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Dösend lag Ace auf einem der warmen Steine und kaute, seinen orangefarbenen Hut tief ins Gesicht gezogen, vergessen an einem Grashalm. Eine angenehme Schwere hatte sich in seinen Gliedern breit gemacht, doch fühlte er sich so erholt wie schon lange nicht mehr. Auch wenn es selbstsüchtig klang, so war er mit sich und der Welt zufrieden.
Neben ihm zogst du dir gerade dein Tanktop über. Du hattest  versucht es im Fluss zu waschen, auch wenn das von eher mäßigem Erfolg gekrönt war. Die Feuerfaust war so frei gewesen und hatte es für dich, mit einer einzigen Berührung seiner Hand, getrocknet. Praktisch war sie ja schon, diese Teufelskraft, auch wenn sie bei mancherlei Dingen etwas störend wirkte.
Den ganzen Tag hattet ihr am Fluss verbracht, hattet im Wasser geplanscht, geredet oder euch geliebt. Bei dieser Gelegenheit hatte dir Ace die Unterlippe verbrannt, als er es bei eurem letzten Kuss etwas übertrieben hatte.

„Nah, gib zu es hat dir gefallen!“, warf Ace beiläufig von seinem kleinen Ruheplatz zu dir herunter, als er mitbekam, wie du die kleine Brandblase an deiner Lippe vorsichtig abfühltest.
„Fünf Berry in die Chauviekasse!“, knurrtest du, „Da bist du wohl auch noch stolz drauf, was?“
Ein belustigtes Prusten kullerte vom Stein. Wie zum Spott nahm Ace seinen Hut in die Hand schwenke ihn euphorisch umher. Macho!

Knurrend krabbeltest du auf den Stein und setztest dich geräuschvoll neben ihn, den Blick auf die Abendröte über euch geheftet. Keiner von euch sage etwas, doch es war eine gegenseitige Ruhe, in der ein gewisses Wohlbehagen lag. Ihr wolltet nicht wirklich an die Küste zurück, doch aus dem Alter in dem man glaubte vor Problemen weglaufen zu können wart ihr längst heraus. Sie würden euch finden, egal wie weit ihr flüchten würdet. Wo solltet ihr auch hin? Es gab keinen Ort, keine Stadt, kein Land, welches euch Schutz bieten konnte. Ihr wart Piraten, die Nomaden der Meere. Heimatlos und unstet wie das Wetter der Grandline.
„Ace?“
„Hm?“
„Hast du dir jemals vorgestellt wie es wäre, wenn du kein Pirat wärst?“, sprachst du leise, „Ich meine wenn du ein ganz normales Leben führen könntest. So mit Haus und Garten und all diesem Blödsinn.“
Mit einem tiefen Schnaufen setzte Ace sich auf und winkelte das rechte Bein an. Natürlich hatte er oft darüber nachgedacht. Es wäre sicherlich interessant einem festen Beruf nachzugehen, ein Haus mit Garten zu haben und eine Frau mit Kind. Doch das war kein Leben für die Feuerfaust. Er hätte sich nach einer Weile zu Tode gelangweilt: „Wäre es dein Wunsch?“, hob er an und schob sich den Hut in den Nacken, „Sei ehrlich!“
„Manchmal ja.“, nicktest du, „Als ich kleiner war, habe ich oft darüber nachgedacht, wie es wäre nicht die Tochter von Whitebeard zu sein, sondern einen unbedeutenden Vater zu haben. Eben ganz normal zu sein.“
„Weißt du, ich weiß nicht wie es ist normal zu sein.“, lachte Ace und hob die Hand seines rechten Armes, welchen er lässig auf seinem angewinkelten Knie abgelegt hatte. Heiß schossen Flammen aus seiner Handfläche, brodelten seinen nackten Arm hinauf, fraßen begierig an Fleisch, das sie nicht entzünden konnten. Eine kleine Feuerwalze preschte seiner Schulter entlang und kroch liebvoll seinen Oberkörper hinab, verschwand und tauchte auf seinem Rücken wieder auf, als wollte es das eingestochene Symbol der Bande auf Ace´s Haut ausbrennen. Mit einem kaum merklichen Zucken seiner Schulter ließ er das Feuer wieder verschwinden.
Nachdenklich beobachtest du ihn aus dem Augenwinkel heraus. Was war schon normal? Es gab so viele Versionen davon, dass es einem schwindelig werden konnte und vielleicht war dein Wunsch nach Normalität eben jener Moment mit Ace. Ein Moment der Menschlichkeit und Nähe, tiefer Vertrautheit und Mitgefühl für den jungen Mann, der ebenso viele Bürden mit sich trug wie du. Denn letztlich war es genau das, was euch beide verband, wenn auch auf unterschiedliche Weise.

