5. Dezember: Ein paar Tropfen Wahrheit

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"Hey Harry, wach auf!" Ron rüttelte an meinen Schultern und ich grummelte unverständlich vor mich hin.
"Was'n los?", murmelte ich und streckte gähnend meine Glieder.

"Ich wollte nur fragen, was das für ein Fläschchen auf deinem Nachttisch ist.", erklärte der Rotschopf sich neugierig.
Ich runzelte die Stirn und sah zur Seite. Tatsächlich, auf dem Block, den ich gestern Abend aufgeregt neben mein Bett gelegt hatte, stand eine kleine Glasflasche mit hellblauer Flüssigkeit, die mich provozierend anschimmerte.

Kurz wunderte ich mich, wie das überhaupt auf meinen Nachttisch gelangt war, aber dann erinnerte ich mich an meinen gestrigen Nachtausflug und verdrehte nur die Augen.
Ich hatte keine Ahnung, wer dafür verantwortlich war und wie er es geschafft hatte, mich heraus und diese Flüssigkeit hier herein zu schaffen, aber ich war mir ziemlich sicher, dass es sich dabei um die selbe Person handelte.

Um wirklich sicher zu gehen, hatte ich mir in weniger als einer Sekunde den Adventskalender geschnappt und die nächste Seite aufgeschlagen. Wie erwartet, wurde ein weiterer Text sichtbar. Der heutige Hinweis lautete:

Wenn du dich traust, dieses Fläschchen zu leeren, wird man dir eine Erkenntnis gewähren. Drum trink es aus und siehe selbst, was der heutige Tag für dich bereithält.

Was sollte ich nun wieder davon halten? Ich war es mittlerweile gewohnt, dass der Adventskalender keine präzisen Auskünfte gab und mich einfach an jedem Tag ins eiskalte Wasser warf. Aber eine vollkommen fremde Flüssigkeit zu trinken, erschien mir schon reichlich riskant. Im schlimmsten Fall war es auch noch vergiftet.

Ich verfluchte meine verdammte Neugierde, die mich dazu drängen wollte, das Fläschchen zu trinken. Mein Verstand siegte und ich stellte das Gebräu vorerst wieder an seinen Platz.
Dann machte ich mich mit den anderen für die Schule fertig und steckte Block und Fläschchen ein, falls ich mich später doch noch überwinden würde.

Das Frühstück verstrich und so auch die ersten Unterrichtsstunden, in denen ich mich nicht an das Fläschchen in meiner Tasche herantraute - was vielleicht auch ganz gut so war.

Als wir die erste Stunde für heute mit den Slytherins zusammen hatten - nämlich Wahrsagen - sprach Malfoy mich nach dem Unterricht an. Ich begegnete den verwunderten Blicken meiner Mitschüler und konnte das nur zu gut nachvollziehen. Vor ein paar Tagen hätte ich es selbst nie für möglich gehalten, jemals ganz normalen Small-Talk mit Draco Malfoy zu betreiben. Aber genau das tat ich nun.

Wir witzelten über Trelawneys Ungeschicktheit, berichteten von unserem bisherigen Tag - bis der Slytherin mir letztendlich die erwartete Frage stellte: "Und? Was war heute in deinem Adventskalender?" Er musterte mich aufmerksam, so als warte er auf irgendetwas. Vermutlich darauf, dass ich ihm etwas spannendes erzählte. Aber nein, da gab es nichts zu berichten.

Ich seufzte schwer. "Heute morgen stand ein Fläschchen auf meinem Nachttisch und der Adventskalender verlangt, dass ich die Flüssigkeit darin trinke. Aber ich habe keine Ahnung, um was es sich dabei handelt und hab es deshalb noch nicht getrunken. Wer weiß, was das ist."

"Du hast also Schiss?", hakte Malfoy nach und ich schob trotzig das Kinn vor.
"Nein Malfoy, ich bin ein Gryffindor, ich habe keine Angst. Ich bin nur vorsichtig."

"Aha", machte er wenig überzeugt und ich kniff warnend die Augen zusammen, aber meine Mundwinkel zuckten ebenfalls.
"Wir haben jetzt sowieso die nächsten Stunden zusammen. Ich könnte aufpassen, während du dein Geschenk trinkst und wenn du irgendwelche Anzeichen einer Vergiftung oder ähnliches aufweist, bringe ich dich zu Madame Pomfrey. Abgemacht?" Er streckte mir seine Hand zum Einschlagen hin.

Ich legte den Kopf leicht schief. "Wieso solltest du das tun?"
"Ich bin neugierig.", zuckte Malfoy mit den Achseln. Das klang einleuchtend. Ich war schließlich selbst sehr gespannt.

Verzauberte Weihnacht - Drarry-Adventskalender 2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt