Kapitel 12

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Als ich wieder zurück zu Jisung ging, erwartete mich nicht nur Chans kalter und vorwurfsvoller Blick, sondern auch Jisungs traurige Schluchzer gefolgt von Tränen die sich mit dem, nicht enden wollenden, Blut aus seiner Nase mischten. Aus einiger Entfernung beobachtete ich ihn. Minho saß mit ihm auf einer Bank und hatte tröstend seine Schulter um ihn gelegt. Sanft tupfte er seine Nase und seine Tränen ab. Naja, wenigstens hatte ich etwas mit der Aktion erreicht. Um ehrlich zu sein erschien mir Jisung jedoch nicht so als würde er die Situation genießen, da er viel zu sehr mit seiner Trauer beschäftigt war. An der Stelle an der der ganze Aufruhr sattgefunden hatte fand ich seine Brille. Ich ging vorsichtig zu ihm und reichte sie ihm. Er drehte seinen Kopf beleidigt weg. Na super. Er war sauer. Ich verübelte es ihm jedoch nicht. Schuldbewusst blickte ich auf meine Füße „Es tut mir leid" sagte ich. Er zeigte keine Reaktion. Ich gab es auf und reichte Minho, der mir aufmunternd zu nickte, die Brille. Ich ging zu Chan. „Ich weiß, ich bin ein echter Idiot" brachte ich hervor.

Für die restlichen Stunden hatte Jisung sich vom Unterricht befreit. Ich zerbrach mir dabei für die Stunden den Kopf darüber wie ich mich gründlich bei ihm entschuldigen konnte.

Als ich am Ende der Stunde Felix Lächeln erblickte, konnte ich Jisung etwas vergessen. Bevor ich mich mit Felix auf den Weg machen wollte, ging ich auf Chan zu. „Felix kommt heute mit zu uns...mir, meine ich. Es wäre nett, wenn du etwas Abstand halten könntest. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn du einfach mal in ein Cafe gehst oder so" erklärte ich ihm. Ich erwartete schon eine wiederstrebende Antwort, als er also einfach nur nickte war ich etwas verwirrt. „Danke" erwiderte ich erleichtert.

Zuhause angekommen konnte ich meine Aufregung kaum verbergen. Ich bat Felix einen Tee oder etwas zu Essen an. „Danke, vielleicht später" meinte er mit einem verführerischen Lächeln. „Ich würde echt gerne dein Zimmer sehen". Mein Grinsen ging über beide Ohren und ich zog ihn nach oben. Ich schloss die Zimmertür und beobachte ihn dabei wie er durch mein Zimmer wanderte und alles betrachtete. Im Licht der warmen Herbstsonne die ins Zimmer fiel erstrahlten seine Haare noch etwas schöner als sonst. „Sie sehen so weich aus" wanderte mir durch den Kopf. Nach einiger Zeit drehte er sich zu mir um. Er stürmte los und begann mich zu kitzeln. Lachend versuchte ich seine Hände abzuwehren. Er grinste mir zu und seine Sommersprossen schienen auf seiner Nase zu tanzen. Ich konnte nicht fassen wie süß er sein konnte. Hinter seiner coolen Fassade steckte also doch ein weicher Kern. Er drückte seine Hände in meine Seiten und ich fiel vor Lachen fast zu Boden. Nach einiger Zeit hörte er auf und wir standen uns stillschweigend gegenüber. Ich lächelte schüchtern und vergrub meine Hände in meiner Bauchtasche. Felix kam ein Stück näher während ich jedes Mal einen Schritt nach hinten machte. Dann berührte ich die Wand. Weiter ging es nicht. Felix kam mit seinem Gesicht immer näher. Die Schmetterlinge in meinem Bauch schlugen wieder zu. Sie flatterten so heftig mit ihren Flügeln, dass mir fast übel wurde. Eine Sekunde, Zwei... wieso küsste er mich nicht? Ich öffnete meine Augen. Felix schelmisches Grinsen strahlte mir entgegen. Verlegen biss ich mir auf die Lippe und lächelte in mich hinein. „Dein Pulli ist ja fast schon weiter als du selbst" merkte er an. Ich zuckte mit den Schultern „Da drin ist sogar Platz für zwei" scherzte ich noch immer verlegen. Er sah mir so warmherzig wie noch nie in meine Augen. Dann wanderte sein Blick plötzlich nach unten zu meinem Pulli und ehe ich mich versah war er schon unten hineingeschlüpft. Überrascht stand ich regungslos da und konnte nichts tun außer zu warten. Sein Hellbrauner Haarschopf guckte unter meinem Kinn heraus. Dann kam sein Kopf hervor und ich kicherte leise. Ich spürte meinen Kopf bis zu den Ohren heiß werden. Es hätte mich nicht gewundert, wenn ich Rot wie eine Tomate geworden wäre. Unsere Nasenspitzen berührten sich fast und unsere Lippen waren nur einige Zentimeter voneinander entfernt. Ich spürte wie er seine Arme von Innen um mich legte und seinen Kopf auf meine Schulter. Er kuschelte sich eng an mich. Ich war mir fast schon sicher, dass er mein Herzklopfen spüren konnte. Denn es klopfte so stark, dass es ein Erdbeben hätte verursachen können. Vorsichtig wanderten meine Arme hinter ihn und liebevoll drückte ich ihn an mich. „Du gehörst mir" wisperte er in mein Ohr. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, mein Herz spielte vor Gefühlen verrückt. Ich wollte ihn nie mehr loslassen. „Felix..." kam es leise über meine Lippen. Sein Gesicht wanderte wieder vor meines. Seine Hand kam aus dem Pulli hervor und der Zeigefinger legte sich sanft auf meine Lippen „shhh" machte Felix. Damit verschlug es mir eindeutig die Sprache. Ich schluckte. Ich warf einen Blick auf Felix Lippen. Sie sahen so weich aus. Wie konnte ein Mensch nur so perfekt aussehen, flog mir durch den Kopf. Ich hätte ihn für immer ansehen können. Verloren in Gedanken bemerkte ich kaum wie er mir lächelnd immer näherkam. Als seine Lippen sich auf meine legten, war ich im ersten Moment wie erstarrt. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Verzweiflung kam in mir auf. Doch Felix Lippen waren so warm und weich als wäre mein Mund schon immer der Ort gewesen auf den sie genau passten. Ich beruhigte mich und lies mich auf den Kuss sein. Es war doch alles ganz einfach. Ein Gefühl der Wärme durchströmte mich. Meine Hände wanderten zu seinen Haaren. Ich konnte nicht anders als sie durchzustrubbeln. Wieso gibt es Momente wie diese nicht in Dauerschleife? Denke ich mir. Liebe verursacht die schönsten Gefühle die es gibt.... Und Liebe verursacht schmerzen. Höllische Schmerzen die wie brennende Messerstiche alle Hoffnungen und das Herz durchbohren. Bang Chan klammerte sich an das Balkongitter und wollte eigentlich gar nichts mehr sehen. Doch der Schmerz ließ ihn erstarren.

„Ich werde nie wieder weinen". Eine weit entfernte Erinnerung aus längst vergangener Zeit. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er dieses Versprechen noch nie gebrochen. Lautlos floss die erste Träne seit langem aus diesen kalten und herzlosen Augen. Er versuchte den Schmerz hinunterzuschlucken. Ein Schluchzer entfuhr ihm. Die Klammerung an dem Geländer brachte nichts mehr. Er ließ sich nach unten sinken. All der Schmerz den er Jahrelang in sich festgehalten hatte floss nun aus ihm hinaus. Zusammengesunken ließ er alles nach draußen was sich aufgestaut hatte, doch es schien nicht enden zu wollen. Den größten Schmerz, nämlich sein gebrochenes Herz konnte er niemals herausweinen. Er verstand nicht warum es ihm so viel bedeutete, warum Changbin ihm so viel bedeutete. Er nahm seine letzte Kraft zusammen und schwang sich von dem Balkon hinunter. Zitternd wischte er sich die Nase mit seinem Jackenärmel ab und lief nachhause.

You (Chanchang & Changlix)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt