Kapitel 2

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»Deniz, Schatz wach auf.. Schule!«, weckte mich die sanfte Stimme meiner Tante. Ich öffnete meine Augen und griff zu meinem Handy. »Was hast du mit deiner Hand gemacht?!«, rief sie schon fast hysterisch. »Psssh! Ist Amca noch da??«, fragte ich und hielt meine Hand vor ihrem Mund.
(Onkel)
Sie schüttelte den Kopf. »Ich hab mir gestern Nacht noch ein Nutella Brot gemacht und mir die Hand geschnitten.«, log ich. Sie sah mich skeptisch an. Ich stand auf und wollte ins Bad gehen, doch was meine Tante mir hinterher rief, ließ mich für eine Sekunde erschaudern »Wenn du das nächste Mal Nachts rausgehst, dann nimm 'ne Jacke mit, Canim. Havalar soguyor!«.
(Meine Liebe. Es wird kälter!)
Ich drehte mich um, woraufhin sie anfing zu lachen »Ich sag Haci nichts davon, ama dikkat et!«.
(Aber pass auf!)
Sie stand auf, kam auf mich zu und umarmte mich fest. Danach ging sie runter. Benommen ging ich ins Bad und zog meine Morgenroutine durch. Ich machte den Verband von Emre, nein Enes, ab und tat ein neues dran. Frisch angezogen und mit dezenter Schminke, die aus Concealer, Wimperntusche, Highlighter und Puder, bestand ging ich runter in die Küche und aß etwas. »Hast du mich gehört, oder woher wusstest du es?«, fragte ich verwundert meine Tante. Sie drehte sich zu mich »Ich hab noch einen Film angeschaut, dann hab ich die Tür gehört und dann gesehen, wie du raus bist. Ich hab nichts dagegen, aber wenn das irgendwie ausschlag gebend auf deine Noten ist, dann hab ich was dagegen!«, hob sie mahnend die Augenbrauen. Auch wenn ich sie für zu naiv fand, irgendwie war diese Frau modern. Sie erlaubte mir Dinge, die die anderen türkischen Mütter nie erlauben würden. Sie war auch soetwas wie eine Freundin, der ich auch alles erzählen konnten, wenn ich hilfe brauchte. Außerdem hatte sie Abitur und konnte mir perfekt bei all meinen Aufgaben helfen. Ich stand schmunzelnd auf und umarmte sie »Versprochen, ich bleib der Streber!«. Sie fing an zu lachen und ich zog mir meine Schuhe an. »Tschüüüüss!«, rief ich und schloss hinter mir die Tür zu. Meine Tante war auch einer der Wenigen, die ich an mich ran ließ. Ich wurde oft hintergangen und ausgenutz.

Eines Tages kam mein Onkel in mein Zimmer und sah, wie ich weinte. Auch wenn er mir nie so ganz seine nette Seite zeigte, hatte ich an diesem Abend erkannt, dass auch dieser Tyrann nett sein kann. Er setzte sich mürrisch auf meinen Stuhl und rollte sich zu mir. »Was ist passiert, Kleine?«, fragte er die Arme vor der Brust verschränkt, nach hinten gelehnt und mit einem leicht genervtem Blick. Ich erzählte ihm alles, worauf er nur den Kopfschüttelte. »Du bist wie Gül.. Immer zu nett zu anderen! Das ist so dumm! Ihr beide müsst damit aufhören! An deiner Stelle würde ich dieser Zeynep mal richtig in die Fresse schlagen - so richtig, baaam! Und dann ihr zeigen wer der Boss ist! Und sei mal etwas kälter! Zeig nicht jedem immer deine Gefühle!«, erklärte er und brachte mich zum Lachen. »Und was ist mit Emma und Soufian?«, fragte ich ihn wieder. »Emma kannst du alles erzählen..von mir aus auch dem Marrokaner.. ich kenn' seinen Vater, netter Mann..«.

Damals war ich 11. Gül war meine Tante.
An diesem Abend war das Verhältnis zwischen meinem Onkel und mir wirklich besser geworden. Man konnte sich mit ihm wirklich gut unterhalten und spaßen, doch alles in seinen Maßen leider. Wenn ihm etwas nicht passte, dann schrie er rum, zerstörte Sachen. Wenn er etwas bezwecken wollte, provozierte er uns ließ den Gegner brodeln, vor Wut richtig kochen lassen. Das alles hatte ich von ihm. Deswegen hatte ich mich auch schon geschlägert. Doch deswegen nie Ärger von meinem Onkel bekommen. Meine Tante rastete aber aus. Wenn ich etwas gegen den Willen meines Onkels machte, rastete dann er aus. Niemals mit Gewalt, doch er brüllte mich sehr oft an. Es war einfach kompliziert.

Ich lief zu Fuß zur Schule und hörte Purple Rain von Capital Bra. Ich fand das Lied irgendwie ganz schön. Zur Schule musste ich durch Dicker Busch, wo ich dann auf Soufian wartete. Emma wohnte wo anders. Mit Souf zusammen gingen wir zur Bushalte stelle und warteten gemeinsam. »Was hast du mit deiner Hand gemacht?«, fragte er und ich erzählte. »Lak, wenn ich den finde nh, ich schwörs dir, Baris kassiert.«, regte sich Souf auf, doch ich wunk ab »Haben die Anderen wahrscheinlich schon gemacht..«. »Die Anderen?«. Soufian war äußerst verwundert. Ich nickte »Dieser Enes meinte, dass sie ihn ficken wenn sie ihn sehen.. wo er mich dann nach hause begleitet hat, haben wir den wieder gesehen.«. »Ich fick mein Arsch..«, lachte Souf auf und der Bus kam. Wir stiegen ein und fuhren in die Schule.

Du kennst mich nicht! - Mero 428 FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt