KAPITEL 9 - Die zwei Helden

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Müdigkeit trübte Gabriels Stimmung, als er die quietschende Wohnungstür ins Schloss fallen ließ und den Schlüssel umdrehte. Ein Gähnen musste er sich verkneifen, als er Richtung Wohnzimmer stakste und sich dort auf die Couch niedersekte. Der Modedesigner nahm sein Brillengestell herunter und rieb sich seufzend die Schläfen. Noch nie hatte ihn ein Tag dermaßen Mengen an Energie abverlangt - und das bedeutete Einiges, wenn man bedachte, das der Fashion-Business zu den anstrengendsten Berufen der Arbeitswelt gehörte.
Vor einer Stunde waren die beiden Agreste-Männer in ihren provisorischen Heim angekommen, wo sich Adrien sofort in die Dusche gestürzt hatte, um das hartnäckige Ruß von seiner Haut zu waschen. Nach einem eher mageren Abendbrot und einem eingehenden Gespräch über die heutigen Ereignisse war Gabriels Sohn dann träge in sein Zimmer geschlurft und hatte sich aufs Bett geworfen, wo er binnen Minuten von einem tiefen, seeligen Schlaf beglückt wurde.
Der Vater des Jungen hingegen fand nicht die innere Ruhe, um sich jetzt schon hinzulegen. Zwar färbte sich der Himmel über Paris schon in ein sattes Dunkelblau, doch Gabriel musste noch über viele Dinge nachdenken. Deshalb hatte er sich kurz aus der Wohnung geschlichen, um frische Luft zu schnappen und seinem Verstand Klarheit zu verschaffen. Doch weder der sanft leuchtende Vollmond am Sternenzelt noch die umherflatternden Nachtfalter verhalfen dem aufgewühlten Modedesigner die nötige Ruhe schenken, die seine plagenden Sorgen ihm raubten.
Im Inneren seines Sakkos rührte sich etwas. "Ihr wirkt so angespannt, Meister", fiepte Nooroo leise, die silbrig blauen Äuglein des Kwamis betrachteten seinen Besitzer voller Besorgnis, "Was bedrückt euch denn so sehr?"
Überrascht blickte Gabriel zu ihm hinab. "Oh, pardon", entschuldigte er sich bestürzt bei dem magischen Wesen, welches sich nach seiner Zurückverwandlung im Jackett des Blonden eingenistet hatte, "Ich habe ja völlig vergessen, dass du dich ja noch versteckt hattest. Komm ruhig heraus, mein Sohn schläft schon. Du musst da drin bestimmt fast ersticken."
Vorsichtig schwebte Nooroo aus seinem Kleidungsstück in die Luft, bis er kaum einen Meter entfernt vor Gabriels Nase stehenblieb. "Das macht mir gewiss nichts aus", versicherte er eilig, "Wir Kwamis können uns überall prima verstecken. Wobei ich sagen muss, das euer Gewand einen angenehmen Geruch trägt - anders als bei meinem vorherigen Besitzer."
Da brachte der Modedesigner ein liebevolles Schmunzeln zustande. "Derjenige hat sich wohl glücklich schätzen können, dich als Helfer gewusst zu haben", meinte er verschmitzt und zog sich das verschwitzte Sakko aus, "Ich kann immer noch nicht richtig fassen, dass ich heute tatsächlich die Stadt gerettet haben soll..."
"Ihr solltet nicht so hart mit Euch selbst ins Gericht gehen, Meister", entgegnete Nooroo freundlich und lächelte aufmunternd, "Ihr und Mayura habt wirklich fantastische Arbeit geleistet. Euer gegenseitiges Vertrauen wird Euch helfen, Euch schnell in Eure Bestimmung einzugewöhnen, bis die Gefahr durch den Phönixkönig gebannt ist."
Beim Gedanken an den schadenfrohen, hasserfüllten Terroristen, welcher aus unbekannten Gründen ein Kinderkrankenhaus in Brand gesteckt hatte, keimte ein so gewaltiger Zorn in Gabriels Magengrube auf, wie er ihn noch nie auf irgendeine Person verspürt hatte. Doch bei der Erinnerung an die Besitzerin des Pfauen-Miraculous, der tapferen, eleganten Mayura, und ihren warmen, magentafarbenen Augen wurde dieser Zorn durch ein wohltuendes, prickelndes Gefühl ersetzt, welches er noch immer kaum zu Ergründen vermochte.
"Du musst mir gegenüber übrigens keine Förmlichkeiten hegen", beteuerte der Modedesigner und schob sich seine Brille zurück auf die Nase, "Nenn mich ruhig beim Vornamen und duze mich."
Verwundert weitete Nooroo die runden Augen und rieb sich verlegen die lavendelfarbenen Ärmchen. "Das hat bisher keiner meiner bisherigen Besitzer von mir verlangt..."
"Ich verlange es nicht von dir", erwiderte Gabriel und zog einen Mundwinkel hoch. Wären doch die Medienfüchse und Journalisten nur halb so respektvoll zu seiner Wenigkeit wie der kleine Kwami! "Ich biete es lediglich an. Ich möchte nicht nur dein Besitzer, sondern auch dein Freund sein - sofern es dir recht ist, natürlich."
Nooroo wirkte für einen Moment völlig sprachlos, dann deutete er eine winzige Verbeugung an. "Es ist mir eine Ehre, Eure Freundschaft anzunehmen, Meis- ähm, Gabriel."
"Für mich ebenso, werter Nooroo." Erfreut hob der Modedesigner den Mundwinkel und streckte ihm den kleinen Finger aus, welchen der Kwami mit seinem rechten Ärmchen feierlich schüttelte. Noch nie habe ich innerhalb von vierundzwanzig Stunden so viele nette und weniger nette Bekanntschaften geschlossen.
Neugierig sah sich Nooroo im Wohnzimmer um. "Das hier ist also dein Zuhause?"
"Nur vorübergehend", stöhnte Gabriel verdrossen und lehnte sich gegen seine Couch, um seinen Rücken durchzustrecken, "Wo hast du eigentlich gewohnt, bevor man dich zu mir gebracht hat?"
"In der Miracle Box, zusammen mit den anderen Kwamis. Für jedes Miraculous dient jeweils einer von meiner Zunft als Energiequelle."
Aufmerksam hörte der Blonde ihm zu. "Das heißt, Mayura und der Phönixkönig besitzen auch ihre eigenen Kwamis?"
"Richtig. Aktuell behüten die beiden Meister die chinesische Schatulle, sie wohnen jedoch nicht weit entfernt von hier."
Interesse wurde im Modedesigner geweckt. Mit Sicherheit hatte Nooroo noch tausend weitere faszinierende Sachen über seine mysteriöse Herkunft und die Welt der Miraculous zu Erzählen, und Gabriel konnte es kaum abwarten, sie mit der Zeit Stück für Stück zu erfahren. "Und wer genau sind diese Meister?"
"Du wirst ihnen noch früh genug begegnen, aber es sind die zwei fähigsten Männer, die man sich vorstellen kann." Das Sichtfeld des Kwamis blieb an einem bestimmten Punkt an der Wand hängen. "Wer ist die Frau auf diesem Gemälde?"
Der Blonde folgte seinem Blick, und das bildschöne Portrait einer alterlosen, friedlich lächelnden Frau mit strohblondem Haar und wiesengrünen Augen versetzte seinem Herzen einen bittersüßen, vertrauten Stich.
"Das ist Emilie", klärte Gabriel auf, die Erklärung ging ihm nur schwer über die Lippen, "Meine Frau."
"Ihr Menschen hattet schon immer ein besonderes Talent für die Kunst", bewunderte Nooroo das Gemälde und flog näher heran, um es expliziter zu begutachten, "Sie sieht wunderschön aus!"
Mit zusammengepressten Lippen nickte der Modedesigner. "Das war sie."
Betroffen zuckte der Kwami zurück und schaute seinen Besitzer mit glasigen Äuglein an. "Oh-"
"Das Portait war mein letztes Geburtstagsgeschenk an sie", erklärte Gabriel mit tonloser Stimme. Er tat dies automatisch, sobald das Gesprächsthema auf seine verschiedene Gattin gelenkt wurde, nur um nicht die verfluchten Worte "Es tut mir so leid für dich" hören zu müssen. Inzwischen hatte er ihn nämlich so oft erhalten, dass er diesen Satz schon krankhaft verabscheute. "Eigentlich zeichne ich ja sonst nur, weil ich als Designer Kleidung herstelle. Aber zu diesem Anlass wollte ich ihr etwas Besonderes geben, weil wir uns an ihrem vierzehnten Geburtstag zum allerersten Mal begegnet sind und wir uns somit schon zwanzig Jahre kannten. Ich habe mich darum bemüht, ihr Wesen in diesem Gemälde einzufangen. Damals war ich nie zufrieden mit meinem Werk, denn Bilder konnten ihrer Schönheit einfach nicht gerecht werden. Jedoch werde ich nie ihre Reaktion vergessen, als ich es ihr überreicht habe. Wie sie gestrahlt hat..." Während er über seine geliebte Frau sprach, trug Gabriel ein seliges Lächeln im Gesicht. Dann gefror seine Miene und er senkte finster den Kopf. Es bohrte ihn jedes Mal ein Messer durch sein Herz, wenn er sich selbst dazu zwingen musste, es zu sagen. "Eine Woche später ist die vom Balkon gestürzt und gestorben."
Eisige Stille breitete sich zwischen dem Besitzer des Schmetterlings-Miraculous und dem Schmetterlings-Kwami aus, und keiner der beiden wusste, wie sie ihre Unterhaltung nach Verkündung dieser grausamen Tatsache unbeschwert fortsetzen sollten.
Da folgte Gabriel einen spontanen Impuls und begab sich in den Flur, der schäbige Holzboden knarzte bei jedem seiner bedachten Schritte. Der Modedesigner hielt vor Adriens Zimmertür an und drückte behutsam die Klinke herunter. Mit allem Fingerspitzengefühl schob er die Tür auf, um seinen schlafenden Sohn nicht durch deren lästige Quietschen unnötig zu Stören. Das Zimmer des Jugendlichen war der mit Abstand wohlerhaltenste Raum in der gesamten Wohnung, es passten sogar einige von Adriens persönlichen Gegenständen hinein. Doch man konnte es dennoch nicht mal annähernd mit seinem Zimmer im Agreste-Anwesen vergleichen: Dieses repräsentierte nämlich mit einer Mediathek, einem Fußall-Kickertisch, einem Basketballkorb, einer Kletterwand und einem Konzertflügel den von Teenagern begehrten Luxus in höchster Form. Letzteres erinnerte Gabriel sehnlichst daran, wie sehr er es doch vermisste, Adriens Klavierstunden zu lauschen...
Auf Zehenspitzen betrat der Modedesigner den Raum und setzte sich langsam auf die Kante des Boxspringbetts, in welchem sein Sohn von der schwarz-grün gemusterten Decke umhüllt schlummerte und sich verschlafen ins Kissen kuschelte. Liebevoll streichelte Gabriel über das seidige, strohblonde Haar, welches zerzaust in alle Richtungen abstand. Manchmal erinnerte der Junge ihn ein wenig an eine Katze, weil seine Frisur nach dem Trocknen so durcheinander geriet wie das gepflegte Fell jener Tiere, nachdem sie erstmal mit Wasser in Kontakt kamen. Es gehörte zu den Angewohnheiten des Blonden, seinem Sohn das Haar zurechtzurichten, sollte er die Möglichkeit dazu erlangen - nicht nur, weil der Jugendliche üblicherweise als Model für seine Kollektionen fungierte, sondern wegen dessen nahezu makelloser Erscheinung. Die Kritker konnten sich die Mäuler zerreißen, wie es ihnen passte: Für Gabriel stellte sein Sohn ein äußerliches Ebenbild der Perfektion dar.
Nooroo nahm indessen auf seiner Schulter Platz. "Ich habe Adrien während eures Abendessens belauscht", merkte der wortgewandte Kwami an, "Er ist ein unglaublich freundlicher und sympatischer Junge."
"Er kommt ganz nach seiner Mutter", flüsterte der Modedesigner und strich zärtlich eine blonde Haarsträhne hinter eine seiner Ohren, "Er ist der Mittelpunkt meines Lebens. Mein vollkommener, wundervoller Sohn..."
Auf Adriens Lippen breitete sich plötzlich ein breites, träumerisches Lächeln aus. Ob es daran lag, das er seinen Vater gehört hatte oder gerade an etwas Schönes dachte, musste Gabriel nicht zwingend erfahren. Solange es den Jungen glücklich machte, machte es ihn ebenfalls glücklich.
"Oh, Nooroo... Ich wünschte, du könntest unser Anwesen sehen. Es würde dir gefallen, du würdest aus dem Staunen garnicht mehr herauskommen." Trübsinnig starrte Gabriel auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne. "Doch vielleicht wird es nie dazu kommen..."
Da klingelte es plötzlich an der Wohnungstür.
Verblüfft teilten der Modedesigner und sein Kwami irritierte Blicke. Wer könnte noch zu dieser Uhrzeit hier aufkreuzen wollen?
Adrien bewegte sich zwar und murmelte etwas Undeutliches im Schlaf, doch wie durch ein Wunder wurde er durch das schrille Geräusch der Klingel nicht aufgeweckt. So lautlos wie möglich erhob sich Gabriel auf die Beine und schritt zur Tür, wobei er hoffte, das nicht noch mehr Probleme auf ihn warteten, sobald er sie öffnete.
Nie im Leben hätte er erwartet, dass er in das blasse, herzförmige Gesicht von Mademoiselle Sancœur blicken würde, welche im Trenchcoat unmittelbar vor ihm stand und ihn mit ihren undurchdringlichen, eisblauen Augen ansah.
Völlig überrumpelt räusperte der Modedesigner sich und stammelte eine überraschte Begrüßung. "Ähm... Bon soir?"
Die Geschäftsführerin von Largesse senkte den Kopf. "Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen."
"Nicht doch, ich hatte nur keinen Besuch erwartet. Möchten Sie reinkommen?"
"Danke, aber ich wollte nur kurz bei Ihnen vorbeischauen, um mich bei Ihnen für meine unhöfliche Ausdrucksweise zu entschuldigen." Über ihre Miene flog ein flüchtiger Schatten der Reue. "Ich hätte mich Ihnen gegenüber nicht so hartherzig verhalten dürfen, das war falsch. Meine einzige Motivation dafür lag darin, das in meiner Firma seit einiger Zeit Gerüchte umgehen, dass ich als Führungskraft nicht qualifiziert genug sei. Hätte ich Sie ohne Weiteres eingestellt, wäre vermutlich der Eindruck entstanden, ich würde Largesse an Sie verkaufen, da Sie zu den berühmtesten Persönlichkeiten der Modeszene zählen und es somit schnell zu Missverständnissen gekommen wäre. Ich wollte lediglich den Ruf meiner Firma schützen, und habe es wohl soweit gebracht, dass ich dadurch Ihren Stolz gekränkt habe."
Überrumpelt klappte Gabriel der Kiefer auf. Mit so einer ehrlichen, ausführlichen Begründung hatte er nun wirklich nicht gerechnet, und erst recht nicht mit einer Entschuldigung. Hätte die Chefin der Finanzargentur ihm dies früher mitgeteilt, hätte er sie nicht auf so ungerechte Art und Weise verurteilt. Schuldgefühl überkam ihn wie Platzregen, und er schüttelte hastig den Kopf.
"Nicht doch, ich bitte Sie. Ich kann Ihre Entscheidungen nachvollziehen, und ich denke, das ich Sie auch noch dringend um Verzeihung für mein ungezügeltes Temperament bitten muss. Mir sind die Nerven durchgegangen, weil ich seit Jahren ständig von einer misslichen Lage in die nächste stolpere, und ich einfach nicht mehr weiß, wie ich damit umgehen soll."
"Das verstehe ich. Monsieur le Maire hatte mich heute Abend angerufen und mir vom bevorstehenden Bankrott Ihres Labels erzählt und mit Ihre Adresse verraten. Außerdem habe ich vom Anschlag auf das Hôpital Necker erfahren. Ich hoffe doch, das Ihnen und Ihrem Sohn nichts Schlimmes wiederfahren ist?" In Mlle Sancœurs Tonfall schwang eine Spur von Besorgnis mit.
"Nein, glücklicherweise ist mein Sohn heil aus dem Brand gerettet worden", versicherte Gabriel ihr und verschwieg dabei selbst gekonnt die Tatsache, dass er ihn als Hawk Moth eigenhändig aus den Flammen eskortiert hatte, "Und dafür bin ich mehr als dankbar. Adrien ist das Wichtigste in meinem Leben, nicht meine Karriere."
"Das habe ich gemerkt", bestätigte die Geschäftsführerin mit milder Wärme in der Stimme und holte aus ihrer Seitentasche die Fahrstuhlkarte des Modedesigners hervor, welche er Stunden zuvor bei der Rezeption abgeben musste, "Und ich habe beschlossen, Ihnen ein Abkommen zu unterbreiten."
Verwirrt hob Gabriel die Augenbrauen an.
"Ich werde Ihnen das nötige Gehalt im voraus überweisen, damit Sie Ihr Anwesen von der Beschlagnahme des Immobilienmarkts zurückkaufen können. Dafür biete ich Ihnen im Gegenzug an, dass Sie ein halbes Jahr lang als mein persönlicher Assistent bei Largesse arbeiten, und zwar vollbezahlt, um Ihnen beim Wiederaufbau Ihres Modelabels zu helfen. Allerdings nur, solange Sie meinen Ansprüchen gerecht werden und sich nicht davor scheuen, unter der Leitung einer Frau zu stehen. Was halten Sie davon?"
Vor lauter Fassungslosigkeit bekam Gabriel den Mund nicht mehr zu. Die Person, welche er zuvor als herzlose, ungnädige Diktatorin bezeichnet hatte, bot ihm nun die einmahlige Gelegenheit an, nicht nur sein kostbares Anwesen, sondern auch noch sein gesamtes Mode-Imperium zu finanzieren und seinen so rapide abgestürzten Lebenprinzipien einen mehr als hilfreichen Aufschub zu verleihen.
"Das würden Sie wirklich für mich tun?", hauchte der Modedesigner ungläubig, welcher ihrem großzügigen Vorschlag kaum ordentlich verarbeiten konnte.
"Für Sie und Ihren Sohn, selbstverständlich", betonte Mlle Sancœur fachmännisch, ohne ihr Pokerface zu verlieren, "Jedoch nur, wenn Sie auch Ihren Teil des Abkommens einhalten."
"Ja!", jubelte Gabriel lauthals, der von seinen sprudelnden Glücksgefühlen überwältigt wurde, und nickte eifrig, "Ja, ja, ja und ja, tausendmal ja! Ich werde Ihr Angebot annehmen. Sie können sich garnicht vorstellen, wie sehr Sie mir damit eine Freude bereiten!"
"Kann ich tatsächlich nicht", erwiderte die Geschäftsführerin wahrheitsgemäß und streckte ihm die Fahrstuhlkarte entgegen, welche er diesmal liebend gern annahm, "Morgen um Punkt sechs Uhr erwarte ich Sie in meinem Büro. Verspäten Sie sich lieber nicht, denn ich lege viel wert auf ordentliche Arbeit." Mlle Sancœur wandte sich bereits zum Gehen, doch dann drehte sie sich nochmal halb über die Schulter zu ihm um.
Und zum ersten Mal sah Gabriel, wie sie ihren Mundwinkel zu einem halben Lächeln hochzog. "Ich hoffe künftig auf gute Zusammemarbeit. Bonne nuit."
"Merci!", rief der Modedesigner der Dunkelhaarigen überschwänglich hinterher, als diese sich schon auf den Weg zu den Treppen befand, "Merci beaucoup! Ich habe mich in Ihnen getäuscht, Sie sind ein guter Mensch! Ein unglaublich guter Mensch!"
Der Blonde schloss die Tür hinter sich und führte im Stand einen Freudentanz auf. Am liebsten würde er wie ein Kaninchen durch die Wohnung springen und hinausschreien, wie glücklich man ihn gestimmt hatte.
Nooroo, welcher sich während des Gesprächs hinter seinem Rücken versteckt hatte, strahlte ihn froh an. "Das nennt man dann wohl Karma, schätze ich mal."
"Ich werde mein Haus zurückgewinnen!", krakeelte Gabriel übermütig und presste dem Kwami einen Kuss auf die Stirn, "Und mein Label retten! Es kann alles nurmehr besser werden, Nooroo. Ab jetzt glaube ich fest daran, das alles geschehen kann!"
"Papa? Alles in Ordnung?" Flink huschte Nooroo hinter den Gaderobenständer, als ein müder Adrien sich die Augen reibend aus seinem Zimmer in den Flur geschlurft kam. "Du hast so laut geredet, stimmt denn etwas nicht?"
Verblüffung spiegelte sich in der Miene des Jungen wieder, als der Modedesigner auf ihn zulief und ihn in eine enge Umarmung schloss.
"Im Gegenteil, mein Sohn." Gabriel schaute ihm fröhlich lachend ins Gesicht. "Wir bekommen unser Zuhause zurück!"
Adriens Verwirrung verwandelte sich in unbändige Freude, seine grünen Augen leuchteten ebenso auf wie sein Lächeln. "Tatsächlich?! Wie?"
In wenigen Sätzen berichtete der Vater seinem Sohn von Mademoiselle Sancœur und wie sie in ihrem kurzfristigen Besuch berichtete, das sie ihre Meinung geändert hatte. Da hob Gabriel Adrien im Glückstaumel hoch und wirbelte ihn spontan umher, so wie er es früher mit ihm als Kleinkind getan hatte. Da war der Jugendliche natürlich um einige Pfunde leichter gewesen, aber das konnte dem Modedesigner nun gestohlen bleiben.
"Das ist ja fantastisch! Das freut mich so sehr für dich, Papa!"
"Für uns, mein Sohn", korrigierte der Blonde und setzte ihn zurück auf den Boden ab, "Bald können wir endlich wieder nach Hause gehen. In unser wahres Zuhause."
Am heutigen Tage hatte Gabriel Agreste damit aufgehört, sich über seine Probleme zu beschweren. Stattdessen akzeptierte er sie und versuchte sein Bestmögliches, um eine Lösung für jene zu finden. Und wer auch immer ihn für das Schicksal berufen hatte, Paris als Held vor dem Verbrechen zu beschützen, der konnte sich voll und ganz darauf verlassen, das Hawk Moth seinen Feinden keine Chance auf ihren Sieg geben würde.

LE PAON ET LE PAPILLON - Un Amour Complexe 🐦💘🐛Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt