50.Kapitel - on a mission

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Paradox, wie schnell das Leben sich um 180 Grad wenden konnte. Womöglich hätte alles anders kommen können. Vielleicht würde ich mich jetzt aufgrund einer anderen vorausgegangen Fügung meines Lebens mit meinen engsten Freunden, einem mich liebenden Freund und einer intakten Familie  auf das immer näher rückende Weihnachtsfest einstimmen. Es könnte aber genauso sein, dass ich durch und durch in irgendwelche Schulaktionen oder auch Prüfungsstress involviert wäre. Hätte hätte Fahrradkette. Zum Teufel mit irgendwelchen Spekulationen. Fakt war, dass ich mutterseelenallein wie der größte Idiot auf dem städtischen Weihnachtsmarkt rumstand und lustlos auf Schokofrüchten herumkaute, weil ich auch nicht wirklich wusste, wo ich meinen ganzen Frust sonst hin packen sollte. Perrie und Jade waren zur Zeit jedes Wochenende auf einem anderen Winter-Wonderland-Dreamdate und Liam und Zayn verbrachten jede freie Sekunde damit für die letzten Prüfungen des Semesters zu büffeln. Grimshaw war Grimshaw und vermutlich täglich in einem anderen Bett unterwegs und Niall futterte sich höchstwahrscheinlich durch die Plätzchen-Variationen seiner Mutter und Großmutter.

Nun, von Harry hatte ich seit einer geschlagenen Woche kein einziges Wort mehr gehört. Das könnte daran liegen, dass ich seine Nummer erst blockiert, dann gelöscht hatte und in der Schule mittlerweile ein Meister des Versteckens und schnellen Verschwindens geworden war. Ein Schmarrn, ich war ein herzloser Feigling, nicht mehr und nicht weniger. Anstatt mich auf das einzig Gute in meinem Leben zu konzentrieren - neben meinen Geschwistern - stürzte ich mich in die Arbeit und das Alleinsein. Täglich hatte ich alle Hände voll zu tun mit irgendwelchen Briefen, die falsch zugestellt wurden oder zusätzlich noch zu verteilen waren und kam ich dann endlich mal aus der Schule heraus, stand Lernen oder Aktivitäten wie Schlittenfahren mit den Kleinen auf dem Tagesprogramm.

Die Zeit verflog also rasend schnell, doch die konstanten Gedanken an Harry blieben. Und dann schien alles stillzustehen, denn der Schmerz, der verging einfach niemals. Das brachte mich nun also hierher, an den Ort, wo alles wohl irgendwie angefangen hatte. Mal wieder war meine Brille vom Punsch beschlagen, doch außer dem Brief, der vor mir lag, war ich gänzlich auf mich allein gestellt. Seufzend betrachtete ich den Bogen in meinen Händen, überflog abermals die Zeilen, die wieder nur mit einem "H." unterzeichnet waren. Die Briefe waren über die vergangenen Wochen über weitaus positiver geworden und offen gestanden hatten diese Person und ich einige angenehme Gespräche geführt. Auch in unserem Schulchat hatten wir bereits miteinander geschrieben und irgendwie war es doch ein wenig tröstlich zu wissen, dass da noch irgendjemand war, den es juckte, was in meinem Leben abging. Klar, meine Freunde interessierten sich selbstverständlich auch für mein Leben, aber im Moment schien auch deren Akku nur für sie selbst zu laufen.

Da tat es einfach der Seele gut, jemanden zum Reden zu haben. Und diese Person hatte ich in H. gefunden. Auch wenn es nicht dieselben tiefgründigen Ebenen wie Harry und meine Konversationen erlangte, fühlte es sich dennoch schön an. Mit meiner Mutter befand ich mich immer noch in einem eiszeitlichen Clinche, was den allgemeinen Umgang Zuhause natürlich nicht gerade einfach gestaltete. Also flüchtete ich so oft es nur ging. Früher wäre mein Weg sofort in die Bibliothek gegangen, aber vor lauter Angst Harry dort anzutreffen, machte ich einen großen Bogen um dieses Gebäude und ging stattdessen meistens einfach endlos lang spazieren. Was wiederum zur Folge hatte, dass ich seit Tagen mit einem konstanten Schnupfen durch die Gegend lief.

Mein Leben war irgendwie wirklich ein absoluter Witz geworden. Wobei, bürgerliches Trauerspiel traf es vielleicht noch ein bisschen besser.

Mit einem weiteren schweren Seufzer ließ ich meine linke Hand mit dem Fruchtspieß sinken und platzierte den achtlos auf einer Serviette, um mit beiden Händen den Brief zu greifen. Gedankenlos strich ich über die Falte in der Mitte, als mein Blick abermals über die ersten paar Zeilen schweifte. "Lieber Louis - wie oft hab ich diese Phrase bitte jetzt in den letzten Wochen immer und immer wieder geschrieben. Aber dir muss es ja ähnlich gehen. Als Anführer dieser ganzen Mission hast du dir bestimmt schon die Finger wund geschrieben."

Wie ein Blitzschlag traf mich die Erkenntnis dieser eigentlich doch so normalen Aussage. Seit bestimmt zwei Wochen hatte ich selbst keinen einzigen Brief mehr geschrieben. Harry Styles hatte seit vermutlich mehr als vierzehn Tagen keinen einzigen Brief mehr per Weihnachtspost erhalten. Und ich war daran schuld. Hinter jedem gottverdammten Menschen dieser riesigen Schule musste ich gefühlt ständig hinterherrennen, damit alle Briefe zu rechten Zeit am rechten Ort ankamen und ich dämlicher Schussel hatte es einfach selbst nicht hingekriegt, meiner Pflicht hinterherzukommen. Ich war also auch was das anbelangte ein dämlicher Hypokrit.

So kam es dazu, dass ich mit abermals beschlagenen Brillengläsern auf der Nase, einem Obstspieß in meiner linken Hand, ein Punsch in der rechten, und definitiv für mein Alter viel zu schwer atmend in eine kleine Buchhandlung reinplatzte und verlegen stammelte: "Ich bräuchte ganz ganz dringend Briefpapier. Und einen Umschlag. Am besten sogar noch einen Stift, aber einen mit schöner Tinte. Haben Sie sowas? Gibt's da noch was? Ich weiß, Sie schließen gleich, aber ich-." Mein verlorener Blick wurde aufgefangen von etwa neun Augenpaaren, die mich allesamt ähnlich aus einem Mix von Verwunderung und Mitgefühl beäugten, sodass ich sehr dankbar für den Temperaturwechsel von Kalt nach Warm war, denn meine Wangen glühten vor Scham, was aber in dieser Situation noch halbwegs natürlich erschien. Anders als mein oberpeinlicher Auftritt, wenn ich den Blicken der Kunden Glauben schenken durfte.

Gott sei Dank erbarmte sich jedoch zügig eine junge Verkäuferin meinerseits und stand mir mit Rat und Tat zur Seite, sodass ich nur fünf Minuten später alles beisammen hatte, was ich benötigte. Und um das Ganze noch zu toppen, hatte sie mir mit einem verschwörerischen Augenzwinkern und Kopfnicken zu verstehen gegeben, dass ich im hinteren Teil des Ladens ein wenig Privatsphäre haben würde. Und so kam es, dass Essen und Trinken längst vergessen waren, alle Utensilien auf einem Tisch vor mir ausgebreitet lagen und ich die ersten Zeilen verfasste.

Ich schrieb und schrieb und vergaß alles um mich herum, vermutlich wiederholte ich mich in meinen Aussagen immer und immer wieder, doch mir war wichtig, nichts auszusparen und einfach alle meine Gedanken niederzuschreiben - ungeschönt und transparent, aber so ehrlich und voller aufrichtiger Gefühle, dass mir das Herz zu zerbersten sollte, weil ich noch nie in meinem Leben so geliebt hatte. Es war genau eine Stunde und 34 Minuten nach Ladenschluss, als die nette Verkäuferin von vorhin mich darauf aufmerksam machte, dass auch sie langsam nach Hause gehen und abschließen müsste.

"Einen kleinen Moment bitte noch, ja? Ich komme sofort nach vorne." Mit einem Lächeln auf den Lippen verschwand sie wieder. Und ich setzte meine letzten zwei Worte unter den Brief, ehe ich ihn im Kuvert verschwinden ließ.

Dein Louis.

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maybe it's all over soon & i'm not ready.

happy end oder nicht, was meint ihr? und worauf hättet ihr nach dieser story bock? ich will unbedingt wieder mehr schreiben, aber kann halt null einschätzen, wie viele von euch aktiv noch hier lesen soo please let me know x

lasst mir gerne eure meinung in den kommis da & ein vote, wenn euch das kapitel gefallen hat x

all the love. l x

Love Me Like Christmas (larry stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt