Ryker (1)

2.2K 111 28
                                    

Der Ausblick von meiner Dachterrasse auf New York ist jedesmal aufs Neue überwältigend. Ich sitze am Rand, mit meiner Kaffeetasse in der Hand und beobachte das rege Treiben auf den Straßen. Nicht weit entfernt von hier ist die Grand Central Station, der weltweit größte Bahnhof. Pendler, Touristen, Einheimische, alle die mit der Bahn fahren kommen hier vorbei. 

Ich schaue auf die Uhr und stelle fest, dass ich mich so langsam mal auf den Weg machen sollte. Ich habe noch genau zehn Minuten bis meine Angestellten kommen und ich meine Bar öffnen muss.

Ich bin stolzer Besitzer des Smokey Notes, einer Jazz Bar in mitten der belebtesten Straße New Yorks.
Warum Jazz? Weil ich es liebe. Ich selbst spiele Saxophon und Klarinette, habe mich schon vor über 20 Jahren in diesen Musikstil verliebt und bin ihm bis heute treu geblieben.

Ich gehe von der Dachterrasse die Treppen hinunter in mein Schlafzimmer und ziehe über mein weißes Hemd, eine schwarze Weste. Die trage ich immer bei der Arbeit.

Ich laufe die restlichen zwei Stockwerke nach unten und stehe im hinteren Bereich der Bar. Mein Barkeeper holt gerade die Getränke rein, die vor weniger als zwei Stunden geliefert wurden.

"Hey AJ, komm ich helfe dir, zu zweit sind wir schneller." biete ich ihm an.
"Cool, danke." bedankt er sich. Zusammen verräumen wir die Kisten und einzelne Flaschen. Als wir damit fertig sind stelle ich mich wie jeden Abend in die Mitte der Bar und sauge die rauchige Luft in mich ein. Dieser Geruch von Zigarren, Pfeifen und Whisky geht schon gar nicht mehr raus aus dem Mobiliar, aber das stört mich nicht denn ich liebe ihn.
Ich gehe zum Lichtkasten und schalte die dämmerige Bühnenbeleuchtung an. Auf der Bühne, ein Podest am Ende der Bar, stehen alle möglichen Instrumente, darunter auch ein Piano. Ich setze mich kurz dran, um zu schauen ob es verstimmt ist. Ich spiele ein paar Töne aber kann nichts verstimmtes hören. Die Hintertür geht auf und zwei meiner Kellner kommen herein.
Meine Mitarbeiter sind ausschließlich Männer. Ich bin nicht frauenfeindlich, um Gottes Willen, aber das Smokey Notes wird zu 90% von männlichen Wesen besucht und ist geöffnet bis morgens um vier. Ich hätte viel zu viel Angst meiner Angestellten würde etwas zustoßen und wir wissen alle wie besoffene, rattige Männer sein können. Das ist mir dann doch zu viel Verantwortung.

Die zwei Kellner Stan und Maverick haben sich dann auch fertig umgezogen und stehen Startbereit an der Theke. Da springt die Hintertüre noch einmal auf und unser Jüngster kommt rein gestolpert.

"Sorry, sorry, ich weiß ich bin zu spät aber meine Sub hatte einen Totalausfall." entschuldigt sich Pit.

"Schon gut, geh dich schnell umziehen und geh dann auf deinen Platz." sage ich zu ihm und er nickt, während er nach hinten in die Umkleiden verschwindet. Ich schnappe mir meine lange Kellnerschürze und leg sie mir um, solange AJ den Haupteingang öffnet.

Heute ist Freitag, deswegen können wir uns gleich darauf einstellen, dass es wohl eine lange Nacht wird. 

"Boss?" höre ich von der Hintertüre rufen. Ich drehe mich um und laufe Maverick entgegen, der bei der Band steht. 

"Boss, das ist Beau Nixon, der Bandleader." ich nicke lächelnd und gebe Beau die Hand. 

"Ryker, schön euch kennen zu lernen. Ich hoffe ihr könnt auch das halten was Maverick versprochen hat. Ich bin etwas wählerisch was die Bands angeht die hier spielen, aber ich denke das hat Mav euch schon gesagt." sage ich bestimmt und mustere nebenher den Bandleader. Er sieht älter aus als ich, aber dennoch nicht weniger sexy. Er ist schon heiß. Nicht zu schlank aber auch nicht mollig. Einen kleinen Bauch, aber dieser passt zu ihm und zum Rest des Körpers. Sein Gesicht wird geziert von einem Dreitagebart. Sehr sexy.

Da boxt mich ein Ellenbogen in die Seite. "Boss, du starrst. Ich glaub da fühlt sich jemand unwohl." flüstert Mav mir zu. Ich drehe mein Kopf zu ihm und grinse:"Gib ihnen was zu trinken und zeig ihnen wo ihr Platz ist und wo sie sich umziehen können. Falls sie eine Garderobe brauchen." Mav nickt, ich drehe mich wieder zu Beau um und sage:"Mav zeigt euch alles und ihr sagt ihm bitte was ihr trinken möchtet." 

Dieser Beau schaut mich total verschreckt an. Wie ein kleines Mäuschen in der Falle. Süß. 

Ich drehe mich wieder zurück und laufe hinter die Theke.

"Hast du sie noch alle?" kommt mir AJ entgegen. "Du kannst den doch nicht einfach so abchecken." schimpft er mit mir. Ich zucke nur mit den Schultern und fange an zu mixen, was mir Stan auf einen seiner Zettel geschrieben hat. 

"Er ist sexy und er bewegt sich auch so. Ob er das im Bett auch tut?"

"Ryker, Alter. Hast du Sexentzug oder was? Wann hattest du das letzte mal Sex, dass man auf deiner Stirn ganz Fett lesen kann, 'Bitte lass dich von mir ficken' hm?"

"Vor vier Wochen, mit dir." sage ich und mache keine Anstalten seinem erschrockenen Blick aus zu weichen. Er liebt diese Spielchen mit den Augen. Auch wenn er weiß, dass er gegen mich immer verliert. So wie jetzt auch. Mit roten Wangen schaut er weg und wendet sich wieder dem Mixen von Getränken zu. 

Er ist auch verdammt sexy und süß, doch wir haben von Anfang an gesagt wir gehen nur miteinander ins Bett, solange wie wir Singles sind. AJ arbeitet nun schon seit 10 Jahren bei mir. Er hat sozusagen mit mir zusammen die Bar eröffnet. Ich fand ihn da schon verdammt geil und ich hätte mir auch mehr mit ihm vorstellen können, doch zu diesem Zeitpunkt war er noch vergeben und danach, meinte er, ich sei nicht sein Typ. Also fing ich an mich anderweitig umzuschauen. Doch mehr wie nur One Night Stands, habe ich nicht an Land gezogen. Vielleicht soll es auch nicht sein. Ich meine, mein Freund oder Mann müsste mit meinem Leben und meiner Bar klar kommen. Wir öffnen die Bar um acht und schließen um vier morgens. Ein Mann mit einem normalen Job, steht da auf wenn ich ins Bett gehe. Urlaub nehmen kann ich auch nicht, naja, können schon, aber ich möchte nicht. Ich müsste dann AJ alles überlassen. Jetzt finde mal einen Mann der das mitmacht, wenn er nicht aus deiner Branche kommt.

Es ist besser; ich habe keine feste Beziehungen. 

"Boss? Hier die Getränke der Band. Beau sagt, er hätte gerne das was du ihm aussuchst."

Ich zwinker AJ zu. "Siehst du, der steht auf mich."

"Nur weil du ihm sein Getränk raussuchen sollst?" fragt er mich belustigt und ich nicke. 

Ich nehme die Liste von Maverick und fange die Getränke an. Beau stelle ich einen Chivas Regal auf das Tablett und schiebe es Mav hin. 

"Der Whisky ist für Beau." sage ich dazu, Maverick nickt und läuft mit den Getränken zur Band, die dann endlich mal anfängt zu spielen. Mittlerweile haben wir es schon zehn und die Bar ist ziemlich gut gefüllt.

"Willst du ihn abfüllen?" fragt AJ mich.

"Was? Nein! Wenn er auf mich anspringt ok und wenn nicht dann ist das auch ok. Man, wie lange kennst du mich jetzt schon? Erst seit gestern? Was ist denn heute los mit dir?"

"Nichts schon gut. Ich möchte halt nicht das du dir andauernd weh tust mit diesen one night stands. Mehr nicht."

Ich laufe näher auf AJ zu, lege meine Hand in seinen Nacken und ziehe ihn soweit zu mir, dass meine Stirn auf seiner aufliegt. 

"Das ist süß AJ, aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich pass schon auf mich auf."

Mit leichtem Druck massiere ich seinen Nacken und er schließt kurz die Augen.

"Ich weiß doch, aber trotzdem kann ich nicht verhindern, dass ich mir Gedanken mache."

"Danke Babe, doch versuch es jetzt zu lassen, ja?" flüster ich ihm zu und er nickt. 

Wir lösen uns voneinander und widmen uns wieder unserer Arbeit. 

Smokey NotesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt