Kapitel 1

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»Ich geh schlafen, gute Nacht!«, log ich meine Tante an, die mich herzlich anlächelte. Die Frau war wirklich nett, heiratete aber einen Tyrannen.
Oh Gott, wie naiv muss man nur sein?

Eigentlich waren sie meine Adoptiveltern, doch ich nannte sie Onkel und Tante. Meine Adoptivmutter konnte keine Kinder bekommen und da ich von türkischen Eltern stammte, wählten sie mich aus, da sie mich so erziehen konnten, wie sie es sich wünschten. Doch die Eltern meines Adoptivvaters wollten eigene Enkel und verstoßen meine Tante. Mein Onkel liebte seine Frau, hasste aber mich. Denn als ich da war, wollten seine Eltern nie wieder etwas von ihm hören. Meine Tante trug mich auf Händen, mein Onkel verachtete mich.

Was soll's?
War nunmal so..

Eine Stunde, zwei Stunden.
Langsam drückte ich die Türklinke meines Zimmers runter und lauschte im Flur. Das Schnarchen meines Onkels ertönte laut und deutlich. 22 Uhr.
Gott sei Dank, dass er immer nur am Arbeiten ist! 
Ich schnappte mir meine Schuhe und schlich mich leise raus. Schonwieder nichts gemerkt.
Wie oft ich das Tat?
Genau genommen seit einem Jahr.
Ich lebte zwar seit 17 Jahren in Rüsselsheim, doch keiner kannte mich. Ich kannte die meisten auch nicht. In der Schule hatte ich auch fast keine Freunde. Nur Emma und Soufian. Wir gingen alle auf das Gymnasium.
Ich wusste wieder mal nicht wohin, deswegen steckte ich meine Kopfhörer in meine Ohren und hörte einfach Musik. Ich kam aus Haßloch. Sogar im versifften Rüsselsheim gab es Viertel, obwohl es winzig war. Ich ging so lange bis viele Autos an mir vorbei fuhren.

Theoretisch könnte ich mich einfach vor die Autos schmeißen, aber naja. Meinen Führerschein wollte ich schon noch machen.

Als ich meinen Blick von den Autos wegnahm bemerkte ich, dass ich schon weg aus Haßloch war. Ich war im bekanntesten Viertel angekommen. Dicker Busch. Dort wo diese möchtegern Rapper wohnten. Eins muss ich aber Dicker Busch lassen, sie hatten den besseren Stoff. Ich lief weiter und schrieb währenddessen mit Souf.

Souf: Habibi, wo bist?
Ich: Dicker Busch
Souf: Was machst du da??
Ich: Spazieren
Souf: soll ich kommen?
Ich: wenn du willst
Souf: Yallah in 5 min vor Kismet
Ich: Ok

Also ging ich richtung Kismet, das Restaurant. Nach 5 Minuten kam ich auch dort an und sah eine Gruppe Kanacken. Oh nein, es waren die Rapper.
Warum braucht dieser Marrokaner immer so lange?!

Jetzt sahen sie alle zu mir.
Fuck!

Ich drehte mich einfach um, doch einer rief »Ey, willst nh Foto?«.
Ich drehte mich wieder zu ihnen und sie fingen an zu lachen. »Kannst auch Arsch geben von mir aus!«, lachte ein anderer. »Lak Kaoued, hast keine anderen Hobbys?!«, rief ich zurück.
(Verpiss dich)
»Lan wie redet die mit mir?«, beklagte sich einer und wollte schon zu mir kommen, doch sein Kumpel hielt ihn auf. »Ouallah dann hör halt auf sowas zu sagen, ayip bruder!«, hörte ich ihn.
(Unerhört(?))
Er war groß, seinen Namen kannte ich nicht. Auf einmal wurde ich von hinten an meiner Schulter gepackt und drehte mich ruckartig um. Ohne zu sehen wer es war, packte ich die Hand und verdrehte der Person den Arm. »Yuuuh Mädchen, ich bins Souf!«, sagte Souf mit schmerzen. Ich lachte los und
umarmte ihn. »Shawf die Mal an deeega, Vallah die Kickt dich weg Muchoo!«, ertönte wieder eine andere Stimme.
(Schau)
Es war diesesmal ein kleinerer Typ. »Ouallah hade lass gehen!«, meinte Soufian und nahm meine Hand. Er zog mich mit sich an einen ruhigen abgelegenen Platz. Wir setzten uns einfach auf den Boden und sahen auf einen Fluss. Es war der Beinesgraben. Er floss auch an Haßloch vorbei. Wir redeten über vieles und über die Schule. Mittlerweile war es schon 22:56 Uhr. »Ach Pisse! Ich muss los Habibte, wir sehen uns!«, rief Souf plötzlich und umarmte mich. »Tschüss..«, gab ich kleinlaut von mir und erwiderte seine Umarmung. Souf war der einzige Junge, dem ich meine Aufmerksamkeit schenkte. Nach ein paar einsamen Minuten beschloss ich auch zu gehen und stand auf. Oh nein, ich musste wieder durch Dicker Busch. Es war schon nach 23 Uhr, also waren alle Dealer schon auf der Straße. Ich ging mit schnellen Schritten los und versuchte nicht auffällig zu wirken.

Du kennst mich nicht! - Mero 428 FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt