Kapitel 6

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Wie nicht anders zu erwarten, war ich das ganze Wochenende über ziemlich verträumt. Die Situation im Schulklo ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Am Sonntag besuchte mich Woojin. Obwohl ich nicht der Typ Mensch war der schnell weinte, kamen mir bei seinem Anblick fast die Tränen. Ich hatte ihn zwar zwei Wochen vorher gesehen aber dass wir uns nicht mehr jeden Tag sahen bedrückte mich schon sehr. Ich schloss ihn in eine feste Umarmung. „Ich muss dir einiges erzählen" verkündete ich aufgeregt.

Es tat wirklich gut mal wieder persönlich mit ihm zu sprechen. Die Sache mit Felix erzählte ich in einer etwas anderen Version. Er wusste schließlich nicht, dass ich auch auf Jungs bzw. Männer stand. Ich weiß, eigentlich hätte ich es ihm sagen sollen. So einem guten Freund wie Woojin konnte man wirklich alles erzählen. Leider fehlte mir dann doch der Mut dazu, mein Geheimnis preiszugeben.

Als wir uns lange über alles Mögliche unterhalten hatten, führte ich Woojin durch unser neues Haus. Er bewunderte den alten Stil des Hauses sehr und sah sich jedes Zimmer voller Begeisterung an. Im Flur begegnete uns Chan. Er stellte sich Woojin höflich vor. Wir gingen in den Garten. „Wie findest du deinen Bodyguard eigentlich?" wollte Woojin wissen. Ich dachte daran wie er am Freitag den Moment zwischen mir und Felix zerstört hatte. „Er ist schon okay. Ist zwar etwas nervig immer jemanden um sich rumzuhaben aber ich hab keine Lust mit meinem Vater zu diskutieren." erzählte ich ihm.

Vorsichtig hatte Chan die Tür einen Spalt geöffnet. Er drückte sich an die Tür um den beiden zuzuhören. Er wusste das Changbin nicht viel von ihm hielt, doch er war sich sicher ihm eines Tages beweisen zu können, dass er mehr war als nur sein störender Bodyguard.

Am nächsten Morgen erwachte ich erschrocken mit dem Gedanken an mein Referat, dass ich in einigen Tagen halten sollte. Felix hatte mich total durcheinandergebracht. Ich würde es schon irgendwann vorbereiten. Schläfrig blickte ich auf meinen Wecker, 8:01 Uhr. Zufrieden sank ich wieder in mein weiches Kissen. Ich hatte ja noch genug Zeit es war ja gerade mal kurz nach acht... Ein weiter Schreck durchfuhr mich. Es war kurz nach acht! Wieso hatte mein Wecker nicht geklingelt und wo zur Hölle steckte Bang Chan? Verzweifelt stürzte ich aus dem Bett und raste in Lichtgeschwindigkeit durch das ganze Haus. In weniger als fünf Minuten hatte ich mir die Zähne geputzt, irgendwelche Klamotten übergeworfen und mir ein halbes Toast in den Mund gesteckt. Ich schnappte mir meine Tasche und rannte los.

Keuchend machte ich kurz vor dem Schulgebäude halt. Es war mittlerweile 20 nach acht. Wieso musste mir das ausgerechnet passieren. Nicht einmal dafür war Chan gut genug. Beleidigt schlurfte ich weiter. Ich hatte keine Kraft um weiter zu rennen. „Hey" ertönte eine tiefe, nur zu gut bekannte Stimme von links. Felix saß auf einer Mauer und sah mich an. „Wir haben Unterricht, was machst du hier draußen?" rief ich fast schon panisch. „Reg dich ab, es ist nur Schule. Außerdem haben wir Mr Park, den kann man sowieso kaum ertragen" grinste Felix ausgelassen. Mit offenem Mund blicke ich ihn an „A...Aber" stammele ich. „Wow, ich hätte dich eigentlich anders eingeschätzt. Aber was hätte ich anderes erwarten sollen, ich mein' du hast einen Bodyguard" meint er gelassen. Er hält mich für einen Spießer, dachte ich niedergeschlagen. „Aber du gefällst mir trotzdem. Echt süß wie du dir, wegen sowas unwichtigem Sorgen machst." fügte er hinzu und lächelte wieder so verführerisch. Mein Herz machte einen kleinen Sprung. Verlegen blickte ich in eine andere Richtung. Nach kurzem überlegen und einem Blick auf das Schulgebäude, beschloss ich bei Felix zu bleiben. Ich hatte zwar ein schlechtes Gewissen dabei, zu schwänzen doch Felix Worten konnte ich einfach nicht wiederstehen. Ich setze mich neben ihn auf die Mauer und beobachtete ihn dabei wie er sich eine Zigarette drehte. So vertieft wie ich in das anglotzen seiner kleinen Hände war, merkte ich nicht wie er sein Gesicht zu mir drehte und mich lächelnd ansah. „Changbin" flüsterte er. Ich zuckte zusammen und meine Augen wanderten wieder nach oben zu seinen Augen. Ich blinzelte und konnte es in meinem Bauch flattern spüren. Unsere Gesichter waren nur einige Zentimeter voneinander entfernt. „So heißt du doch, nicht?" flüsterte er erneut. Ich nickte und biss mir auf die Lippen. Mein Kopf wärmte sich unaufhörlich auf. Ich wollte gar nicht wissen wie Rot ich schon wieder war. Mein Nicken teilte ihm meine Antwort hoffentlich mit, denn aus meinem Mund kam kein Wort mehr heraus. „Lass uns abhauen. Ich hab mir die Karre von meinem Dad geliehen." Sagte er verlockend und zeigte mir sein verschmitztes Lächeln. Erneut nickte ich bloß und stand auf, bevor ich mich in seinen dunklen Augen verlor. Wir verließen das Grundstück der Schule.

Auf dem Schulparkplatz stand ein matter AMG. Er übertraf all die anderen Autos, die mit ihrem Glanz sowieso schon alles erstrahlen ließen. Mit einem Kopfdruck waren die Türen geöffnet und Felix hielt mir wie ein Gentleman die Tür auf. Grinsend stieg er auf der anderen Seite ein. Was tat ich da bloß, dachte ich in der Hoffnung, dass mein Vater von der ganzen Sache nichts mitbekam. Doch Solange Chan nicht da war, brauchte ich mir wohl eher keine Sorgen zu machen.

Der AMG rollte aus der Ausfahrt des Schulparkplatzes und Chan, der gerade schnaufend angelaufen kam, erblickte für einige Sekunden das Gesicht von Felix. Sein Blick fiel auf den Beifahrersitz. Changbin. Außer Atem stützte er sich auf seine Knie auf und atmete einige Male tief durch. Seine blonden Wellen fielen ihm zerzaust in die Augen. Eines seiner Augen war blau angeschwollen. Von seiner aufgeplatzten Lippe tropfte etwas Blut. Er richtete sich auf. Seine kalten Augen wanderten dem matten AMG hinterher. In die entgegengesetzte Richtung lief er los.

You (Chanchang & Changlix)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt