Part 12

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Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug, als das Auto vor einem Nobel-Italiener hielt. Ein roter Teppich führte zu dem mit Fackeln beleuchteten Eingang. Ein Mann im Anzug stand davor.

Meine Tür wurde geöffnet und der Fahrer hielt mir seine Hand hin. Erst jetzt fiel mir auf, dass er weiße Handschuhe trug.

"Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend", sagte er, bevor er wieder ins Auto stieg und davonfuhr.

Ich wagte noch ein letztes Mal, meine Gedanken zu sortieren und meinen Herzschlag zu regulieren, aber es brachte ja doch nichts. Langsam humpelte ich also auf den Türsteher zu, der mich kurz ansah, dann öffnete er mir die Tür. "Sie werden schon sehnsüchtig erwartet."

Ich lächelte ihn schüchtern an und betrat anschließend den Vorraum. Ein weiterer Mann im schwarzen Anzug nahm mir mein dünnes Jäckchen ab und führte mich durch den gefüllten Speisesaal zu einem Tisch.

Schon vom Weiten erkannte ich einen großen, jungen Mann, der aufgestanden war, als er mich erblickte. Er hatte zerzauste, etwas längere braune Haare und trug eine Brille. Sein Outfit für diesen Abend bestand aus einer schwarzen Jeans und einem weißen Hemd, das in der Hose steckte. In seiner rechten Hand hielt er einen Strauß orangener Blumen. Sie erinnerten mich ein wenig an die erste Begegnung mit Giulia.

Der Ober nickte mir zu und verschwand hinter der nächsten Tür.

Etwas unbeholfen humpelte ich auf den jungen Mann zu. "Hallo, meine Hübsche", begrüßte er mich mit einem Grinsen im Gesicht und schloss mich anschließend in seine Arme. Eine angenehme Duftwolke kam mir entgegen, benebelte mich ein klein wenig. "Ich hab dich vermisst", flüsterte er mir ins Ohr.

Ich konnte nur lächeln. Was sollte ich auch sagen? Schließlich wusste ich bis vor ein paar Tagen gar nicht, dass er existierte.

Der Mann löste sich von mir und zog mir den Stuhl zurück, sodass ich mich hinsetzen konnte.

"Du bist also Tobias?", versicherte ich mich, als er mir gegenüber Platz genommen hatte.

"Genau der bin ich. Seit zwei Jahren der Mann an deiner Seite." Seine Augen funkelten so sehr, dass es mir schon fast weh tat. Ich wusste, dass ich mich heute Abend wieder in meinen Freund verlieben sollte, sonst würde ich alles kaputt machen. Ich kannte ihn nicht, aber trotzdem wollte ich ihn nicht verletzen, Das hatte er nicht verdient.

Der Kellner kam an unseren Tisch und wir bestellten erst einmal etwas zu trinken, bevor wir in unseren Speisekarten stöberten.

Etwas überfordert überflog ich all diese Gerichte. Es waren so viele! Und ich hatte keine Ahnung, was ich wählen sollte. Solche Gerichte wie hier gab es im Krankenhaus natürlich nicht.

"Ist alles in Ordnung bei dir?" Tobias musste aufgefallen sein, wie hilflos ich auf die Karte starrte.

Ich schüttelte den Kopf. "Ich weiß von vor dem Unfall gar nichts mehr, also hab ich auch nicht die geringste Ahnung von irgendwas. Ich weiß nicht wie Maccheroni con Galletti schmeckt oder ob ich Tris di Pasta überhaupt mag! Tobi, ich kenne mich selbst nicht!" Ich hatte mich ziemlich in Rage geredet und merkte gar nicht, dass ich mit Tobias sprach als kannte ich ihn schon mein ganzes Leben.

Enttäuscht klappte ich die Karte zu und sah Tobias an. Dieser lächelte mich aber nur etwas belustigt an, nahm anschließend meine Hand, bevor er anfing zu reden:

"Du heißt Emma, aber die Meisten nennen dich Emmchen, obwohl dir das überhaupt nicht gefällt. Ich nenne dich meistens Em, was dir um Meilen besser passt." Er lachte. Ein raues, tiefes Lachen verließ seine Kehle und verpasste mir eine Gänsehaut. 'Wow! Er hat ein wunderschönes Lachen!' Seine weißen Zähne kamen zum Vorschein, während er mit seinem kompletten Gesicht strahlte. "Deine Lieblingsfarbe ist Orange; du magst Schafe, hattest aber als kleines Kind Angst vor ihnen; du ziehst dich gerne schick an und sportliche Sachen trägst du nur, wenn du Sport treibst. In den Ferien fliegst du Jahr für Jahr - schon seit deiner Kindheit - mit deinen Eltern nach Gran Canaria. Vor drei Jahren warst du dort zum ersten Mal alleine und letztes Jahr waren wir beide zum ersten Mal zusammen dort. Dein Lieblingsgericht ist Nudelauflauf mit Tomatensauce und Brokkoli; außerdem bist du schokoladensüchtig." Das ging dann noch eine ganze Weile so weiter. Mittlerweile hatten wir auch schon unser Essen bestellt. Tobias nahm mir meine Entscheidung einfach ab und bestellte für mich so wie für ihn Pizza.

Ich wusste nun wirklich viel über mich, aber ob ich mein Leben mit genau diesen Kleinigkeiten weiterführen würde, wusste ich nicht.

Es war ein sehr lockerer Abend.

Als unsere Pizzen da waren, war es erst einmal still. Meine Tomate-Mozarella Pizza schmeckte mir wirklich sehr und ich musste es mir verkneifen genüßlich zu seufzen. Anders als damals mit Marco im Park saß ich hier in einem noblen Restaurant.

"Willst du mal probieren?" Tobias steckte ein kleines Stück Pizza auf seine Gabel und hielt mir diese hin. Ich beugte mich meinem Freund entgegen, sodass er mir ohne Probleme die Gabel in den Mund schob. Erst nachdem ich ein paar Mal auf dem Stück herum gekaut hatte, verzog ich das Gesicht. Was auch immer auf dieser Pizza war, es schmeckte mir nicht.

So schnell wie nur möglich schluckte ich es hinunter und griff nach meinem Glas Wein. "Was war das denn?"

"Meeresfrüchte." Tobias lächelte mich an. Er hatte schon den ganzen Abend dieses Lächeln auf den Lippen. Irgendwie machte es mich glücklich, ihn so zufrieden zu sehen.

Nachdem wir die Pizzen aufgegessen hatten, bezahlte Tobias ohne mir die Rechnung zu zeigen und führte mich vorsichtig nach draußen. Er half mir dabei, das Jäckchen anzuziehen, wobei er mir sanft über die Schultern strich.

"Bist du schon müde oder hast du noch genug Energie für einen weiteren Ausflug?"

Eigentlich war ich wirklich schon müde, aber die Neugier siegte. Was auch immer Tobias noch vorbereitet hatte, ich wollte es sehen. "Ich bin noch gar nicht müde", log ich also.

"Perfekt. Dann komm mit."

Wir liefen still schweigend nebeneinander her. Immer wieder sah Tobias zu mir rüber, sagte aber nichts.

Nach einem kurzen Spaziergang kamen wir an einem See an. Es war schon dunkel und nur die Straßenlaternen warfen ihren Schein auf den Weg. Ganz in unserer Nähe entdeckte ich ein kleines Plätzchen unter einem Baum. Eine Picknickdecke lag dort, auf ihr viele kleine Teelichter und ein Korb.

"Ich dachte wir lassen den schönen Abend an deinem Lieblingsort ausklingen." Tobias stand hinter mir und legte seine Arme von hinten um mich. Es kribbelte an allen Stellen, an denen er mich berührte, aber nicht so wie es sollte. Eher war es die Angst, die mich umhüllte, als die Liebe. Was würde dieser Abend noch bringen? Es sah alles so romantisch aus. So wunderschön! Der perfekte Ort, um den Menschen, den man liebte zu küssen. Aber wollte ich das? Keine Ahnung...

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Was wird der Abend wohl noch so bringen? Glaubt ihr er küsst sie? Verliebt sie sich wieder in ihn? Schreibt mal ein paar Vermutungen in die Kommis :D Ich weiß das Kapitel ist nicht sonderlich toll geworden, aber der nächste Teil wird wieder besser. Versprochen! Eigentlich hatte ich gar nicht vor heute ein neues Kapitel hoch zu laden, aber als ich in der Küche saß und für morgen gebacken habe (ICH HAB MORGEN GEBURTSTAG *-*), konnte ich doch irgendwie weiter machen :) Bald hab ich ja wieder Ferien, dann wird bestimmt wieder mehr kommen. Eure dieliebezumregen

Ohne Vergangenheit durchs Leben (Marco Reus FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt