KAPITEL 4 - Das Bäckermädchen

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Gelangweilt bließ sich Adrien eine Haarsträhne aus der Stirn und lehnte sich auf dem Rücksitz zurück, sein Blick verfolgte unverändert das bunte Treiben der Champs-Élysées, auf welcher sein Bodyguard momentan vor einer Ampel auf grünes Licht warten musste. Die vielen Menschenmengen auf der weltbekannten Prachtstraße beim Bummeln zu beobachten weckte Neugierde in ihm, und gleichzeitig auch beißenden Neid. Wie gerne würde der Junge am alltäglichen Leben teilhaben: Die kulturellen Sehenswürdigkeiten seiner wunderbaren Heimatstadt bewundern, sich in der Schule mit Klassenkameraden über den schleppenden Unterricht beschweren, einfach mal ein ganz normaler Jugendlicher seines Alters sein.
Natürlich würde jede andere Person ihn als Glückspilz bezeichnen, als Sohn eines angesehenen Modedesigners ein Leben mit Saus und Braus, Ruhm und Reichtum zu führen. Adrien konnte diese allgemeine Bewunderung nachvollziehen. Es stimmte, er besaß viel Geld und konnte sich einen Luxus leisten, von dem einige Menschen nur träumen können.
Doch das Dasein als Nachwuchs einer berühmten Persönlichkeit zog genauso seine Schattenseiten nach sich: Finanzielle Krisen, an denen das Imperium seines Vaters seit geraumer Zeit litt. Begierige Paparazzi, die sich auf jeden Schnipsel an Privatleben stürzten und überall mit ihren monströsen Kameras lauerten. Letzteres stellte einen entscheidenden Grund dar, warum Adriens Eltern sein bisherigen Leben auf einen minimalen Freiraum beschränkt hatten: Bei jeden Schritt, den der Junge außerhalb seines Heims machte, wurde er von seinem Bodyguard überwacht. Eigentlich hatte er ja nichts gegen den riesig gebauten, schweigsamen Baum von einem Mann einzuwenden, doch machmal wünschte Adrien sich, nur für einen einzigen Tag lang jemand anderes sein zu dürfen. Seit das Modelabel seines Vater den Bach unterzugehen drohte, verschärfte dieser die goldene Regel, das der Junge nicht ohne Aufsicht hinausgehen durfte. Und da Adrien aufgrund der Umstände nicht mal mehr zu Foto-Shootings die Wohnung verlassen durfte, fühlte er sich eingesperrter denn je. Doch diesbezüglich hatte er sich seinem Vater noch nie anvertraut, aus Angst, mit ihm vielleicht in Konflikt zu geraten - und neuerdings auch aus Sorge, weil er ihn mit seinen Problemen nicht noch mehr belasten wollte.
In seiner Umhängetasche, die neben ihm auf dem Rücksitz lag, vibrierte sein Handy, und Adrien war dankbar für jede Ablenkung, die seine Sehnsucht nach Freiheit für eine Weile unterbrach. Der Junge kramte mit einem unterdrückten Seufzer sein Smartphone heraus und entsperrte das Display: Eine Nachricht von Chloé sprang ihm sofort entgegen.

》Chloé: Salut, Adrichérie! 😄💋 Hoffentlich hast du nicht vergessen, dass du mit mir vor der Schule noch schnell was beim Bäcker kaufen möchtest! 😉😙💓《

Ein Schmunzeln breitete sich auf seinen Lippen aus, während er flott eine Antwort tippte. Mädchen wie Chloé ließ man besser nicht länger als fünf Minuten warten, da einem sonst eine stundenlange Schnute samt Standpauke drohte.

》Moi: Salut, Chloé! 😊👋 Natürlich hab ich es nicht vergessen, Gorilla weiß ja schließlich, wo das Collège Françoise Dupont liegt, und wir fahren geradewegs dorthin. Ich bin schneller bei dir, als du 'Croissant mit Butter und Honig' sagen kannst. 😆🙊 🥐《

Wenige Sekunden erschien eine weitere Nachricht auf seinem Bildschirm:

》Chloé: Hey, ich hab 'Croissant mit Butter und Honig' schon dreimal wiederholt, und ich sehe dich immer noch nicht! 😞🙈🚘《

》Moi: Du musst es schon etwas langsamer sagen. Wir stehen noch bei der Champs-Élysées vor der Ampel, und die lässt sich wohl mit der Farbe Rot etwas Zeit. 😇✋😸《

》Chloé: WAS?!!?! 😱😱😱😲😲😲 Dann solltest du dir entweder einen fähigeren Bodyguard suchen, oder ich lasse meinen Vater das Verkehrssystem umstellen - schließlich fängt die Schule schon in einer halben Stunde an, und mein Magen verlangt nach einem frisch belegten Baguette! Lächerlich ist das! ÄUßERST. Lächerlich!! 😠😠😠😠🔥💢《

LE PAON ET LE PAPILLON - Un Amour Complexe 🐦💘🐛Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt