Die Nacht zog sich heute wie Kaugummi.
Gegen 1 Uhr hörte die Band auf zu spielen und Maverick verabschiedete sie, da ich zu tun hatte. Morgen wird eine andere Band auftreten, doch nächste Woche Freitag wird wieder Beau kommen.
Nachdem Landon sich verabschiedet hatte, war mir nicht entgangen wie Beau mich beobachtete und jedesmal fragte ich mich ob er auch so gut Blasen kann wie er Saxophon spielte. Schnell verwarf ich den Gedanken und widmete mich wieder dem Abwaschen der Gläser während Pit und Stan die leeren Tische abräumten.
Jetzt haben wir 4 Uhr und die letzten Gäste verlassen die Bar. AJ hat seit Landon gegangen ist nichts mehr mit mir gesprochen und es fehlt mir. Ich bin es nicht gewohnt dass er so ruhig ist.
"Ryker, könnte ich bitte schon gehen?" fragt AJ und holt mich aus meinen Gedanken raus. "Nein, AJ, du kannst erst gehen wenn du mir sagst was mit dir los ist. So wie du heute drauf warst, so kenne ich dich nicht. Wir arbeiten nicht nur seit 10 Jahren zusammen, sondern treffen uns auch Privat. Ich kenne deine ganze Geschichte. Deine Familienverhältnisse, deine Vorlieben, deine Abneigungen, Lieblingsessen und trinken. Und was weiß ich noch alles. Aber das heute, war mir neu. Also bitte erzähl es mir."
"Ich möchte es dir aber nicht erzählen Ryker, bitte lass mich gehen. Mir geht es heute wirklich nicht gut und habe einfach schlechte Laune." antwortet er bissig und ich zucke mit den Schultern. Ich weiß dass ich jetzt bei ihm nicht weiter kommen werde. Er hat zu gemacht.
Ich zeige mit der Hand zur Türe. "Bitte, dann geh, bye." verabschiede ich ihn, dreh mich weg und geh auf die Bühne. Ich setze mich an das Piano und fange an zu spielen. Ich schließe die Augen und lass die Töne der Anschläge auf mich wirken. Musik hat mich schon immer beruhigt, vor allem wenn ich sie selbst spiele. Erst als ich fertig bin, fällt mir auf dass ich AJ's Lieblingsstück gespielt habe, Miles Davis-Someday my Prince will come. Vielleicht kommt meiner ja auch irgendwann einmal. Wobei er ja eigentlich schon da ist.
Ich stehe auf und helfe den anderen noch dabei den Rest aufzuräumen. Gegen 5 verabschiede ich dann Mav, Pit und Stan. Ich schließe die große schwere Holztüre zu, lösche die Lichter bis auf die Reklameschilder und gehe die Treppe hinauf zu meiner Wohnung. Oben angekommen, schenke ich mir noch ein Glas Whisky ein, setze mich auf die Dachterrasse und beobachte den Sonnenaufgang. Er ist wunderschön.
Normalerweise geht AJ immer sofort nach dem Sex, doch an einem Morgen blieb er und schaute sich mit mir den Sonnenaufgang an. Ich weiß noch dass dieser besonders schön war und AJ Tränen in die Augen traten. Auch da versuchte ich herauszufinden, wieso. Doch auch das erzählte er mir nicht, genauso wie heute. Ich weiß nicht was mit ihm los ist. Vielleicht hat er nen neuen, oder hatte einen und der hat ihn verlassen. Ich mach mir wirklich Sorgen um ihn. Seufzend stehe ich wieder auf, trinke mein Glas leer und mach mich auf nach unten in meine Küche, um mein Glas abzustellen.
Ich drehe mich um und lausche zur Türe. Hat es eben geklopft? Ich habe keine Klingel. Da der Eingang zu meiner Wohnung durch die Bar geht muss jeder Besuch erst einmal durch sie hindurch laufen, bevor man über den Privatbereich die Treppe nach oben gehen kann. Darum lasse ich oben an meiner Wohnung und unten an der Treppe auch immer die Türen offen, wenn ich nicht in der Bar bin. Es klopft laut.
Ok, ich habe mich wohl doch nicht verhört, aber wer klopft denn noch so spät bei mir?
Ich gehe die Treppen hinunter und schließe die vielen Schlösser, die ich erst vor einer halben Stunde zu gemacht habe, wieder auf. Ich versuche die Türe auf zu drücken, doch blockiert irgendwas davor. Ich strecke den Kopf durch und sehe Pit gegen die Türe gelehnt sitzen.
"Hey, Kleiner, was ist los? Ist etwas passiert? Pit, Junge, steh auf, sonst kann ich die Türe nicht aufmachen." sage ich zu ihm und er hebt den Kopf, schaut mich total verweint an und da sehe ich was passiert ist.
Ich schiebe ihn mit aller Kraft mitsamt der Türe weg und trete hinaus. Meine beiden Arme schiebe ich unter seine Achseln und hebe ihn hoch, so das er auf den Beinen steht.
"Kannst du gehen?" frage ich ihn besorgt und er nickt vorsichtig. Seine Jacke ist voller Blut. Seine Lippe und über dem Auge hat er Platzwunden und aus seiner Nase rinnt Blut.
"Ach Kleiner." sage ich zu ihm und laufe vorsichtig mit ihm in die Bar. Dort lehne ich ihn neben die Türe, um sie wieder zu zuschließen. Danach dirigiere ich ihn die Treppe nach oben. Dort angekommen setze ich ihn auf das Sofa und ziehe seine Jacke aus.
"Ich komme gleich wieder, ich hole Verbandszeug." sage ich zu ihm und er nickt.
"Danke Ryker." flüstert er leise, während ich weg laufe um die Sachen zu holen.
Als ich wieder zurück komme schaut er mich voller Tränen im Gesicht an.
"Ich war auf dem Weg zur Sub, als ich meinem Vater über den Weg lief. Er meinte er habe mich gesucht. Dabei weiß er wo ich arbeite. Er war total dicht. Er schrie mich an, packte mich an der Jacke und zog mich zu sich runter, wo er mir dann eins auf die Nase gab. Er trat mir gegen das Knie, so dass ich einknickte und auf den Boden fiel. Da trat er auf mich ein, packte mich am Schopf und schlug ihn gegen das Pflaster. Ryker. Ich kann mich gegen diesen Mann nie wehren. Jedesmal wenn ich es versuche schlägt er immer stärker zu."
"Schlägt er dich oft?" besorgt und wütend tupfe ich seine Wunden mit Jod sauber und Creme sie ein.
"Fast jeden Tag, außer wenn er nicht daheim ist. Ryker ich möchte nicht mehr nach Hause, bitte, kann ich hier wohnen bis ich etwas gefunden habe?" fleht er mich an.
Ich seufze und nicke. "Ok. Aber wenn du was gefunden hast gehst du wieder."
"Ja natürlich. Danke Ryker, vielen Dank." er fällt mir um den Hals und drückt mich. Vorsichtig halte ich ihn wieder auf Abstand und stehe auf.
"Wir sollten schlafen. Ich hole dir noch schnell eine Decke und ein Kissen. Das Sofa ist wirklich bequem, ich werde es dir ausziehen und überziehen, dann kannst du da schlafen." mache ich ihm den Vorschlag und er nickt dankbar.
Nachdem ich Decke und Kissen geholt und das Sofa hergerichtet habe, legt sich Pit zum Schlafen hin. Ich drehe mich dann weg und laufe die Treppen nach oben in mein Schlafzimmer.
Ich zieh mich aus und lass mich nur in Shorts; total erledigt, in mein Bett fallen. Kaum habe ich die Augen zu, schlafe ich auch schon ein.
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Smokey Notes
RomanceRyker ist Mitte dreißig und lebt im Herzen von New York. Er ist stolzer Besitzer einer Jazzbar. Liebesgeschichten, Horrorszenarien und sogar erotische Erlebnisse, werden ihm jede Nacht erzählt. Solange der Whisky läuft und die Musik gut ist, laufe...