Kapitel 11

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Kathrina Kowaljow

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Kathrina Kowaljow

„Kopfschmerztabletten." hauchte ich und quetschte mich an ihn vorbei.
„Ich glaub dir kein Wort."
Ich hielt inne. Mein Herz klopfte schmerzhaft gegen meine Brust. In meine Augen traten Tränen, aber ich versuchte sie so gut es ging zurückzuhalten.
„Was ist mir dir los, Kat? Du verhältst dich echt komisch in letzter Zeit!"
Er durfte nicht wissen, was passiert war. Kris würde es nicht verstehen. Nicht mal ich selbst konnte verstehen, wieso ich mein Leben so kaputt gemacht hatte. Wegen einem Jungen? Wegen den Pillen? Vermutlich wegen allem. Doch ich konnte den Gedanken nicht ertragen das mein bester Freund davon wusste. Es würde alles verkomplizieren. Ich hatte alle Hände damit zu tun mich auf Max zu konzentrieren. Die bloße Erwähnung seines Namens löste Unbehagen in mir aus. Nein, das war nicht das richtige Wort. Wut.
„Es ist nur... Max kommt bald aus dem Gefängnis. Das macht mir zu schaffen."
Mehr als die Halbwahrheit brachte ich nicht über die Lippen. Kris zog seine Augenbrauen zusammen und schürzte seine Lippen. Das war sein „Ich verstehe nicht ganz" - Blick.
„Und wieso ist das so?"
„Weil," sagte ich mit scharfen Unterton. „auch wenn du und Di es nicht einsehen wollen, ich verdammt nochmal nicht über ihn hinweg bin."
Ich konnte etwas in seinen Augen sehen. Die tiefe Abneigung gegen Max. Und ich hasste diesen Ausdruck. An sich war Max kein schlechter Mensch. Die Umstände machten ihn nur dazu. Sie alle kannten ihn nicht richtig und hatten kein Recht über ihn zu urteilen. Ich durfte ihn hassen. Ich hatte einen Grund! Aber Kris und Di hatten keine Ahnung und das machte mich so verdammt wütend.
„Es ist Monate her! Warum hängst du immernoch an ihm? Wenn du mir schon meine erste Frage nicht beantwortest, dann doch bitte diese."
Ich biss mir auf die Lippe, schmeckte den rostigen Geschmack von Blut an meiner Zunge. „Uns hat etwas verbunden, dass du nicht verstehen kannst. Und ich hab es satt, dass ihr - nicht nur Max - sondern auch mich verurteilt! Ihr denkt er ist der böse Kerl und ich das naive Mädel, dass sich in seine dunkle Seite verliebt hat. Aber ihr wisst nicht worüber ihr verdammt nochmal redet!"
Er schluckte deutlich. „Mir war nicht klar, dass dich das so belastet."
Ich schulterte meine Tasche. „Ich will einfach für mich sein und ich würde mich freuen, wenn du Di sagst, dass sie ihre Meinung für sich behalten soll."
Kris nickte einfach und rauschte an mir vorbei. Vermutlich hatte ich ihn verletzt. Ja. Aber es musste gesagt werden. Ich hatte an mich denken müssen. Sicher hätte ich Di erwürgt, wenn sie weiter auf meiner Beziehung mit Max herumgeritten wäre. Überhaupt wegen ihrem nervigen Verhalten. Mittlerweile erkannte ich weder Di noch Kris wieder. Oder vielleicht hatte ich sie nie richtig gekannt. Immerhin hatten sie mir auch nicht erzählt, was sie für einander empfanden.
Oder... vielleicht hatte ich mich verändert.
Es fühlte sich an als würde die ganze Welt Auseinanderfallen. Ich hatte nichts mehr unter Kontrolle. Die Worte meiner alten Psychologin schwebten über mir wie eine Regenwolke während eines Gewitters: Ein Kontrollverlust könnte alles was du dir aufgebaut hast zerstören. Wenn du die Kontrolle verlierst such dir jemanden mit dem du reden kannst. Jemandem dem du vertraust.
Für einen Moment schloss ich meine Augen und eine Träne konnte sich aus meinem Augenwinkel lösen. Wem konnte ich vertrauen? Brandon? Nein. Seinen Eltern? Ganz bestimmt nicht. Kris? Di? Auf gar keinen Fall! Kay? Verdammt! Ich wusste es nicht. Vermutlich würde er mich dann auch noch abservieren. Mein Hoffnung schwand. Ich schlug mir die Hand vor meinen Mund um nicht zu schluchzen.
Wie erbärmlich war ich geworden? Stand heulend im Schulflur, weil mich meine Lügen und Problem zu überfluten drohten.
Wäre es mir besser gegangen, wenn ich bei meiner Psychologin geblieben wäre?  Wenn ich auf sie gehört hätte und sie weiterhin zweimal die Woche besuchen würde?
Vermutlich. Aber ich war mal wieder zu stur gewesen. Im Nachhinein wusste man es immer besser. Trotzdem würde ich nicht zugeben, dass ich wieder Hilfe brauchte. Ich würde alleine aus meinem Stimmungstief rauskommen. Erstmal würde ich für den Test büffeln und dann überlegen wie es weiter ging.
Ich wirbelte herum, als ich Schritte hörte. Jade und Josh waren gerade um die Ecke gekommen. Schnell wischte ich mir die Tränen von den Wangen, aber ich war mir sicher, dass ich sie nicht verbergen konnte. Ihrem Blick zu urteilen lag ich mit meiner Annahmen richtig, weshalb ich beinahe im Boden versank. Ich mochte es nicht vor anderen zu weinen. Hatte ich noch nie gemocht und tat ich immer noch nicht. Vor allem nicht vor Jade. Er hatte mich schon immer davor gewarnt irgendwann in dieser Welt unterzugehen und ich hatte nie auf ihn gehört. Vielleicht hatte es Nachteile ein Teil der Elite zu sein, aber sie hatte mich nicht zerstört. Ich hatte mich selbst zerstört.
Ruckartig drehte ich mich um und geriet leicht ins Straucheln. Trotzdem riss ich mich zusammen und kämpfte mir den Weg mit meiner verschwommenen Sicht nach draußen durch. Hoffentlich würden sie das ganz schnell wieder vergessen.
„Hey, Kat!" rief Josh hinter mir außer Atem. War er mir hinterhergerannt?
Ich atmete tief durch und sah zu ihm. „Was gibt's?"
Seine warmen Augen blickten mich scheu an, was ich irgendwie süß fand. „Geht es dir gut? Kann ich was für dich tun?"
Leicht musste ich lachen, weil ich die Situation so grotesk fand. „Das ist lieb, aber mir geht es gut."
Er runzelte seine Stirn. „Das sieht aber nicht so aus."
„Oh, das!" Gespielt erstaunt nickte ich. „Mir ist was ins Auge geflogen. Das ist keine große Sache. Es hat schon aufgehört zu Jucken."
Josh kam mir immer näher und stand mittlerweile direkt vor mir. Mir wurde warm. Warte. Wieso verdammt wurde mir in seiner Nähe warm? . „Da gibt es immer so ein Problem beim Lügen. Wenn du jemanden vor dir hast, der selbst oft die Wahrheit verdreht, fliegt der Schwindel auf."
Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und ging einen Schritt zurück. Sein gutes Aussehen und die Wirkung die er auf mich hatte hatte  mich für einen kurzen Moment abgelenkt und ich wollte meine Kratzbürstige Seite nicht an ihm auslassen, aber ich konnte nicht ausstehen, wenn mich jemand durchschaute. Auch wenn er das vermutlich nicht beabsichtigt hatte.
„Ich muss mich nicht rechtfertigen! Es geht dich einen Scheiss an, was ich sage und tue. Es war aufmerksam, dass du nachgefragte hast, aber kümmere dich um deinen eigenen Scheissdreck."
Seine Mundwinkel bogen sich nach oben. „Eigentlich wollte ich dich nur etwas über den Test fragen. Jetzt weis ich mehr über dich, als dir lieb ist."
Ich biss meine Zähne zusammen. „Lass mich einfach in Ruhe!"
Er wollte etwas sagen, aber ich ließ ihn nicht zu Wort kommen und wirbelte herum.
Bevor ich abrauschte fiel mir noch etc was ein. „Ach," rief ich Josh zu, der gerade wieder in die Schule gehen wollte. „Sag Jade, dass er Berta ihre Lieblingspralinen mitbringen soll. Er wird sonst vermutlich von ihr mit einem Hausschuh aus dem Haus gejagt werden."
Mir war egal, dass Josh nicht wusste wer Berta war und was ihre Lieblingspraline waren. Er sollte es nur ausrichten. Es war eine unterschwellige Nachricht an Jade, dass er mich im Stich gelassen hat. Auch wenn ich Mitschuld trug war ich sauer auf ihn. Ich hatte ihn gebraucht und er war einfach gegangen und das sollte er wissen. Wie das mit den Pralinen und Berta zusammenhing war ganz einfach. Wir hatten uns vor ein paar Jahren richtig zerstritten und ich hatte  daraufhin unseren Streit Berta gebeichtet. Ich war vollkommen aufgelöst gewesen. Als wir uns wieder vertragen hatten musste er Berta Pralinen kaufen, dafür dass er mich so verletzt hatte. Auch wenn wir uns jetzt nicht vertragen hatten glich es einem Waffenstillstand. Und das erforderte Pralinen. Kirschlikörpralinen.
Ich stieg in den Wagen von Mario und schlug die Tür zu. Hoffentlich würde alles gut gehen.

All the way to himWo Geschichten leben. Entdecke jetzt