Kopfschüttelnd strecktest du deine Arme nach oben und ließt dich sacht auf den Stein zurücksinken, der immer noch die Wärme des Nachmittags in sich gespeichert hatte. „Meinst du, du bist unnormal?“, bohrte Ace weiter und beugte sich über dich, „Du bist perfekt so wie du bist. Anders will ich dich nicht.“
Geschmeichelt lächeltest du und legtest deine Hände an seine Wangen. Gerade als du ihn küssen wolltest, begann dein Gegenüber leise zu lachen. Was war denn jetzt schon wieder so lustig?
„Oh, Ace!“, grunztest du und ließt ihn los. Da hatte er einmal etwa Nettes zu dir gesagt und dann zog dieser unsensible Klotz alles wieder ins Lächerliche!
Lachend ging dein Geliebter über deinen Protest hinweg und griff mit seiner Hand in dein noch feuchtes Haar. Geschickt fischte er ein kleines Glühwürmchen heraus, welches sich verfangen hatte und panisch mit dem Hinterteil leuchtete. Wie ein stolzer Jäger hielt er dir den Fang vor die Nase. Das Glühwürmchen kroch einen Moment auf seiner Fingerspitze entlang, bevor es seine feinen Flügelchen ausbreitete und davon flog.
Fasziniert verfolgtest du es mit deinen Augen und konntest weitere kleine Lichter ausmachen, die erst schwach glimmten, sich dann jedoch hell flimmernd vom Boden und den umliegenden Blättern der Büsche und Bäume erhoben. Es dauerte nicht lange da schwirrten unzählige Lichtkügelchen wild um euch herum. Jauchzend sprangst du auf: „Ace, das ist ja der Wahnsinn!“, triumphiertest du, „Sieh dir das an!“
Verspielt schnapptest du nach einem der Insekten und nahmst es in die Hand. Wirr krabbelte es auf deiner Haut herum und leuchtete dabei wie ein Totenlicht.
„Magst du Leuchtkäfer?“, fragte Ace und schnippte eines der Krabbeltierchen von seiner breiten Brust.
„Als Kind habe ich auf den Landgängen versucht welche zu fangen. Ich mochte ihr Licht.“, lächeltest du, „Ich wollte mir aus ihnen eine Art Lampe basteln, die ich mit aufs Meer nehmen konnte. Hat nie geklappt.“
Entzückt lachte Ace erneut auf und sprang vom Felsen: „Sie sind gestorben, richtig?“, fragte er wissend, als er dir die Hand entgegenstreckte um dir vom Stein zu helfen. Etwas melancholisch nicktest du.
„Tja, Süße, manche Dinge sind eben nicht für ein Leben in Gefangenschaft gedacht.“, grinste er und setzte dir seinen Hut auf den Kopf. Sein Arm um deine Schultern war schwer, als er mit dir davon schlenderte. Ganz normal eben...

Du hattest dir so sehr gewünscht, dass der Weg zurück zur Küste niemals enden würde und als der feuchte Waldboden langsam in den ersten Sand überging, wolltest du gar nicht mehr zur Crew. Du wolltest weg, weit weg… mit Ace! Der Griff seiner Hand auf deiner Schulter verstärkte sich, als euch von weitem das Licht des frischen Lagerfeuers entgegen schien. Die aufgeschlagenen Zelte wurden gespenstisch vom Schein des Feuers angestrahlt, zeichneten sich wie tote, längst verblichene Knochen vor dem blutroten Sonnenuntergang auf dem Meer ab.

Es war still… zu still und es gefiel dir nicht!

Die Entfernung vom Waldrand und dem Lager schrumpfte in abartiger Plötzlichkeit zu ein paar Schritten zusammen.
„Ace, ich… wir!“, stottertest du und griffst panisch nach der roten Perlenkette um seinen Hals, „Lass uns zurückgehen Ace. Ich will das nicht!“
„Das ist es mir wert.“, lächelte er ernst, schob dich hinter sich und lief sehenden Auges in den ersten Schlag...

Leuchtkäferlicht  Verbotene Liebe  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt