Part 16

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Tick Tack Tick Tack Tick Tack


Die Zeit läuft, vergeht. Zeit. Was ist das überhaupt? Habt ihr euch je Gedanken darüber gemacht? Ich ehrlich gesagt schon sehr oft. Zeit hängt oft mit 'Was wäre, wenn...' zusammen, nicht wahr? 'Was wäre, wenn die Ärzte den Tumor nicht jetzt gefunden hätten? Du könntest tot sein!' 'Was wäre, wenn ich mein Portemonnaie nicht vergessen hätte? Ich wäre nicht zurück in die Wohnung gegangen und hätte nicht gesehen, dass das Bügeleisen eingeschaltet auf meinem Kleid liegt. Meine Wohnung bestände nur noch aus tief schwarzer Asche.'


'Was wäre, wenn ich später oder früher losgefahren wäre? Wenn ich zum Beispiel eine Ampel länger hätte stehen müssen? Wenn ich eine andere Straße genommen hätte? Dann hätte ich ihn nicht kennen gelernt. Ich wäre weiter geflüchtet - vor was auch immer - und mein Leben wäre anders verlaufen. Ich glaube daran, dass alles, was passiert, auch einen Grund hat. Und die Zeit spielt dabei eine wichtige Rolle. Sie gibt uns die Chance auf etwas. Aber nur für eine gewisse Dauer. Ergreifen wir diese Chance nicht, ist es vorbei.


Tick Tack Tick Tack Tick Tack


Ich weiß nicht, wie lange ich Marco verständnislos angesehen hatte, aber würde ich das noch länger tun, verschwindet meine Chance auf etwas. Er wollte, dass ich ihn küsste. Ich sollte ihn küssen. Und ich wollte ihn küssen. Und wie! Schon seit Tagen verspürte ich dieses Verlangen. Das Bedürfnis, etwas zu erleben. Es machte immer Spaß, mit Marco etwas zu erleben. Gerne erinnerte ich mich an den Tag zurück, an dem wir zusammen im Park waren und Marco mich mit Erdbeeren gefüttert hatte. Ich nahm mir fest vor, mir in den nächsten Tagen ein Handy zu beschaffen. Natürlich hatte ich das süße kleine Missgeschick aufgrund der Schlagsahne nicht vergessen. Immer wieder holte ich mir das Bild zurück in mein Gedächtnis. Manchmal bildete ich mir ein, die Schlagsahne auf Marcos Mundwinkel zu sehen, wenn wir was unternahmen. Es war mein schönster Tag in diesem traurigen, schlichten Gebäude. Ein Tag mit vielen Erfahrungen.


Tick Tack Tick Tack Tick Tack


'Na los! Jetzt sag endlich was! Oder tu was!'
Plötzlich ging hinter mir die Tür auf. "Liebling, bist du so weit? Wir würden gerne fahren."
"Ja, einen Moment noch", informierte ich meine Mutter und hörte, wie sich die Tür kurz danach wieder schloss. Mit dieser Aufforderung vernichtete meine Mutter eindeutig die Stimmung. Das sah nicht nur ich so. Marco seufzte enttäuscht, lief zu seinem Schrank und nahm ein paar T-Shirts heraus. 'Nein! Nein nein nein Chance vertan! Super gemacht...' Die Atmosphäre war zerstört. Aber ich wollte ihn doch küssen! Und wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt hatte, zog ich das auch durch.

Erneut zog ich an Marcos Hose, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. "Hilf mir hoch!", befahl ich ihm und krallte mich an seinen Unterarmen fest. Ich fühlte, wie seine Muskeln unter meinen Fingern tanzten, als er mich hochzog. Vorsichtig stellte er mich auf seinen Füßen ab. Es kribbelte überall. In meinen Händen, in meinen Beinen, aber besonders kribbelte mein Herz. So nah wie jetzt, war ich Marco noch nie. Sein Atem kitzelte meine Haut, seine Berührungenn versetzten mir angenehme Stromschläge. "Ich hab das noch nie gemacht, also verurteile mich nachher nicht." Meine Stimme war nicht mehr, als ein bebendes Flüstern. Ich schlang meine Arme um seinen Hals, zog ihn so zu mir runter und wenige Sekunden später spürte ich warme weiche Lippen auf meinen. Sie waren mir vertraut. Wenn Marco mich zum Abschied auf die Wange geküsst hatte, kostete ich diesen Moment jedes Mal aus. So wie jetzt. Sanft und achtsam, als hätte Marco Angst, ich könnte zerbrechen, bewegte er seine Lippen. Sein Duft flog mir in die Nase und gab mir so den Rest. Ich schloss meine Augen, meine Finger glitten wie von selbst in seine perfekten Haare und krallten sich dort fest. Seine Hände lagen auf meiner Hüfte, hielten mich. Es war ein sonderbares Ereignis. Ein Kuss so heiß und so tief, dass man nie wieder Luft holen wollte.

Aber wir mussten ihn beenden. Ich löste mich von Marco, sah ihn an und vermisste ihn jetzt schon. Eine kleine Träne rollte Marco über die Wange, worauf ich meine Hand an sein Gesicht legte und die Träne mit meinem Daumen wegwischte.

Niemand sagte etwas. Aber wir mussten auch gar nicht reden, denn wir verstanden uns so. 'Wow!' Das dachte ich und ich sah auch Marco an, dass ihm dieser Gedanke gerade durch den Kopf ging.

"Liebling, bitte! Wir- Oh.." Meine Mutter war wirklich ein Stimmungskiller.

Genervt ließ ich mich in den Rollstuhl fallen. "Du wirst mir fehlen, Marco." Schnell drehte ich mich um und rollte zur Tür hinaus. Hätte ich ihn noch länger angesehen, müsste ich weinen.

Meine Mutter wartete immer noch vor dem Zimmer. Sie kam auf mich zu, als die Tür hinter mir wieder zuging. "Habt ihr euch etwa geküsst?"

Weiterhin versuchte ich, die Tränen zurück zu halten. Vergeblich. Ich nickte nur und schon flossen die ersten Tränen über meine Wangen. "Oh nicht doch.." Meine Mutter beugte sich zu mir runter und nahm mich in den Arm. Ich ließ alles raus, in leiser Hoffnung, Marco würde mich hören, zu mir rauskommen und mich so im Arm wiegen wie meine Mutter es gerade tat, aber es geschah nichts. Natürlich war ich froh, nicht mehr diese ekelhafte Krankenhauspampe essen zu müssen. All diese schrecklichen Dinge im Krankenhaus würde ich nicht vermissen. Aber Marco! Er fehlte mir ja jetzt schon und das tat mir fürchterlich weh.

"Bring mich hier raus. Bitte", schluchzte ich, worauf meine Mutter mich sofort losließ und zu den Aufzügen schob.

"Dass du weinen könntest, hatten wir gar nicht eingeplant", entfuhr es meiner Mutter auf dem Weg nach unten.

"Bitte was?"

Unsicher schaute sie zu mir runter. "Giulia hatte vorgeschlagen dich ein wenig zu überraschen. Von deinen Freunden war keiner hier, also wollte sie dir eine kleine Freude bereiten."

"Und was heißt das jetzt genau?"

"All deine Freunde - einschließlich Tobias - stehen unten vorm Eingang und erwarten dich schon."  

Das ist das erste Mal, dass ich einen Kuss so beschrieben habe und es würde mich wirklich freuen, wenn ich dazu Feedback bekommen könnte :3 Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob mir das nämlich gelungen ist. Wenn ihr übrigens ein paar Ideen für diese Geschichte habt, könnt ihr mir das gerne schreiben, ich bin da grad nämlich ein bisschen einfallslos :(  Ja... ich glaube das war alles :) Also bitte bisschen Feedback da lassen :D

Ohne Vergangenheit durchs Leben (Marco Reus FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt