Falls ist mein erstes Reiseziel, dass ich besucht habe", sage ich ruhig. "Jetzt bin ich dran. Wie siehst du aus? Also was sind deine Augenfarbe und Haarfarbe?", will ich von ihm wissen. Um ehrlich zu sein, diese Frage schwebt schon lange in meinen Gedanken herum.

Ich höre ihn kurz auflachen, was mich grinsen lässt, bevor er ansetzt zu sprechen: "Also ich habe dunkelbraune, fast schwarze Haare und braune Augen. Ich bin 1,94m groß und ich gehe manchmal trainieren." Ach, zu gern würde ich ihn einmal sehen. Wissen wollen, wie all diese Farben aussehen, wie gut gebaut sein Körper ist und wie ich neben ihm wohl aussehen mag?

"Hallo Xeni? Hast du mir gerade überhaupt zu gehört?", fragt er mich entsetzt, obwohl ich in seiner Stimme einen Hauch Belustigung hören kann. Ja, ich habe empfindliche Ohren, wenn ich mal auf etwas achte.

"Ehh, nein nicht wirklich", gebe ich zu. "Okay, dann frage ich dich nochmal. Hast du Lust bald mal mein Rudel kennen zu lernen?" Oh Gott, sein Rudel? Nein. Was ist, wenn das Schlimmste, was ich mir ausmale, passiert? "I...ich weiß nicht?", quittiere ich bloß, was sich eher wie eine Frage anhört.

"Es wird schon nicht so schlimm werden. Ich bin ja bei dir. Außerdem werden sie dich lieben", versucht mich Aiden aufzuheitern. "Na gut, okay", gebe ich letztendlich nach.

"Komm, lass uns hoch in das Schlafzimmer gehen. Du scheinst müde zu sein", meint er ganz heiter und umfasst sanft mein Handgelenk, um mich hoch zu ziehen. Sofort entsteht da, wo er meine Haut berührt ein angenehmes Kribbeln.

Ich stolpere ihm hinterher und versuche mit ihm mitzuhalten. Wenigstens sagt er mir Bescheid, wenn er abbiegt oder Stufen vor uns liegen.

Endlich im Zimmer angekommen, lasse ich mich von ihm zum Bett führen und falle gleich in die Decken. Aiden bleibt kurz stehen, bis seine Aura anfängt herumzulaufen und herumzuwuseln.

Seine schweren Schritte lösen Schwingungen aus die ich mit jeder Faser meines Körpers spüre und mit dieser Sicherheit, dass er bei mir ist, schlafe ich ein.

A black worldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt