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Der Wald war erfüllt vom Gezwitscher der Vögel und dem Rauschen der Blätter, welche ein dichtes Laubdach bildeten, durch das nur vereinzelt blasse Speere aus Licht drangen und kleine, helle Flecken auf den Boden warfen. Die frische Waldluft war still und schlief in müder Erhabenheit, bis sie vom aufgeregten Geschnatter rauer Männerstimmen zerrissen wurde, deren Besitzer den kleinen Trampelpfad, der sich von der Küste bis zur Siedlung zog, laut entlang marschierten und eine hitzige Debatte führten. Holz knackte und Laub flog wild umher, als ihre schweren Stiefel wie eine Lawine über den Boden stapften. Piraten waren nun mal keine Leisetreter.
„Hey, Moment mal!“, protestierte Blackbeard, als er hinter seinen drei Freunden herlief und unbeholfen über allerlei Wurzelwerk stolperte, „Was soll denn das heißen? Ich muss zahlen?!“
Marco, der die Gruppe anführte und mit verschränkten Armen hinter dem Kopf voranschritt, drehte sich halb ernst, halb lachend um: „Es heißt, dass du zahlen musst, Black Beauty, eh! Ich bin blank.“
„Sag mal, kann das nicht Thatch übernehmen?“
„Ich bin pleite!“
„Was ist mit dir, Jozu?“
„Ich zahle Vaters Sake.“
Grummelnd vergrub Teach die Hände in den Taschen. Das war ja mal wieder typisch! Durch sein unerhörtes Glück beim Poker, welchem er hin und wieder durch kleine Betrügereien auf die Sprünge half, war Blackbeard mit großem Abstand derjenige der Besatzung, der das meiste Barvermögen mit sich herumtrug, es allerdings genauso eifersüchtig hortete wie ein Drache seinen Goldschatz. Dem ungeachtet war er der erste Anlaufpunkt für jeden, der sich erhoffte ein paar Berry schnorren zu können. Meist gab Teach nach. Er würde es sich beim nächsten Kartenspiel früher oder später sowieso zurückholen.
„Ach, nun sei nicht so!“, kicherte Thatch und schlug seinem Freund kameradschaftlich auf den Rücken, „Es ist für einen guten Zweck!“
„Ich kann da keinen guten Zweck erkennen, wenn ihr auf meine Kosten herumvögelt.“
„Doch, mit deiner großzügigen Spende schonst du unsere Handgelenke, eh.“, mischte Marco sich prompt ein und brachte Thatch mit seiner flapsigen Art erneut zum lachen, „Wir können auch wieder umdrehen…“
Knurrend gab Blackbeard klein bei, auch wenn er darauf hinwies, dass es nur dieses eine Mal sei. Genauso wie das Mal davor und das Mal vor dem Mal…

Ace hielt dich sicher an deinen Hüften, als er keuchend seinen Kopf an deine Schulter presste. Obwohl ihr hüfthoch im Wasser stand, rann Schweiß über seinen Rücken und sein Gesicht, in dem sich eine erregte Röte lustvoll über seine Wangen gezogen hatte. Seine Schultern, die sich vor ein paar Sekunden im Rausch des Höhepunktes angespannt hatten, zitterten nun in einem absurden Tempo, waren übersät mit roten Striemen deiner Fingernägel.
Verkrampft klammertest du immer noch an ihm, versuchtest Herr über dein eigenes Beben zu werden und dem unablässig pochenden Schmerz zwischen deinen Beinen. Ein heißes Brennen rumorte in deinem Unterleib und machte dich rasend.
Hart presste sich dein Oberkörper an Ace´s Brust, als du ihm eine schwache Umarmung gabst. Ace, so war dir klar geworden als er dich geliebt hatte, war kein unbeschriebenes Blatt in der Hinsicht und wäre wahrscheinlich vorsichtiger gewesen, wenn …
Tiefe Schluchzer brachen aus deinem Mund hervor, ließen die Feuerfaust aufhorchen. Wissend sah er dich an, sah die Tränen… es war als hätte man ihn gegen eine Wand geworfen.
„Das wusste ich nicht.“, flüsterte er und setzte dich ab. Für eine Entschuldigung war es zu spät und sie wäre auch nicht aufrichtig gewesen, denn er hatte es gewollt und genossen, auch wenn er dir dabei unabsichtlich wehgetan hatte. Mit einem verständnisvollen, entschuldigenden Lächeln umgriff er deine Unterarme: „Na komm.“, flüsterte er und gab dir einen weitern, tiefen Kuss, der alle Nuancen seiner Persönlichkeit widerzuspiegeln schien. Du triebst mehr, als das du liefst, denn deine Beine fühlten sich an wie Pudding, während Ace dich langsam zum Wasserfall zog. Nie hättest du ihm zugetraut so charmant sein zu können, doch insgeheim warst du froh, dass er die Sache nicht weiter ansprach oder gar auf die dumme Idee kam dich auszulachen.
„Weißt du was?“, wisperte Ace, als der dich umdrehte, seine Arme um deine Bauch legte und dich an seine Brust zog, um mit dir ein wenig im Wasser dahin zu gleiten, „Das war das beste Bad meines Lebens.“
Du konntest dir nicht helfen, aber du musstest lachen…

Die kleine Siedlung im Western Stil lag friedlich, versteckt zwischen Äckern und Wiesen, in der aufsteigenden Mittagshitze. Streunende Hunde liefen, die Nase nach etwas Fressbarem auf den Boden gerichtet, umher und wurden von den geschäftigen Bewohnern, die ihr tägliches Werk verrichteten, gar nicht wahrgenommen. Kinder spielten ausgelassen oder quengelten auf den Armen ihrer Mütter, die aus der Drogerie kamen, weil sie nicht die erhoffte Süßigkeit bekommen hatten. Ein Schmied ließ in der Nähe seinen schweren Hammer auf den Amboss knallen und ein schlaksiger Telegraph verteilte eilends empfangene Nachrichten in die umliegenden Häuser. Vor einer Bar mit großen Flügeltüren aus Wallnussholz standen drei uns bekannte Gestalten und schwatzten ausgelassen über das hinter ihnen liegende Abenteuer. Vom Balkon des gegenüberliegenden Bordells kicherten und winkten ihnen ein paar leicht bekleidete Huren zu.  
Mit einem breiten Lächeln im Gesicht trat Marco derweilen auf die Straße und schloss zufrieden seufzend den Gürtel seiner braunen Hose.
„Na endlich!“, schnupfte Blackbeard verstimmt, als er mit Jozu und Thatch auf den jungen Kommandant wartete, „Ich dachte schon, du hättest das Weibsbild geheiratet!“
„Gut Ding will Weile haben, eh.“, griente Marco und trat zu seinen Freunden. Von allen hatte er wieder einmal am längsten gebraucht. Ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war, wollte keiner der drei Wartenden wissen.
„Habt ihr den Sake für Vater?“, fragte Marco und warf einen letzten Blick zurück auf den Balkon, der unablässig mit seinen fleischlichen Leckereien lockte. Mit einem Nicken trat Jozu gegen die Kiste am Boden: „Der Sake ist nicht der Brüller, aber es ist der Beste den sie hatten.“ Zufrieden nickte Marco und ordnete das zerzauste Haar, während Blackbeard die Kiste auf seine Schulter stemme.
Als die Vier gingen, wandte Thatch sich letzmalig den Damen zu und sank in den Dreck auf der Straße: „Lebt wohl, ihr süßen Paradiesfrüchte! Wie sehr werde ich eure…“
„Spinner!“, maulte Jozu und verpasste Thatch eine Kopfnuss, packte ihn am Kragen und schleife ihn mit sich. Belustigtest Gekicher folgte ihnen.

„Die Brünette! Ich sag dir, die Brünette!“, brabbelte Thatch zu Marco, als die beiden ihre amüsante Gesellschaft miteinander verglichen und zeichnete dabei die Proportionen einer Frau in die Luft. Waren die Kommandanten nicht gerade auf hoher See und kamen ihrer Arbeit nach, dann gab es meist, wie bei vielen Piraten, nur ein paar Themen, über die es zu reden lohnte. Alkohol, Berry und Frauen. So war es also nicht verwunderlich, dass sich die Gespräche auf dem Rückweg nur um diese Themen drehten. Das Leben auf dem Meer war für alle hart genug und erforderte einen wachen Geist und viel Kraft. Es tat gut einfach mal abschalten zu können. Eine echte Piraten- Therapie, wenn man so sagen will.

„Ich wünschte Ace wäre mit dabei gewesen. Hätte ihm sicherlich…“, der ausgelassene Redeschwall von Thatch wurde allerdings unterbrochen, als sie ein wohlbekanntes Lachen vernahmen, welches aus der Nähe erschallte. Es war hell und rein, voll Freude und mischte sich mit eine tieferen, ebenso ausgelassenen Stimme. Das Rauschen eines nahe gelegenen Wasserfalls hätte es fast übertönt. Lauschend blieben die Männer stehen. Wieder erklang das Lachen, was nun deutlich hörbar von spritzendem Wasser begleitet wurde.
„War das nicht Missy?“, hob Jozu fragend eine Augenbraue und lief neugierig vom Weg ab. Dichtes Gesträuch und Buschwerk stellte sich ihm zusammen mit den massiven Stämmen von Bäumen in den Weg, als er sich in die Richtung vorkämpfe. Es dauerte etwas, bis er einen kleinen Vorsprung erreichte, von dem man gut in einen Flusslauf sehen konnte, der von einem steinigen Schwemmland umgeben wurde. Es war ein wunderbares Bild, wie sich der Wasserfall in einer hohen Kaskade in den Fluss ergoss. Die aufgewirbelten Tröpfchen wurden von der Sonne zu einem leichten Regenbogen beschienen und sorgten so für ein heiteres Farbenspiel. Allerdings war Jozu die Aussicht reichlich egal, denn das was er unten im Fluss sah, gefiel ihm überhaupt nicht…

Leuchtkäferlicht  Verbotene Liebe  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt