Kathrina Kowaljow
Ich war gerade dabei meinen Lipgloss aufzufrischen, als sich Diana Augenbrauenwackelnd neben mich stellte. Leise schmatzte ich mit den Lippen und korrigierte meine Kontur. „Ist was?"
Sie lehnte sich an das Waschbecken der Mädchentoilette und kicherte. „Erzähl schon was zwischen dir und Kay gestern gelaufen ist!" forderte sie mich auf. Manchmal nervte mich ihre unschuldige Ader. Wie oft hatte ich ihr schon von meinem Verhältnis mit Kay erzählt? Ich wusste es nicht mehr und ich hatte das Gefühle sie wollte nicht wahrhaben, dass wir keine 0815 Beziehung führten.
,,Es gibt nichts zu erzählen." Ich zuckte desinteressiert mit den Schultern. „Wirklich nicht."
,,Ihr habt euch den ganzen Morgen diese Blicke zugeworfen."
,,Du weist über unser Verhältnis bescheid, Di. Gestern Nacht hatten wir unseren Spaß. Das ist alles."
Sie rümpfte ihre Nase, weshalb ich mich seufzend zu ihr drehte. „Das wäre ja nicht das erste Mal. Ich hab schon oft genug von uns erzählt. Wir führen immerhin keine Kindergartenbeziehung, so wie Chris und du."
Eigentlich sollte ich bereuen was ich gesagt hatte, aber ich tat es nicht. Sie ritt ständig auf meinen Problemen rum und dass ging mir auf die Nerven. Egal was ich gemacht hatte sie lies es mich nicht vergessen und für die Sache mit Kay musste ich mich nicht entschuldigen. Es war nichts verwerfliches an unserem Verhältnis und nur, weil Diana es nicht verstand hatte sie kein Recht darüber zu urteilen.
Für einen kurzen Moment schlich sich ein verletzter Ausdruck auf ihr Gesicht, aber das überspielte sie gekonnt. Sie war schon dran gewöhnt. Immerhin wusste sie, dass sie mit Kathrina Kowaljow befreundet war. Ich war eine Oberzicke und das war allgemein bekannt. Sie kannte mich nicht anders.
,,Ich finde es einfach nicht gut, dass du dich so hergibst. Du hattest bisher schon so viel Sex, aber keine richtige Beziehung."
„Das ist nicht wahr."
„Du meinst Max?" Diana schnaufte verächtlich. Sie konnte ihn noch nie leiden. Genauso wie Kris und Brandon ihn auch nicht leiden konnten. Wenn ich so drüber nachdachte mochte ihn niemand.
Hättest du nur auf sie gehört, als sie sagten er sei nicht gut, Kat.
,,Max ist ein Krimineller Junkie und ein schlechter Mensch noch dazu."
Ich hatte es schon immer gehasst, wenn sie ihn runtermachten und beleidigten. Immerhin war ich mit ihm zusammen gewesen und hatte mich ordentlich in ihn verliebt. Seine böse Aura und die ganzen Tattoos hatten mich neugierig gemacht. Er hat mich besonders fühlen lassen und ich war sogar ehrlich glücklich (dachte ich zumindest) mit ihm. Auch wenn ich wegen ihm am Ende verdammt viel Scheiss am Arsch kleben hatte, aber ein schlechter Mensch war er nicht.
,,Ich hab dir schonmal gesagt, dass du nicht so scheisse über ihn reden sollst."
,,Bist du immer noch nicht über ihn hinweg?„
„Red keinen Blödsinn."
Ich beließ es dabei. Wenn ich weiter darauf eingehen würde, dann würden wir uns wieder streiten. Außerdem hätte ich dann wieder schlechte Laune und müsste mich rechtfertigen. Heute war ich sowieso schon mit dem falschen Fuß aufgestanden. „Lass und zurück auf den Pausenhof."
Diana seufzte resigniert, aber folgte mir trotzdem. Es wehte ein kühler Herbstwind, bunte Blätter fielen von den Bäumen und bedeckten den Wiesenboden. Meine Haare klebten mir im Gesicht. Schüler saßen auf den Bänken, welche über dem Hof verteilt standen. Kris saß mit Spencer, Bethany, Sue und Frankie zusammen an einem Picknicktisch. Er hielt seine Nase in unser Wirtschaftsbuch, da er anscheinend nochmal den Text über die Agrarwirtschaft durchlas, welchen wir auf heute aufhatten. Spencer und Bethany küssten sich leidenschaftlich und Sue und Frankie lasen in der neuen Ausgabe der Cosmo.
Diana setzt sich neben Kris und lehnte sich an seine Schulter. Er gab ihr eine Kuss auf ihre Stirn, bevor er sich wieder dem Text widmete. Ich fühlte mich wie das dritte Rad am Wagen. Es war echt kein gutes Gefühl.
Du weist ja wo du ein paar Pillen herbekommst, oder?
Ich ignorierte das Gefühl mich zudröhnen zu wollen und zündete mir stattdessen eine Zigarette an. Mit geschlossenen Augen inhalierte ich den Rauch, atmete durch meine Lunge durch und blies ihn wieder raus. Es überraschte mich immer wieder auf Neues wie entspannend Nikotin sein konnte.
Kris sah von seinem Buch auf. „Seit wann rauchst du?"
,,Schon seit einiger Zeit."
,,Du meinst, nachdem du mit Max Schluss gemacht hast?"
Ich verdrehte meine Augen und zog nochmal provozierend an der Zigarette. „Lass es einfach gut sein und kümmer dich um Wirtschaft."
Sie alle senkten ihren Blick. Ich war einfach nur unglaublich genervt und das am dritten Tag nach meinem Comeback. Ich nahm einen großen Zug der Zigarette und drückte den abgebrannten Rest am Boden aus. Es fühlte sich nicht richtig an hier zu sein, als wäre ich fehl am Platz. Denn auch wenn alles so war wie früher und sich nichts verändert hatte, spürte ich eine große unscheinbare Veränderung. Ich wusste nicht wieso, aber ich hatte dieses nagende Gefühl an meinem Herzen. Als würde ein Biber mein Herz immer kleiner zerstückeln, bis irgendwann nur noch ein kleines Stück übrig bleiben würde. Es fühlte sich an wie damals und an diese Zeit wollte ich nicht zurück denken.
Mein Telefon blinkte auf.Dreh dich mal um, Bitch.
Liebe Grüße JillIch drehte mich zum Eingangstor und erblickte Jill's feuerroten Pferdeschwanz und ihren tätowierten Körper. Sie trug ihre abgewetzte schwarze Lederjacke mit Patches ihrer Lieblingsband. Automatisch musste ich grinsen. Ich ging zu ihr und zog sie in eine kurze Umarmung. „Was machst du den hier?"
Sie zog die Augenbraue hoch. „Was denkst du denn? Achselhaarlutscher hat dich angerufen und ich will sicher gehen, dass du keinen Mist baust."
,,Ich hab ihn abblitzen lassen. Keinen Grund zur Sorge."
Ich zündete mir noch eine Kippe an.
Nur noch zwei da. Scheisse.
,,Deine wie vielte ist das heute?"
Ich zuckte mit den Schultern und inhalierte den Rauch. „Sechste oder siebte. Ich hab nicht mitgezählt."
Jill nahm mir die Kippe weg und zog einmal dran. Ich zappelte mit meinen Beinen, lehnte mich von einem Bein aufs andere. Wartete darauf, dass ich das Nikotin zurückbekam.
,,Warum so unruhig?"
Ich hielt still und nahm die Zigarette wieder an mich.
,,Lass uns zu mir gehen. Ich hab echt keine Lust mehr auf diese Hölle."
Als wir in meinem Zimmer waren holte ich eine Wodkaflasche unter meinem Bett hervor und hielt sie dem Rotschopf lächelnd unter die Nase. Sie zog ihre tätowierten Augenbrauen in die Höhe und legte somit ihre Stirn in Falten.
,,Notfallration!" Ich zuckte unschuldig mit meinen Schultern und hielt sie ihr weiterhin vors Gesicht.
Seufzend nahm sie mir die Flasche ab und trank einen großen Schluck. „Ich bin kein Mensch der großen Worte und das weist du, aber ich kann gut zuhören. Und ich hab das Gefühl, dass bei dir etwas nicht stimmt."
Ein großer Vorteil, welcher unsere Freundschaft mit sich brachte, war dass sie eigentlich keine ernsten Gespräche führte. Zumindest nie auf meine Launen einging, wenn ich es nicht wollte. Sie ähnelte mir so sehr, dass wir uns schon wieder so unterschieden.
,,Ich will nicht darüber sprechen."
,,Das ist mir eigentlich scheissegal, Kat."
Ich verdrehte meine Augen. „Lass es einfach."
,,Dein Verhalten ist echt unheimlich. Diese... Gleichgültigkeit. Ist es wegen Max?"
,,Dieser Name geht mir so auf die Nerven!"
,,Also ist es wegen ihm?"
Mein Schweigen veranlasste sie eigene Schlüsse zu ziehen. „Es ist also wirklich wegen dem kleinen Scheißer. Kat, du weist, dass-"
„Jill, verdammt! Es ist alles gut!"
Meine Stimme bebte und ich merkte, wie sich Kopfschmerzen anbahnten. Das war mir heute eindeutig zu viel Stress. Ich vergrub für einen kurzen Moment meinen Kopf in meinen angewinkelten Beinen. Mein ganzes Leben ist ein einziger Scheiterhaufen. Auch wenn alles gut war, sollte es das nicht sein. Ich fühlte mich verloren und das Max bald aus dem Gefängnis raus kam machte die Sache nicht besser. Ich war nicht dumm. Ich wusste, dass er hier auftauchen würde. Mir war auch klar, dass ich nicht so einfach aus dieser Sache rauskam. Dennoch hatte ich klein wenig Hoffnung das alles unbeschadet zu überstehen. Meinen Abschluss zu machen und dann ohne Gewicht auf den Schulter um die Welt zu reisen. Das war alles was ich wollte.
Ich seufzte und hob wieder meinen Kopf. Dieses Leben hatte ich nie gewollt. Ich wäre lieber arm und glücklich als reich und kaputt. Es ist eben nicht alles Gold was glänzt.
,,Warum willst du mir nicht die Wahrheit sagen?"
Ich nippte an der Wodkaflasche. „Ich lüge nicht."
DU LIEST GERADE
All the way to him
ChickLitSie kommen aus unterschiedlichen Welten. Und doch sind sie füreinander bestimmt. Geld, Glamour, Luxus, Macht - diese vier Wörter beherrschten Kat's Leben. Sie hatte das Leben, was alle wollten. Kat war die Königin Beverly Hills und jeder beneidete...