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Hastig zogst du dich an und legtest etwas Schminke auf, wobei du darauf bedacht warst nicht allzu aufgedonnert zu erscheinen, zumal die Mannschaft eh erst übersetzen musste und du von den Jungs sowieso keinen beeindrucken wolltest. Auf männliche Bekanntschaften in der zivilen Bevölkerung verzichtetest du in der Regel. Aber auf dieser kleinen Insel, auf der etwa zehn Minuten Fußmarsch landeinwärts eine kleine Siedlung zu finden war, würden sowieso die Bürgersteige zeitig hochgeklappt werden. Das war nun mal das Manko, wenn man die mächtigste Piratenbande der Welt war. Große Städte waren passé, da in ihnen zu viel Marine und der Großteil der Bande, dich eingeschlossen, durch Steckbriefe bekannt war. Okay, wir wollen ehrlich sein: Dein Kopfgeld war nicht besonders hoch. Eigentlich war es eines der Niedrigsten der gesamten Crew, aber immerhin waren Einhundertundachtzigmillionen Berry nicht zu verachten, oder?

Woher die Summe kam, war dir ein völliges Rätsel, denn du warst nicht unbedingt jemand, der für viel Aufsehen auf den Meeren sorgte. Sei es drum, du hattest nun mal ein Kopfgeld. Punkt! Vor Jahren hattest du aufgehört dir den Kopf darüber zu zerbrechen und du empfandest Überlegungen in die Richtung als pure Zeitverschwendung.  

Auf dem Achterdeck war es bereits ziemlich leer, als du, mit deinem kleinen Seesack bewaffnet, dort auftauchtest. Freundlich winkte Jozu dir zu und unterbrach seine Arbeit die verbleibenden Männer herumzukommandieren.
„Na Missy“, grinste er und knuddelte dich sachte. Missy war der Spitzname den er dir gegeben hatte als du dreizehn wurdest und dieser hatte sich bald auf dem gesamten Schiff durchgesetzt. Bis auf die Feuerfaust, die weit und breit nicht zu sehen war, nutzen ihn alle. Er war kurz, knackig und einfach zu merken. Männer halt…
„Tut mir leid, Jozu. Ich bin spät.“, lächeltest du, „Sind Vater und die anderen schon auf der Insel?“
„Vater, Marco und Thatch sind vor ein paar Minuten weg.“, freundlich nahm er dir deinen Seesack ab und warf ihn sich über die Schulter. Als er ihn so locker hielt, schrumpfte der Sack optisch auf eine lächerliche Größe zusammen, „Ace wartet wie immer an der Nock Steuerbord auf dich.“
Kaum hatte Jozu diesen Namen ausgesprochen flog dir erneut die Schamesröte ins Gesicht und eine selbstgerechte Empörung stieg in dir auf. In einem Anfall weibischer Wut zogst du dem armen Jozu, der vor Schreck sogar einen Hüpfer nach hinten vollführte, den Seesack aus der Hand.
„Der kann warten, bis er schwarz wird!“, zischtest du und stapftest zu dem letzten Beiboot, aus dem dich etliche Männer verwirrt anblickten. In der Regel zogst du es vor mit Ace und dem Striker überzusetzen, denn du wusstest die Schnelligkeit der kleinen Nussschale und die körperliche Nähe, die in solchen Momenten zwischen dir und ihm entstand, zu schätzen. Doch diesmal bliebst du hart!

Die Feuerfaust sollte schon sehen, wer hier die Hosen anhatte. Er musste endlich begreifen, dass auch du etwas Anstand einfordertest und solange er das nicht tat, würdest du ihn mit der kalten Schulter strafen.  

Während du also in das letzte Beiboot stiegst, stand Ace wartend an der Nock, eurem inoffiziellen Treffpunkt für Ausflüge mit der Striker. Gedankenverloren drehte er seinen orangefarbenen Cowboyhut in der rechten Hand und schien mit seinen Blicken den Stoff zu durchlöchern. Auch wenn er es nicht wollte, so rauschten in seinem Kopf immer wieder die Bilder deiner unverhohlenen Nacktheit herum. Sofern nackt der richtige Begriff dafür war. Bei Gott, er fand dich so umwerfend schön und das seit seinem Eintritt in die Crew! Ob er dich nun halbnackt gesehen hatte oder nicht, spielte eine eher untergeordnete Rolle für ihn, auch wenn er so pubertär darauf reagiert hatte. Es klang vielleicht kitschig, aber es warst nur du, die er gesehen hatte und nicht irgendeinen begehrenswerten Frauenkörper. Nur, wie hätte er dir das sagen können, ohne dass es missverständlich oder blöd klang? Seit einiger Zeit dachte er darüber nach, wie man einer Frau, der man eigentlich nicht den Hof machen durfte, sagen konnte, dass man mehr für sie empfand als bloße Freundschaft. Vielleicht müsste er sich einfach damit abfinden, dass du auf ewig eine unerreichbare Lichtgestalt für ihn bleiben würdest.
„Warum bist du nur so halsstarrig?“, seufzte Ace, als er das kalte Aufplatschen des letzten Beibootes auf dem Wasser vernahm und setzte sich den Hut wieder auf seine schwarzen Haare. Er hätte es sich denken können, dass du einen weiten Bogen um ihn machen würdest, auch wenn er es nicht gehofft hatte. Schweigend sah er sich um und sog die ungewöhnliche Stille in sich auf wie ein Schwamm. Er war mittlerweile völlig alleine auf dem Schiff und ein Hauch von Melancholie streifte sein Herz. Offenbar musste er diesmal ohne dich fahren und es machte ihn mehr als nur traurig.

Leuchtkäferlicht  Verbotene Liebe  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt