35.Kapitel - louis' letters

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"Also ich bin ja immer noch dafür, dass dieser Laden Zum Veganen Karöttchen heißen sollte. Vegan Food Bar klingt viel zu mainstream." Nachdenklich rümpfte Harry die Nase, während er an seinem Heißgetränk mit Mandelmilch nippte. Er konnte es aber auch einfach nicht lassen. "Wir wissen doch beide, wie sehr gerade du auf veganen Mainstream abfährst", zog ich ihn auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Das angenehm weiche Licht der Vintage Glühlampen warf einen fast goldenen Schimmer auf Harrys durch die Jahreszeit erblasste Haut, wodurch es nur noch schwerer war, den Blick von ihm abzuwenden.

"Haha. Wirklich lustig. Es ist echt wichtig, Tieren und der Umwelt zu helfen und nicht einfach nur vegan zu leben wegen des Lifestyles. Glaub mir. Und wenn ich auch so nice Getränke wie einen Zimt-Kurkuma-Latte machen könnte, würde ich auch so ein Geschäft führen und könnte vermutlich alleine vom Kaffeeverkauf leben. Aber dafür bin ich zu untalentiert." Harry zuckte mit den Schultern, wohingegen ich jedoch lediglich auf den Tisch starrte. "Das denkst du vielleicht", entgegnete ich murmelnd. Von ihm erhielt ich keine Antwort mehr, weshalb ich beschloss, das Thema einfach fallen zu lassen.

"Wie sieht es eigentlich mit deiner Weihnachtspost aus? Was schreibt deine Person so? Was für Feedback erhältst du von Schülern? Erzähl mal", forderte ich ihn mit einem kleinen Stupser gegen seinen kleinen Finger motiviert auf. Grübelnd blieben seine Augen auf dem Fleck hängen, an dem ich seine Hand eben berührt hatte. "Also unsere Schwestern lieben das Briefe schreiben. Ich glaube, sie haben schon herausgefunden, mit wem sie da eigentlich Unterhaltungen führen und anscheinend scheinen sie sich gut miteinander zu verstehen. Gemma meinte so etwas in der Art zumindest."

Ich ließ mich zurückfallen auf meiner kleinen Fenstersitzbank, sodass ich meinen Kopf an das kühle Glas lehnen konnte. Eigentlich hätte ich auch schon längst mal mit Charlotte über die Weihnachtspost sprechen sollen. Generell fiel mir auf, dass so etwas wie Quality-Time in meiner Familie in letzter Zeit nicht viel Platz gefunden hatte. Mum war mit ihrer Arbeit und Dan beschäftigt gewesen, was ja auch völlig legitim war, und die vier Zwillinge hatten mich meine übrige Zeit und Kraft gekostet, da natürlich auch sie in der Vorweihnachtszeit bespaßt werden wollten. Aber immerhin hatten mir meine Großeltern so einiges an Arbeit abgenommen und nun hatte ich eigentlich wirklich mal wieder Zeit für die zwei Älteren, die in letzter Zeit wirklich traurigerweise viel auf sich allein gestellt waren. Noch heute würde ich es in die Tat umsetzen, mit beiden etwas schönes zu unternehmen, nahm ich mir vor, als Harry seine Tasse anhob, um einen weiteren großen Schluck seines himmlisch duftenden Getränks zu sich zu nehmen.

"Und die Schüler?", hakte ich neugierig nach. Er runzelte einen Moment lang die Stirn. "Also in den Gängen werde ich morgens schon einige Male darauf angesprochen. Die meisten freuen sich wirklich darüber, jeden Tag mit einem neuen Brief in den Tag zu starten. Und keiner scheint bisher irgendwelche Probleme zu haben. Es läuft wirklich besser als gedacht." Harry war ins Träumen abgedriftet beim Erzählen, auf seinen Lippen lag dieses eine besondere Lächeln, das einem sofort mitteilte, wenn er gedanklich ganz weit weg war. Sein rechtes Grübchen war dabei nämlich besonders präsent. Warum ich so etwas wusste? Frag mich was leichteres.

Mein Herz fing schneller an zu pochen. Harry war wirklich stolz und glücklich über das, was wir geschaffen hatten. "Und was ist mit dir? Was kriegst du so für Briefe? Und wem schreibst du überhaupt, wirst du es mir jemals verraten?", setzte ich natürlich gleich noch obendrauf. Ich musste einfach wissen, mit wem er schrieb und ob er noch mehr Briefe bekam als nur die von mir.

Seine Augen suchten meine, dann versanken sie wieder in fernen Welten, als er zu sprechen begann. Es war unglaublich süß, wie verträumt Harry sein konnte. "Ich hab immer noch keine Ahnung davon, wer mir eigentlich schreibt. Die Person will lieber anonym bleiben, weshalb ich auch nicht unhöflich aufdringlich werden will. Ich meine, du weißt ja, wie neugierig ich bin. Aber ich akzeptiere den Wunsch dieses Schülers, dafür ist er nämlich einfach zu nett."

Ein sanftes Lächeln umspielte meine Lippen, als er so positiv von seinem Briefmatch sprach. Glücklich darüber zu wissen, dass ihn auch meine Worte in geschriebener Form erreichten. Das war sehr schön zu wissen. "Hast du denn gar keine Ahnung, wer es sein könnte?", hakte ich noch ein weiteres Mal unsicher nach. Hoffentlich ging ich ihm nicht langsam total auf die Eier.

"Ne, du. Wie auch? Ich hab nicht mal die leiseste Idee und das nervt mich echt", entgegnete er seufzend. "Aber wer auch immer dieser Schüler sein muss, er oder sie schafft es immer wieder, mich mit Worten zu verzaubern und jeden Tag in der Schule erträglicher zu machen. Und das alleine zeigt doch schon, wie wahnsinnig erfolgreich deine Aktion war, Lou."

Nachdenklich nickte ich und murmelte ein leises "unsere Aktion", während meine Gedanken weiter abdrifteten. Was, wenn Harry wirklich keine Ahnung hatte? Oder vielleicht am Ende dachte, die Briefe seien von jemand ganz anderem, jemand fremden. Dann wäre das alles ganz schön beschissen gelaufen. Immerhin versuchte ich ja im Laufe dieses Monats und Schriftverkehrs meinen Mut aufzubringen, Harry die Wahrheit zu sagen. Wie ich fühlte, in Bezug auf alle Dinge, die wir je untereinander bequatscht hatten. Wie ich gegenüber ihm fühlte. Ich hatte mir vorgenommen bis Weihnachten einen klaren Kopf zu haben, zu wissen, ob ich etwas für Jungs, besser gesagt Harry, fühlen konnte oder nicht. Und so langsam rannte mir die Zeit davon. Oder Harry.

Es brauchte ja nur einer dahergelaufen kommen, der sich vielleicht für ihn interessierte und schon kombinierte Harry die falschen Indizien und landete nicht bei mir als Auflösung. Ob ich vielleicht etwas andeuten sollte?

Gerade öffnete ich meinen Mund um Harry tatsächlich einen kleinen Hinweis zu geben, als er mir zuvorkam. "Wie sieht es denn bei dir aus? Was steht in deinen Briefen so drin?" Augenblicklich bemerkte ich, wie mir die Röte regelrecht in die Wangen schoss, genau wie in die Ohren. Die wurden auch immer als allererstes rot. "Oh oh, ich ahne schlimmes. Bist du etwa nicht zufrieden? Warum hast du denn nichts gesagt?" Harrys Visage wechselte sofort von entspannt zu besorgt, weshalb ich natürlich schnellstmöglich die Situation entspannen wollte.

"Keine Angst, Haz. Es ist eigentlich gar nichts. Ich habe lediglich zu beichten, dass ich bisher nur dazu gekommen bin die ersten paar Briefe zu öffnen und darauf zu antworten. Zu mehr bin ich durch den ganzen Stress einfach noch nicht gekommen. Die liegen alle noch Zuhause rum. Aber heute werde ich sie öffnen und darauf antworten, versprochen."

Harry schien es sichtlich zu entspannen, dass es kein ernsthaftes Problem gab, denn er lächelte wieder ein wenig und nippte weiter an seinem Hafermilchschaum. Und ich nahm mir still und leise vor, jetzt tatsächlich endlich mal die Briefe zu öffnen und darauf zu antworten. Mal sehen, was mich da erwartete.

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Ein bisschen larry-talk als wichtiger Übergang zum nächsten Kapitel, peeps. Ich wollte eigentlich schon gestern updaten, aber dann war ich mit Freunden feiern und es wurde doch später als gedacht - manchmal bin ich echt ein schlechter Planer.

Aber hier ist das neue Kapitel! Habt ihr Wünsche oder Anregungen für den weiteren Verlauf? Immer her damit x

All the Love. Lilly x

Love Me Like Christmas (larry stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt