🔄 *Samu*
Ich hatte mir wirklich nichts besonderes erwartet, doch irgendwie gefiel mir der ziemlich schlichte Wartebereich auf eine merkwürdige Weise. Ein paar einzelne Bilder hingen an den Wänden und die Stühle sahen so aus, als könnte man durchaus ein paar Minuten darauf sitzen und warten. Die ganze Atmosphäre hatte etwas angenehmes an sich. Trotzdem wäre ich am liebsten sofort wieder geflüchtet, als ich noch eine Person im Wartezimmer entdeckte, die uns von der ersten Sekunde mit ihrem Blick fixierte. Scheiße. Hatte Sohvi nicht gesagt, der Termin wäre extra freigehalten worden? Müssten wir dann nicht völlig alleine sein? Mein Herzschlag verdoppelte sich sofort, denn was wäre wenn diese Frau im Wartezimmer einer Psychologin mich erkannte?
Das wäre wohl noch schlimmer als alles was mir in der nächsten Stunde ohnehin bevorstand und das wollte etwas heißen. Unsicher ob sie nun wusste wer ich war oder nicht, setzte ich mich und ließ dabei Sohvis Hand nicht eine Sekunde los. Auf was hatte ich mich hier bloß schon wieder eingelassen? Nervös blickte ich ab und zu zu meiner Freundin, bevor ich wieder in allen möglichen Gedanken versank und mich bemühte, wenigstens ein bisschen ruhiger zu werden. Da die Fremde allerdings nichts sagte und sich auch so gut wie gar nicht bewegte, konnte ich mich tatsächlich immer mehr beruhigen obwohl sie uns unentwegt ansah. Wohl fühlte ich mich hier keinesfalls. Als dann schließlich die Türe aufging und eine freundlich lächelnde Dame mir zu verstehen gab, dass ich nun hinein konnte rutschte mein Herz allerdings augenblicklich wieder ein paar Etagen tiefer. Einmal mehr wurde mir klar, dass ich das nicht wollte. Ich wandte mich mit einem hilfesuchenden Blick an Sohvi.
"Sohvi, ich.." weiter kam ich nicht, denn sie unterbrach mich sofort.
"Nein. Du brauchst die Hilfe.", sagte sie leise aber bestimmt, bevor sie mich die paar Schritte vor sich her schob, meine Hand noch einmal kurz drückte und mich schließlich alleine hinein gehen ließ.🔄*???*
Hä? Ich traute meinen Augen nicht. Ging da etwa gerade ER hinein und nicht sie? Das konnte doch nicht sein, nie im Leben! Ein schlechter Scherz. Oder ich träumte. Was hatte er denn da zu suchen? Vielleicht besprach er noch kurz etwas.. Für 'kurz' dauerte es allerdings eindeutig zu lange, er schien tatsächlich nicht wieder raus zu kommen. Aber diese Stunde konnte doch unmöglich für ihn sein. Völlig verwirrt starrte ich auf die Türe in welcher der blonde Mann gerade verschwunden war, als würde ich dadurch schlauer werden. Plötzlich riss mich eine kräftige, nicht gerade freundliche Stimme aus meiner Verwirrung.
"Sag mal, was soll das?! Kannst du dich nicht wenigstens ein bisschen zusammenreißen? Ist ja peinlich wie du ihn anstarrst! Wehe wenn du davon auch nur ein Wort zu irgendjemandem sagst! Ich schwöre dir, ich finde dich wenn ich etwas darüber lese!"
Erschrocken zuckte ich zusammen als die Frau, die gerade vorhin noch mein ganzes Mitgefühl gehabt hatte, mich derart anging. Was sollte das? Wovon sprach sie? Ich kannte mich nicht aus, genauso gut hätte sie chinesisch mit mir sprechen können und vermutlich hätte ich dann sogar noch mehr verstanden.
"Ich.. Tut mir leid, ich verstehe nicht, was Sie..", versuchte ich ihr irgendwie zu antworten, doch ließ sie mich gar nicht weiter sprechen.
"Ha! Als ob! Nun tu doch nicht so scheinheilig, du weißt doch ganz genau was ich meine!"
Wow.. Was auch immer sie dachte, sie schien unglaublich wütend auf mich zu sein. Gut, vielleicht hatte ich etwas zu auffällig gestarrt als die beiden herein gekommen waren, aber deshalb musste sie doch nicht gleich so ausrasten. Von unterdrückt oder ängstlich war bei ihr jedenfalls absolut nichts zu sehen. Wie der erste Eindruck mich bei ihr doch getäuscht hatte. Okay... zusammenreißen. Ich sagte mir ein paar mal diesen einen Satz, den ich die letzten Monate eingeschärft bekommen hatte vor und antwortete schließlich erneut. Diesmal weniger zaghaft.
„Hören Sie, ich habe wirklich keine Ahnung, wovon Sie sprechen. Aber falls es Sie beruhigt - ich werde es niemandem erzählen." - „Und frech auch noch? Ey.. Würde ich dir auch raten, davon kein Wort zu-", mitten in ihrem Satz wurde auf einmal energisch die Türe aufgerissen und ihre Begleitung kam wieder heraus.„Was ist denn hier los?", fragte er einerseits überrascht, andererseits aber auch wütend als er sah, wie sie sich mit in die Hüften gestemmten Händen vor mir aufgebaut hatte. Immerhin saß ich nun aufrecht und nicht mehr wie ein völlig eingeschüchtertes Etwas auf dem Stuhl.
„Nichts, ich hab ihr nur gesagt was ich von ihrem Benehmen halte!", gab sie ihm noch immer aufgebracht zurück. Kurz musterte ich den Mann und konnte ihm jetzt mehr als deutlich ansehen, dass ihm diese Situation unangenehm war. Er fühlte sich alles andere als wohl, ebenso wie ich.
„Das hab ich gehört. Aber hättest du das nicht.." - „Nein hätte ich nicht! Warum bist du eigentlich schon wieder da?", fragte sie ihn nun und ich wäre am liebsten einfach ganz unauffällig verschwunden. In der ersten Reihe während eines Streits zwischen diesen beiden wollte ich auch nicht unbedingt sitzen.
„Weil.. Ach fuck. Können wir einfach gehen? Bitte." Sie warf einen kurzen Blick auf mich und erkannte wohl, dass sie diese Diskussion besser in ihren eigenen vier Wänden fortsetzen sollten. Augenrollend griff sie nach seiner Hand und zog ihn, nachdem sie mir noch einen letzten giftigen Blick zugeworfen hatte, hinter sich her aus der Praxis. Er allerdings wandte sich nochmal kurz zu mir um und meinte nur:„Tut mir leid..", bevor die zwei wohl ebenso schnell wieder verschwanden wie sie vorhin aufgetaucht waren. Und ich verstand die Welt nicht mehr. Wer sollte er denn ihrer Meinung nach sein, dass ihn niemand hier sehen durfte? Der Präsident von Finnland schonmal nicht und auch sonst kam er mir kein Bisschen bekannt vor. Also konnte es doch so schlimm nicht sein. Überhaupt - was hatte ein Mann wie er einer war hier verloren? Obwohl ich durch die letzten Minuten ziemlich durcheinander war, war ich mir dennoch sicher, dass er gar nicht so harmlos war wie er tat. Und wie die Auseinandersetzung bei ihnen nun weitergehen würde, wollte ich mir am liebsten gar nicht erst vorstellen. Zu gut kannte ich das alles.
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In this Heartbreak Century
FanfictionWir leben im Jahrhundert der gebrochenen Herzen, wovon auch Samu keine Ausnahme bildet. Nichts scheint mehr so wirklich zu stimmen in seinem Leben. Der Job - Freudlos. Seine Beziehung - am Anfang vom Ende oder vielleicht schon einen Schritt weiter...