1

7.2K 139 4
                                    

Ungläubige Seele


Harry saß aufgekratzt an seinem Platz. Es war das erste Mal seit dem Tod von Sirius das er wieder so etwas wie Hoffnung spürte.

Letztes Jahr hatte er jeden zweiten Abend beim Direktor verbringen müssen um etwas über die Horcruxe herauszufinden. Das Ergebnis war jedes Mal gleich Null. Dadurch wurden sowohl Harry als auch Dumbledore immer frustrierter.
Der alte Zauberer war bei jedem weiteren Fehlschlag immer wütender geworden. Als sich dann auch noch rausstellte, dass es sich bei dem Amulett das sie aus der Höhle bargen nur um eine Attrappe gehandelt hatte, hatte der Direktor völlig die Nerven verloren. Er hatte Harry angeschrien wofür der denn der Auserwählte wäre wenn er es nicht mal schaffte einige läppische Seelenteile zu finden. Dabei war es der Direktor der die Idee mit der Höhle hatte.
Harry hatte zurückgebrüllt, er hätte nie um die Rolle des Helden gebeten und er glaubte auch nicht an die Prophezeiung. Vor allem weil sie von einer Frau stammte, die heute nicht mal das Wetter von gestern vorhersagen könnte.
Dumbledore hatte das nicht auf sich sitzen lassen. Vor allem weil Harrys Aussage bedeuten würde, dass der alte Mann einen Fehler gemacht hatte als er der Wahrsagerin geglaubt hatte. Er hatte dem Jungen sogar auf den Kopf hin zugesagt, dass es Severus Snape war, der den Inhalt der Prophezeiung an Voldemort verraten hatte. Um so überraschter war der Alte als Harry nicht vor Zorn auf den Tränkemeister zum Berserker geworden war.
Seitdem waren die Zusammentreffen mit dem Mann eine einzige Qual gewesen. Dumbledore hatte keine Gelegenheit ausgelassen dem Jungen zu sagen, dass sein einziger Daseinszweck die Vernichtung Voldemorts sei.
Harry wollte aber kein Mörder werden. Wodurch der alte Zauberer noch aggressiver wurde.
Als der Junge seinen Freunden von Dumbledores Besessenheit erzählte fiel Ron ihm in den Rücken. Auch er war der Meinung Harry wäre für ihrer aller Wohl da. Was wäre schon ein Mord, wenn er dadurch alle retten könnte? Und wenn Harry dabei selber sein Leben verlieren würde wüsste er wenigstens, dass er das richtige getan hatte.

Zu diesem Zeitpunkt war für Harry eine Welt zusammengebrochen. Er hatte eigentlich gedacht, dass nach der Katastrophe im vierten Jahr alles wieder gut war zwischen ihm und Ron. Aber scheinbar hatte er sich da geirrt. Zum einen war Ron immer noch eifersüchtig auf Harry der nun zum Retter einer ganzen Welt aufgestiegen war. Schon wieder.
Im fünften Jahr war das noch kein Problem niemand wusste von Harrys Rolle in diesem Krieg jeder hielt ihn für einen Lügner. Und das brachte den Rothaarigen die Rolle des treuen Freundes der den schwachen half ein. Dazu trug auch sein Abzeichen als Vertrauensschüler bei. Plötzlich war er mehr Wert als der Junge-der-lebte. Und dieses Wissen gefiel Ron. Auch, dass er ihn vor der bösen Ministeriumsangestellten in Schutz nehmen konnte machte ihn plötzlich wichtig.
Aber nachdem alle wussten, dass Voldemort wieder da war blickte wieder jeder auf Harry. Das wurmte den Weasley extrem. Deshalb hatte er sich von seinem Freund losgesagt.
Sollte der doch sterben. Er hatte Harry sogar an den Kopf geworfen, dass Snape schon richtig lag wenn der sagte, das der Grünäugige nur Aufmerksamkeit wolle.

Seitdem sprachen die beiden nicht mehr miteinander. Und auch die Beziehung zu Hermine war deutlich abgekühlt. Das Mädchen konnte nicht ständig zwischen den Stühlen sitzen. Und da sie in Ron verliebt war, hatte sie sich für diesen entschieden. Etwas das den Jungen ein ungemeines Triumpf-Gefühl bereitete. Dachte er doch auch Harry wäre in Hermine verliebt. Nun, dem war nicht so. Dennoch tat Harry die Trennung von seinen zwei ersten Freunden weh. Aber er konnte Hermine irgendwie schwerer einen Vorwurf machen als Ron. Sie hatte sich wenigstens aus Liebe gegen ihrer beider Freundschaft gewandt. Bei dem Rothaarigen war das anders gewesen. Es war der blanke Neid der zu dem Zerwürfnis führte.

Die Gerüchte die daraufhin durch das Schloss geisterten machten es Harry noch schwerer sich auf seine ihm auferlegte Aufgabe zu konzentrieren. Von der einen Seite wurde er bemitleidet, von der anderen runter gemacht. Und wieder andere teilten die Meinung von Ron. Auch sie waren der festen Überzeugung Harry müsse für sie alle kämpfen. Darunter auch einige Lehrer.
Remus, der Einzige von dem Harry sich sicher gewesen wäre, dass er auf seiner Seite wäre, war verschwunden. Das heißt, nicht ganz. Der Werwolf meinte lediglich er bräuchte Zeit für sich allein. Jetzt wo auch Sirius gestorben war, war niemand mehr von seinem alten Rudel übrig. Damit müsse er sich erst abfinden.
Harry vermutete, dass der eigentliche Grund für Remus' Rückzug Wurmschwanz war. Der Zauberer, der für die ganze Misere verantwortlich war. Remus wollte den Verräter finden und sich rächen. Der junge Gryffindor konnte ihm diesen Wunsch nicht verübeln. Auch wenn er selber niemals jemanden töten könnte. Nicht mal Voldemort. Bei einem Werwolf dessen Rudel vernichtet wurde sah das wohl anders aus.

Also hatte Harry wieder damit angefangen sich alleine um seine Probleme zu kümmern. So war es ja auch schon bevor er die Zauberwelt betreten hatte. Damals als er noch keine Freunde gehabt hatte.
Natürlich hatten ihm einige ihre Hilfe dennoch angeboten. Luna, Neville und Ginny zum Beispiel. Aber Harry hatte sie abgelehnt. Nicht weil er ihnen nicht vertraut hätte, aber zu dem Zeitpunkt hatte Harry mit seinem Leben bereits abgeschlossen. Er war sich sicher den Kampf mit Voldemort nicht zu überleben. Was nützte es da also wenn er sich weiter an Menschen klammerte? Es würde ihm die Entscheidung nur noch schwerer machen. Und er durfte nicht an seinem Entschluss zweifeln.
Und so machte er sich wieder auf die Suche nach diesen vermaledeiten Seelenteilen. Dabei zerbrach er selber immer weiter.
Er hatte schließlich mehr Zeit in der Bibliothek verbracht als Hermine.
Die Horcruxe hatte er nicht gefunden, aber dafür etwas anderes. Etwas an das er gar nicht mehr geglaubt hatte.


Aus diesem Grund war er auch so aufgekratzt und glücklich. Er würde niemanden töten müssen und dennoch könnte er den Krieg beenden.
Sein Zaubetränkelehrer sah ihn zum wiederholten Male kritisch an sagte aber nichts.
Das war noch so eine Sache. Harry hatte sich bereits in seinem fünften Jahr in diesen düsteren Mann verliebt. Es war passiert als Umbridge die Lehrer auf ihre Tauglichkeit hin geprüft hatte. Damals war Harry sich nicht sicher gewesen auf wessen Seite er stehen sollte. Darum hatte er sich ausnahmsweise mal für die von Snape entschieden. Und ab dem Moment war es um ihn geschehen.
Harry konnte nicht anders als die Stärke des Mannes zu bewundern mit der dieser sich gegen die Gemeinheiten der pinken Frau stellte. Und dennoch ließ er seinen Frust nicht an den Schülern aus. Zumindest nicht mehr als sonst.
Ab diesem Zeitpunkt hatte der Junge den Mann genauer beobachtet und war ihm immer mehr verfallen. Am Anfang dachte er sich nichts dabei. Die meisten Schüler hatten mal eine Phase in der sie sich einen Lehrer verliebten. Es störte Harry auch nicht, dass es sich bei seinem Objekt der Begierde um einen Mann handelte. Allerdings hatte er durch diese Verliebtheit einige dumme Fehler gemacht. Er wollte alles über den Mann wissen, deshalb schaute er auch in dessen Denkarium. Im Nachhinein war ihm das unglaublich peinlich.
Harry nahm eigentlich an, dass sich seine Gefühle mit der Zeit verändern würden. Das taten sie, allerdings wurden sie noch stärker statt schwächer. Es gab Tage wo er es vor Sehnsucht kaum aushielt. In den Ferien war es besonders schlimm gewesen.
Aber der Junge war sich auch im Klaren darüber das Severus Snape seine Gefühle niemals erwidern würde. Aber zumindest sagen wollte er es ihm.
Und da er heute ohnehin schon auf Wolken schwebte war das der beste Zeitpunkt. Nur vorher musste er noch die Stunde hinter sich bringen. Und das möglichst ohne vor lauter Aufregung die Klasse in die Luft zu jagen.

Harry konnte am Ende des Unterrichts einen einwandfreien Trank vorweisen. Kein Wunder, letztes Jahr hatte ihm Snape sein eigenes Tränkebuch aus der Schulzeit geliehen. Darin waren sehr viele Tipps enthalten. Und so war er mittlerweile auf O Niveau. Das er ihm das Buch gab hatte allerdings ganz eigennützige Gründe gehabt. Harry hatte ab der Sechsten in jedem Fach Zusatzunterricht bekommen. Es sollte ihn auf die Begegnung mit Voldemort vorbereiten. Wofür er dafür Kräuterkunde brauchen sollte war ihm zwar schleierhaft, aber der Direktor hatte darauf bestanden.
Snape hatte sich allerdings geweigert mehr Zeit als im Unterricht mit dem Jungen zu verbringen. Deshalb gab er ihm das Buch. Er sollte lernen und es ihm am Ende des Jahres zurückgeben. Wenn es nichts helfen würde wäre Harry ein hoffnungsloser Fall. Gut, das nahm Harry natürlich als Herausforderung. Und so hatte er sein Können so gesteigert, dass selbst Hermine hinter ihm stand. Das hatte ihm allerdings ihren Neid eingebracht. Sie hatte sich auch bei Dumbledore über die unfairen Methoden von Harry beschwert. Aber der hatte nur die Achseln gezuckt. Für ihn war nur das Ergebnis wichtig.
Und da Harrys Noten auch in diesem Jahr einwandfrei waren konnte Hermine nicht mal mehr behaupten er hätte geschummelt. Sehr zu ihrem Frust. Jetzt waren es schon drei Fächer in denen er besser war als sie. Obwohl, fliegen wurde ja streng genommen nur im ersten Jahr unterrichtet.

Als die anderen Schüler das Klassenzimmer verlassen hatten, stand Harry immer noch in Snapes Räumen.
Er wartete geduldig bis dieser ihm seine Aufmerksamkeit schenken würde. Das der Mann wusste, dass der Junge noch hier war stand außer Frage. Snape war nicht umsonst Spion. Dennoch saß er an seinem Schreibtisch und nahm keine Notiz von seinem Schüler.
Endlich hob er dann doch den Kopf.
„Was ist Potter, haben Sie keinen Unterricht mehr?"
„Nein Sir, für diese Woche ist Schluss." Antwortete Harry respektvoll.
„Und warum sind Sie dann immer noch hier? Haben Sie eine Frage zum Unterrichtsstoff?"
„Nein, Sir. Aber ich möchte Ihnen etwas sagen. Und das wollte ich nicht vor der ganzen Klasse."
Severus legte seine Feder weg und sah den Jungen aus seinen wunderschönen schwarzen Augen an. Je länger er seinen Blick auf Harry ruhen ließ, ohne etwas zu sagen, desto unruhiger wurde der Junge. Er fing an sich die Lippen zu lecken und dann darauf herumzukauen. Außerdem spielte er mit dem Riemen seiner Schultasche und scharrte mit den Füßen. Wenn Snape so weiter machte würde sein Schüler ein Problem bekommen.
Severus hob neugierig die Augenbraue. Dann wies er Harry einen Platz an.
„Na dann. Es muss Sie ja sehr quälen wenn Sie nicht mal mehr vernünftig stehen können."
„Ähm, nicht ganz. Aber es ist mir sehr wichtig", nuschelte der Junge.
Severus seufzte genervt auf.
„Potter, wenn Sie etwas zu sagen haben, dann machen Sie den Mund auf. Ich habe keine Lust die Informationen aus ihrem Genuschel herauszufiltern."
Harry straffte die Schultern.
„Natürlich Sir, Sie haben recht."

Noch einmal atmete Harry tief durch und räusperte sich dann.
„Sir, es ist eigentlich ganz einfach. Aber ich bitte Sie mich nicht auszulachen."
„Das kommt darauf an was Sie mir zu sagen haben", meinte der Lehrer.
Der 17 jährige sah ihn kurz mit zusammengekniffenen Augen an, aber dann nickte er. Fest sah er dem älteren Mann vor sich in die Augen. Die nächsten Worte kamen laut und deutlich.
„Sir, ich liebe Sie."
Zu sagen, Severus war überrascht wäre eine Untertreibung gewesen wie sie das ganze letzte Jahrhundert nicht vorgekommen war.
Der Lehrer hatte beide Augenbrauen hochgezogen, das war allerdings das einzige Eingeständnis seiner Gefühle. Auch wenn es in ihm ganz anders aussah. Er blickte den Jungen vor sich genauer an. Harry Potter war durchaus attraktiv, das stand mal fest. Er war ungewöhnlich schlank, fast schon zierlich was seine geringe Körpergröße noch verstärkte. Außerdem hatte er atemberaubend schöne Augen und dichtes Haar. Auch wenn es aussah als hätte es noch nie einen Kamm gesehen. Und seit er sich endlich eine anständige Brille gekauft hatte, sah auch sein Gesicht hübscher aus.
Jetzt sah ihn der Junge mit hochrotem Kopf und glänzenden Augen an. Er hatte während der ganzen Musterung den Blickkontakt nicht unterbrochen.
Severus lehnte sich vor und verschränkte die Hände auf dem Tisch.
„Mr. Potter, was erwarten Sie jetzt von mir?" Die Frage war brutal, aber dennoch angebracht wie der Lehrer fand.
Harry seufzte.
„Keine Liebesschwüre, falls Sie das dachten. Mir war es einfach nur wichtig, dass Sie über meine Gefühle bescheid wissen."
„Warum?", wollte Severus wissen. Die Frage interessierte ihn wirklich.
Harry lachte humorlos auf.
„Braucht man denn für alles einen Grund? Aber gut. Ich wollte es Ihnen sagen weil ich es nicht ertrage weiter meine Gefühle zu verheimlichen. Das macht mich fertig."
Ganz verstand der Lehrer den Jungen noch nicht. Was bezweckte er damit?
„Potter, Sie haben gesagt, Sie erwarten keine Liebesschwüre von mir. Was auch lächerlich wäre. Aber Sie wollten dennoch, dass ich von Ihren Gefühlen weiß. Ich verstehe Sie nicht, erwarten Sie, dass ich jetzt anfange über Sie nachzudenken? Und das ich irgendwann Ihre Gefühle erwidere?"
Der Junge schüttelte den Kopf.
„Nein Sir, mir ist vollkommen klar, wie Sie über mich denken. Das haben Sie immer wieder deutlich gemacht."
„Was ist es dann? Sind Sie Masochist?"
Wieder lachte Harry, dieses Mal klang es bitter.
„Könnte man meinen, nicht wahr? Nein, ich stehe sicher nicht auf Schmerzen, egal welcher Art. Und ich habe sicher nicht deswegen angefangen mich für Sie zu interessieren weil Sie so gemein zu mir sind."
Man konnte die Bitterkeit und Verzweiflung aus jedem einzelnen Wort hören. Das zeigte Severus, dass der Junge es durchaus ernst meinte. Auch wenn ihm immer noch absolut unverständlich war, warum ausgerechnet Harry Potter etwas für ihn empfinden sollte.

Natürlich hatte Severus bereits Erfahrungen mit verliebten Schülern. Er war lange genug Lehrer, da passierte so etwas zwangsläufig. Jeder der diesen Beruf ausübte musste da mal durch. Einige Schüler waren dabei aggressiver als andere. Er hatte schon Liebesbriefe und Geschenke bekommen. Manche hatten ihn nur heimlich beobachtet. Andere wollten tatsächlich eine Beziehung mit ihm. Da es so etwas wie Jugendschutz in der Zauberwelt nicht gab hätte er nicht mal gegen das Gesetz verstoßen. Eine Tatsache bei der dem Mann schlecht wurde. Allerdings war Severus auch noch nie Gefahr gelaufen sich für einen der Schüler zu interessieren. Und ganz besonders nicht für diesen. Egal ob er nun volljährig war oder nicht.
Aber da war noch was anderes. Er war sich auch sicher, dass der Junge selber es nicht so ernst meinte wie er selber zu glauben schien.

„Potter, ich glaube Ihnen, dass Sie im Moment solche Gefühle für mich hegen. Woher auch immer die kommen? Aber genauso weiß ich auch, dass Sie schon bald darüber hinweg sein werden. Also sollten Sie sich nicht damit quälen."
Eigentlich hatte Severus angenommen, dass damit das Gespräch beendet sein würde. Aber er hatte sich geirrt.
„Wie kommen Sie darauf Sir?" Harry hatte den Kopf leicht schräg gelegt und sah ihn neugierig an.
„Weil es sich dabei nur um eine kleine Verliebtheit handelt. Jeder wird früher oder später mal davon befallen. Bei mir war es zum Beispiel Ihre Mutter. Da war ich allerdings noch wesentlich jünger als Sie jetzt." Severus wusste selber nicht warum er dem Jungen das jetzt gesagt hatte. Aber irgendwie wollte er, dass Potter ihm glaubte. Immerhin war der Kerl für seine Sturheit bekannt.
Harry reagierte allerdings nicht auf die Offenbarung des Lehrers.
„Ich weiß, was eine leichte Verliebtheit ist. Ich hatte sie bei Cho. Aber das hier ist etwas anders."
Severus schnaubte.
„Sie sind ganz schön von sich eingenommen, wissen Sie das?"
„Nein bin ich nicht, ich kenne nur meine Gefühle."
„Erklären Sie das näher. Ich bin gespannt. Sie wären der erste Teenager der zwischen Hormonen und Gefühlen unterscheiden kann."
Das Snape das Ganze wieder ins lächerliche zog gefiel Harry gar nicht. Aber er nahm sich vor, sich davon nicht beeindrucken zu lassen. Er wollte, dass der Mann verstand. Darum ging es in diesem Gespräch ja schließlich.
„Als ich mich in Sie verliebte war ich der gleichen Meinung wie Sie jetzt. Ich habe mir selber immer wieder gesagt, dass es vergehen würde. Ich habe es sogar gehofft. Irgendwann habe ich mich aber mit der Wahrheit abgefunden. Und die ist ganz einfach, ich liebe Sie. Das kann auch die Zeit nicht ändern."
Severus war überrascht von der Überzeugung mit der dieser Junge von seinen Gefühlen sprach. Dafür musste es einen Grund geben.
„Wie können Sie sich da so sicher sein? Was ist passiert, dass Sie glauben was Sie da sagen?"
Harry atmete tief durch. Was jetzt kam war ihm zum einen peinlich zum anderen war er aber stolz darauf.
„Was passiert ist? Eigentlich nicht viel. Nur Zeit ist vergangen. Fast zwei Jahre um genau zu sein. Und an meinen Gefühlen hat sich wie gesagt nur so viel geändert, dass Sie sich verstärkt haben."
Harry sah dem Mann tief in die Augen. Der blickte zurück als hätte ihn der Schlag getroffen.

Severus konnte nicht glauben was er da hörte. Der Junge sollte schon so lange romantische Gefühle für ihn hegen? Das war unvorstellbar. Severus war Spion und Lehrer, er hätte was bemerkt. Nein, das konnte nicht sein. Dieser Bengel verrannte sich da in was.
„Mr. Potter, es mag sein, dass Sie glauben schon so lange für mich zu empfinden. Aber ich denke da irren Sie sich."
„Ach ja? Professor, Sie waren zwar in meinem Kopf und haben meine Erinnerungen gesehen, aber das hatte nichts mit meinen Gefühlen zu tun. Die kenne ich doch wohl am besten!" Man sah Harry an wie wütend er über diese Unterstellung war. Er log nicht, und er bildete sich seine Liebe sicher nicht ein. Auch wenn ihm nie jemand beigebracht hatte was Liebe war so erkannte er sie dennoch.
Severus atmete tief durch. Er beugte sich weiter über den Tisch. Was Harry wieder rot werden ließ.
„Mr. Potter, Sie sind noch so jung. Was wissen Sie denn über die Liebe?"
„Wollen Sie jetzt mit mir philosophieren?", schnappte der Gryffindor.
„Nein, sicher nicht. Ich will Ihnen nur klar machen, dass Ihre Hormone Ihnen einen Streich spielen. Sie kompensieren einfach alles was die letzten Jahre passiert ist auf diese eine Idee. Aber mit wirklicher Liebe hat das nichts zu tun. Dafür sind Sie noch viel zu jung. Was Sie empfinden ist eine einfache Schwärmerei."
Zufrieden mit seiner Erklärung lehnte sich Severus zurück. Er wollte den jungen Mann vor sich sicher nicht verletzen, das wäre lächerlich. Aber er wollte, dass Potter seinen Irrtum einsah. Dann könnte er sich auch wieder auf die wichtigen Dinge konzentrieren.
Es war eine Weile still. Severus war der Meinung, dass sein Standpunkt angekommen war, aber da irrte er sich.

Harry ging beinahe in die Luft. Zwar lachte der Mann nicht über ihn, aber was er tat war schlimmer. Betont ruhig fuhr er deswegen fort.
„Professor, jeder denkt doch ich wäre dazu auserkoren Voldemort zu besiegen?"
„Ich weiß zwar nicht, was der Gedankensprung jetzt soll, aber ja, so ist es. Durch die Prophezeiung ist klar, dass Sie der Einzige sind der den dunklen Lord besiegen kann."
„Ach ja? Darum ist es wohl auch normal, dass ich schon seit ich hier an der Schule bin mit Monstern kämpfen muss. Und das ohne, dass mir großartig geholfen wird? Es ist ja anscheinend für jeden selbstverständlich, dass ich ein zweiter Jesus bin."
Severus verzog das Gesicht.
„Vergleichern Sie sich jetzt schon mit dem Sohn Gottes?"
„Nein, und ich glaube auch nicht an Gott. Nicht bei meinem bisherigen Leben. Aber jeder will von mir, dass ich mich für alle opfere. Oder alternativ, das ich einen Mord begehe." Harry war so unglaublich wütend. Aber er zeigte es nicht. In den letzten Jahren hatte er gelernt, wie wichtig es war eine Maske zu tragen.
„Darum geht es? Weil Sie einen Menschen töten müssen, deswegen führen wir dieses ganze Gespräch? Jetzt verstehe ich auch Ihre sogenannte Liebe. Es ist eine Flucht."
Nun war es aus, Harry schlug auf den Tisch. Sofort hatte er sich aber wieder im Griff. Es würde nichts bringen zu schreien.
„Nein, es ist keine Flucht. Es geht hier um was völlig anderes. Was ich von Ihnen wissen will ist ganz einfach. Denken Sie auch, dass ich in diesem Krieg die Schlüsselrolle spiele? Das ohne mich nichts läuft?"
Severus sah den Jungen eine Weile an. Dann nickte er.
„Ja, Sie sind derjenige der uns entweder den Sieg oder die Niederlage bringt."
Harry lehnte sich frustriert zurück.
„Schön, dass mir hier kein Druck gemacht wird. ‚Rette die Welt, nur dafür bist du am Leben'. Ich kann es nicht mehr hören."
„Ich habe Ihnen schon mal gesagt, dass das Leben nicht fair ist", erinnerte ihn der Lehrer.
„Ich habe nichts von Fairness gesagt. Es geht mir um was anderes. Sie haben gerade zugegeben, dass ich in der Lage bin einen Krieg zu beenden, aber im gleichen Atemzug erkennen Sie mir die Fähigkeit ab Sie zu lieben."
„Ja, weil Sie noch zu jung sind." Wiederholte Severus seine vorherigen Worte. Er wusste schon wieder nicht worauf der Junge hinaus wollte.
„Mit anderen Worten, ich bin alt genug für den Krieg, aber wenn es um etwas anderes geht bin ich für alle immer noch ein Kind."

Es war keine Frage sondern eine Feststellung. Und so wie Harry es gesagt hatte, war ihm die Ironie dahinter sehr wohl bewusst.
Auch Severus merkte so langsam was er seinem Schüler da vorwarf. Aber bevor er noch etwas sagen konnte sprach der Junge schon weiter.
„Jeder einzelne, egal ob Lehrer, Freunde oder sonst wer, für euch bin ich nur dafür gut eure Hintern zu retten. Ansonsten nimmt mich niemand ernst. Und wenn ich von Liebe rede bin ich nur wieder ein Kind das es nicht besser weiß. Aber wenn ich mich dem gefährlichsten Schwarz-Magier der Welt stellen muss, dann bin ich plötzlich der große Held. Und, was noch wichtiger ist, erwachsen."
Harry sah seinen Lehrer traurig an.
Der versuchte zu retten was noch zu retten war.
„Mr. Potter", aber sein Schüler unterbrach ihn schon wieder.
„Bitte, sagen Sie jetzt nichts mehr. Ich will es nicht hören, Sie haben mir Ihre Meinung klar und deutlich gesagt. Jetzt zurück zu rudern würde es nur schlimmer machen.
Aber Sie haben Glück. Ich weiß endlich wie ich den Krieg beenden kann. Und dabei hat mir kein Lebender geholfen. Scheint so als hätten alle recht. Ich bin nur für eines gut."
Harry stand auf und ging zur Tür.
„Mr. Potter!" Severus war aufgesprungen. Was hatte der kleine Idiot jetzt wieder vor?
Harry drehte sich um. Als er dem Blick seines Lehrers sah durchschaute er den Mann das erste Mal.
„Keine Sorge Professor, ich werde nichts dummes tun. Wiedersehen."
Damit verließ Harry den Raum. Er blickte nicht zurück. Er hatte jetzt wichtigeres zu tun.


Dieses Mal wird es nicht so lang. Vielleicht noch zwei oder drei Kapitel.
LG
Eure Shiorinekoi

Nur im Krieg erwachsenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt