KAPITEL 18 - Ungeklärte Fragen

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"Du musst dich konzentrieren, Marinette!", wies Alya ihre Freundin zurecht und fuchtelte erneut mit ihrem Handy unter ihrer Nase herum, "Also, ich brauche nochmal eine detaillierte Zusammenfassung über deine Begegnung mit diesem Cat Noir-"
"Ist ja gut, Alya!", unterbrach die Bäckerstochter den Übereifer der Brillenträgerin und lehnte sich auf ihrem Bett zurück, sodass sie an die Decke ihres Zimmers starrte, "Bleib doch am Boden. Seit du hier bist, reden wir über nichts anderes mehr außer die Sache von gestern!"
Alyas khakifarbenen Augen verengten sich zu Schlitzen, und ihr Gesichtsausdruck wurde zu einer vielsagenden Miene. "Dich schien die Sache von gestern nicht mehr so aufzuwühlen, seit du von diesem coolen Kater gerettet wurdest", merkte sie verschwörerisch grinsend an, was Marinette dazu veranlasste, schüchtern den Kopf zu senken.
Es stimmte, der vergangene Tag hatte das gesamte Collège Francoise Dupont in Atem gehalten, weshalb die Schüler des Gymnasiums sich selbstredend über einen ruhigen Mittwoch ohne viel Unterricht oder Aufregung freuten. Die Vierzehnjährige spürte noch immer den Schock jenes Augenblicks in ihren Knochen, als die beiden verkleideten Unruhestifter eine fünfköpfige Truppe aus sadistisch veranlagten Zirkusclowns auf die Anwesenden hetzten. Noch dazu wurde Marinette selber von einem der zwei jungen Männer verschleppt und von der Spitze des Eiffelturm geworfen, und sie hatte da schon erwartet, dass ihr letztes Stündlein bereits geschlagen hatte.
Doch ihr sicherer Tod wurde von einem attraktiven, gewitzten Jungen im schwarzen Katzenkostüm verhindert, der sie mitten im Fall aus eigener Kraft in Sicherheit brachte. So sehr hätte sich die Bäckerstochter gewünscht, ihm anständig für ihre Rettung danken zu können, doch ihre Freunde und Eltern hatten unvorstellbare Sorgen um ihr Wohl gehegt und waren bei ihrer unversehrten Rückkehr beinahe in Tränen ausgebrochen.
Und trotzdem konnte Marinette seit ihrer schicksalhaften Begegnung mit dem maskierten Helden an nichts anderes mehr denken als an dessen smaragdgrüne Augen, sein ungezähmtes, strohblondes Haar und seine warme, charmante Umgangsform...
Prinzessin. Noch nie wurde die Dunkelhaarige von jemanden so genannt, geschweige denn von einem männlichen Wesen. Alles Mögliche würde sie dafür tun, nur um noch einmal diesen schlitzohrigen Wildfang zu begegnen...
Alyas Stimme holte Marinette aus ihren träumerischen Fantasien auf den Boden der Tatsachen zurück. "Zuerst war es nur diese Heldin im Pfauenkleid, von welcher Augenzeugen in Zeitungsartikeln berichteten, sie sei nur als Silhouette in tiefster Nacht entdeckt worden", listete die neugierige Brillenträgerin mit den orange-roten Haarsträhnen auf und strich dabei mehrmals über das Display ihres Smartphones, "Das erste Mal bei Tageslicht zeigte sie sich vorgestern beim Brand am Hôpital Necker, zusammen mit diesem Mann im Schmetterlingsanzug. Und gestern tauchte noch dieser gut aussehende Junge im Katzenkostüm auf!" Ein aufgeregtes Quietschen entfloh ihren Lippen, als sie ihre Beine über die Bettkante baumeln ließ. "Ich frage mich, welche dieser megacoolen Superhelden als Nächstes auf der Bildfläche erscheinen werden! Das ist so spannend!"
"Vergiss nicht, dass zusammen mit diesen Helden auch die finsteren Gestalten ihren Weg nach Paris gefunden haben", bremste Marinette die sprudelnde Begeisterung ihrer Busenfreundin aus und dachte mit einem hohlen Gefühl in der Magengrube an den in einer grotesken Rüstung gekleideten Phönixkönig, welcher die Kontrolle über Flammen besaß, und seine beiden zwielichtigen Gefolgsleute, welche die Bäckerstochter beinahe auf dem Gewissen gehabt hätten. "Von Swiftfoot und Circus Master werde ich künftig noch träumen... Unseren Klassenkameraden wird es sicher genauso ergehen."
Beruhigend und etwas weniger enthusiastisch berührte Alya sie an der Schulter. "Du und die anderen solltet euch nicht so sehr darüber den Kopf zerbrechen", spendete sie der Dunkelhaarigen Trost und deutete ein aufmunterndes Lächeln an, "Schließlich genießt Paris nun den Schutz unserer neuen Helden, Cat Noir und Co! Vertrau einfach deiner besten Reporterin Schrägstrich Hobby-Journalistin Alya Césaire, die nicht locker lassen wird, bis sie an jede noch so winzige Informationen über die Kämpfe zwischen den beiden Fronten kommt!"
Marinette unterdrückte ein Kichern und erwiderte dankbar die Geste ihrer Freundin. "Es ist echt schön, sich auf dich verlassen zu können, meine Lieblingsreporterin", entgegnete sie und fühlte sich wieder unternehmungslustig genug, um sich aus der Bäckerei ihrer Eltern etwas zum Essen zu holen. Beim bloßen Gedanken an Sabines herrlich duftende Croissants lief ihr bereits das Wasser im Mund zusammen. So erhob sie sich träge und öffnete die Klappe im Boden, welche über eine Treppe nach unten führte. Marinettes Zimmer befand sich nämlich im obersten Stockwerk des Gebäudes, wodurch das pünktliche Erscheinen zum Frühstück im Falle eines verschlafenen Weckerklingelns nicht gerade erleichterte. Jedoch war die dunkelhaarige Jugendliche trotzdem zufrieden mit ihrem Zuhause, denn das Dupain-Chengs-Ehepaar liebte seine einzige Tochter über alles, und umgekehrt galt diese Tatsache ebenso. Glücklicherweise hatte sich die dreiköpfige Familie vom schrecklichen, dramatischen Feuer am Hofe des Kinderkrankenhauses schnell erholt und konnte nun mehr oder weniger sorgenfrei in den wohlvertrauten Alltag hineinleben - im Zuge dessen kümmerten sich Tom und Sabine momentan um die Kunden in ihrer Boulangerie, welche bestimmt schon begierig in einer Reihe standen und sich herzhaft nach traditionellen sowie unkonventionellen Backwaren sehnte.
Beim gedankenverlorenen Hinabsteigen der Treppen vibrierte es in Marinettes Hosentasche, und sie stellte überrascht fest, dass ihre Klassenkameradin und Freundin Juleka ihr eine Nachricht hinterlassen hatte, und zwar eine äußerst merkwürdige:

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 05, 2020 ⏰

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