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Mit wild pochendem Herzen lehnte Ace sich von Außen gegen die Tür und rang nach Fassung. Was hatte er sich dabei nur gedacht? Seit seinem Eintritt in die Whitebeard Piratenbande verband euch ein unsichtbares Band tiefer Freundschaft, auch wenn Ace dies gerne bis zu Schmerzgrenze ausreizte. Doch diese Szene war ihm mehr als unangenehm, obwohl ihm das, was er gesehen hatte, enorm zugesagt hatte. Was sprach auch dagegen? Schließlich war Ace, trotz seiner Teufelskräfte, ein ganz normaler Mann mit ganz normalen Bedürfnissen.
„Argh, was denkst du da, Portgas D. Ace?!", rügte sich der temperamentvolle Flammenteufel und rieb sich mit den Händen über das Gesicht. Auf der Moby Dick war es nun mal Gesetz, dass dir keiner der Männer zu nahe kommen durfte. Er hatte nie nach den Gründen gefragt, sondern sie einfach so hingenommen, auch wenn du ihn vom ersten Augenblick an fasziniert hattest.

Damals war er noch selbst ein Kapitän gewesen, als er sich mit seiner jungen Crew, den Spade Piraten, auf den Weg machte Whitebeard herauszufordern. Wie jeder junge Supernovae träumte auch er davon ein berühmter Pirat zu werden und wenn er den alten Kapitän besiegte, würde Ace diesem Ziel einen großen Schritt näher gekommen sein. So dachte er zumindest. Ace brauchte damals nicht lange zu suchen, bis er Whitebeards Schiff fand und den alten Herren zum Kampf reizte, welcher allerdings nicht darauf einging. Stattdessen stellte sich ihm ein großer, breiter Fischmensch namens Jimbei in den Weg, der meinte, dass, wenn Ace zum stärksten Piraten der Welt wolle, er erst einmal an ihm vorbei müsse. Geblendet von den schnellen Erfolgen der Vergangenheit und von der Zuversicht der Jugend nahm er Jimbeis Herausforderung an. Was hatte ihm dieser plumpe Geselle schon entgegenzusetzen, als hirnlose Körpermasse?
Wie sehr sollte er sich irren, als er nach einem schier endlosen Kampf, welcher sich über fünf Tage erstreckte, zu Boden ging. Alles schien auf eine schmerzhafte Niederlage hinauszulaufen, denn, auch wenn Jimbei etliches hatte einstecken müssen, so stand er zumindest auf seinen eigenen Beinen, die ihm jedoch jeden Moment wegzuknicken drohten. Ace war fast gar nicht mehr in der Lage auch nur mit der Wimper zu zucken. Er hatte alles gegeben und doch war er der Verlierer. Was rückblickend betrachtet nicht unbedingt verwunderlich war, denn Jimbei war einer der sieben Samurai der Meere! Ace hatte den Kampf bereits verloren, als er ihn annahm. Innerlich hatte sich der junge Mann schon auf sein Ende vorbereitet, denn niemand würde sich mit Whitebeard oder seinen Verbündeten anlegen und ungeschoren davon kommen.
Doch dem war nicht so, denn offensichtlich hatte Ace den Alten beeindruckt, dass dieser ihm noch am Ort des Geschehens das Angebot unterbreitete in seine Bande einzusteigen. Eine verdammte, selten gegebene Ehre, auch wenn Ace dies damals nicht auf Anhieb zu schätzen wusste und die Offerte mit bitterbösen Worten ausschlug. Man schlug ihn daraufhin bewusstlos und verschleppte ihn auf die Moby Dick, während seine kleine Bande in Grund und Boden geprügelt wurde.

An Bord begegnete er dir zum ersten Mal, als du mit engelsgleicher Geduld seine Wunden versorgtest und ihm Essen brachtest. Es dauerte nicht lange, da fiel Ace auf, dass du so ziemlich die einzige Frau auf dem Schiff warst, die direkt zur Crew gehörte und das verwunderte ihn sehr. Glücklicherweise gestattete man es ihm sich frei an Bord zu bewegen. Wohin sollte er, mitten auf hoher, See als Besitzer einer Teufelskraft auch fliehen?
So nutzte Ace die Zeit, um mit dir ins Gespräch zu kommen. Immerhin hattet ihr ungefähr dasselbe Alter und deine geziemt heitere Art machte dich für ihn unwiderstehlich. Von dir erfuhr Ace, wie sehr die Crew an ihrem Kapitän hing und wie sehr er ihnen allen einem Vater gleich kam.
„Vater schützt uns und gibt uns jenseits der Heimat ein zu Hause.", sagtest du einmal zu ihm, als du seine Verbände wechseltest, „Er mag manchmal stolz und eigensinnig sein, doch an seiner Liebe zu seiner Crew, seinen Kindern, gibt es keinen Zweifel und dafür lieben wir ihn!"
„Wir sind Piraten, wie können wir auf Liebe hoffen?"
„Auch Piraten haben ein Herz und gerade weil es so hart sein muss, ist es um so empfindlicher. Er macht uns glücklich.", gabst du mit einem Lächeln zurück und zogst den Verband um seinen Arm fest. Ace begann zu verstehen...

Viele gute Gründe sprachen dafür sich der Crew anzuschließen. Nicht zuletzt Marcos, damals schon ein angesehener Kommandant, drohenden Worten, dass, wenn Ace die blödsinnigen Versuche Whitebeard hinterrücks zu ermorden nicht unterlasse und endlich der Bande beitrete, er damit rechnen müsse eines Morgens nicht mehr aufzuwachen.
„Was ist mit ihr?", hob Ace an und Marco begriff sofort, „Habt ihr sie etwa auch so auf das Schiff geholt?"
„Das Mädchen geht dich nichts an! Ich habe dich die letzten Wochen beobachtet und ich rate dir die Finger von ihr zu lassen.", Marcos ohnehin strenger Blick verfinsterte sich, „Wenn es etwas gibt, was wir auf diesem Schiff nicht gerne sehen, dann ist es, wenn man ihr zu nahe kommt."
Ace stellte daraufhin keine Fragen mehr, sondern trat der Mannschaft bei.

„Du bist ja immer noch an der scheiß Tür!", keiftest du aus deiner Kajüte und schrecktest Ace, der redlich darum bemüht war seine Fassung wiederzuerlangen, auf.
„Ich wollte dich bloß abholen!", entgegnete er dir und richtete sich langsam auf. Ihm war schwindelig und er fühlte sich, als hätte er das größte Verbrechen der Welt begangen. Wie gerne hätte er sich bei dir entschuldigt.
„Jetzt hör aber mal auf zu zicken! Als ob ich noch nie eine Frau in Unterwäsche gesehen hätte!", brummelte Ace und trat mit einem energischen Schritt näher an die Tür heran, als wollte er mit der dortigen Maserung eine feurige Kontroverse führen, „Außerdem hab ich fast gar nichts gesehen, bis auf deinen Hintern und deine..."
Ein lautes Knallen war auf der anderen Seite der Tür zu vernehmen. Dir war endgültig der Kragen geplatzt und du hattest die Bürste doch geworfen. Leider nur gegen das Holz, auch wenn du Ace in deinen Gedanken damit abgeschossen hattest.
„Ich komme nicht raus, bis du deinen perversen Hintern auf das Achterdeck geschoben hast!", pöbeltest du lauthals weiter. Kopfschüttelnd, aber dennoch mit einem dreckigen, hoch amüsierten, teils frustriertem Grinsen im Gesicht, tat Ace wie ihm befohlen...

Schroff gaben Jozu und Marco den Männern letzte Anweisung und sahen einen recht geknickten Ace aus dem Rumpf des Schiffes schleichen. Fragend sah Marco seinen Kamerad an und kratzte sich ratlos an seinem blonden Schopf. Jozu, ein Bulle von einem Mann mit dunkler Haut und schwarzem, kurzem Haar, blieb still. Beide segelten schon lange unter der Flagge des Alten und kannten sich gut und vertrauten einander blind. Vor vielen Jahren, als sie anheuerten, waren sie schnell Freunde geworden und schätzen die jeweils gegensätzliche Art des anderen sehr. Doch dieser junge Draufgänger mit der großen Klappe, der mittlerweile auf dem besten Wege war in der schiffseigenen Rangordnung mit ihnen auf Augenhöhe zu kommen, sorgte bei den Veteranen manches Mal für Stirnrunzeln.
„Ace, was ist los?", fragte Marco nach, als der junge Mann, mit in den Taschen vergrabenen Händen, an ihnen vorbeischlurfte. Ace gab, entgegen seiner Natur, keine Antwort, sondern zuckte nur lasch mit den breiten Schultern. Wieder tauschten die beiden Männer Blicke aus und begannen breit zu grinsen: „Haben wir etwa ein bisschen Ärger im Paradies, eh?", höhnte Marco und knuffte mit seinem Ellebogen Jozu in die speckige Flanke, entlockte ihm so ein belustigtes Grunzen. Auch wenn Marco Ace einstmals davor gewarnt hatte die Finger von dir zu lassen, so erheiterte ihn diese eigenwillige Freundschaft sehr. Es mochte zwar eine Weile her sein, dass Marco und Jozu jung gewesen waren, aber konnten sie sich zu gut vorstellen, was manche Tage in Ace vorging. Trotzdem gönnten sie sich den kleinen Spaß. Man hatte ja sonst nicht viel zu lachen, wenn man die Verantwortung über hunderte von Männern innehatte und dazu einen hitzköpfigen Neukommandanten einlernen musste.
Genervt drehte Ace sich um und wollte gerade seinem Unmut Luft machen, als Marco und Jozu in haltloses Gelächter ausbrachen. Der angehende Kommandeur verstand nicht recht. Hatten die beiden den Verstand verloren? Von Lachsalven geschüttelt zeigte Marco auf seine schmale Nase, um Ace einen Hinweis zu geben, welcher diesem auch gleich nachging.
Wirr tippte Ace sich unter seine fein geschwungene Nase und fühlte etwas Feuchtes: „Was zur Hölle?!", zuckte er zusammen und betrachtete das Blut an seinem Finger. Das konnte doch nicht wahr sein! War er jetzt wirklich so verzweifelt, dass er beim Anblick einer halbnackten Frau Nasenbluten bekam?
„Junge, es wird Zeit, dass du mal wieder an Land kommst!", bemerkte Jozu trocken und brach daraufhin wieder in schadenfrohes Gejauchze aus. Dieser Tag, so befand Ace, war endgültig im Eimer...

Leuchtkäferlicht  Verbotene Liebe  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt