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Bestrafende Seele

-Was denkst du, wie lange will er noch in den Kasten starren?- Wollte eine entnervte Nagini wissen.
-Gute Frage, aber es sieht nicht so aus als würde er so bald damit aufhören-, kam die Antwort von Harry.
-Wie lange starrt er das Ding eigentlich schon an?-
Harry zuckte die Schultern und beobachtete seinen Tränkeprofessor weiter.
-Langsam zweifle ich daran, dass es eine gute Idee war, ihm von meiner Vergangenheit zu erzählen.- Seufzte der Grünäugige.
Die Schlange baute sich direkt vor dem jungen Helden auf so, das sie ihm ins Gesicht sehen konnte.
-Dass ist das Einzige das ich nicht in Zweifel ziehe. Es war gut, dass du diesem Sturkopf den Kopf zurecht gerückt hast. Sonst würde er vermutlich immer noch denken, du wärst wie ein Prinz aufgewachsen.-
-Ich verstehe nicht, warum er das überhaupt gedacht hatte? Er kannte Tante Petunia doch schon von klein auf.-
-Menschen ändern sich, Tom ist das beste Beispiel.-
Dem war nur schwer etwas entgegenzusetzen. Warum sollte Professor Snape auch annehmen, dass die Schwester von Lily ihren eigenen Neffen wie ein ungeliebtes Haustier behandeln würde? Oder wie einen billigen Arbeitssklaven? Er war noch ein Baby als er zu den Dursleys kam, da hätten sie den Kleinen doch eigentlich lieben müssen.
-Er sollte langsam damit aufhören, das macht es nicht besser.- Zischte Nagini wütend.
-Sag ihm das.-
-Sehr witzig-, kam es eingeschnappt zurück.
-Du verstehst mich falsch-, beschwichtigte der junge Mann seine Schlangenfreundin sofort. –Ich wollte mich nicht über die Sprachbarriere lustig machen. Ich kann ja übersetzen. Oder, du baust dich vor ihm auf, dann hast du mit Sicherheit seine Aufmerksamkeit. Im Moment scheint er nämlich nicht gerade im Hier und Jetzt zu sein.-
Dem stimmte die Schlange zu. Langsam glitt sie vom Bett.

Severus hatte die Beiden wirklich nicht gehört. Zu sehr hatte ihn die Geschichte seines Schülers zugesetzt. ‚In einem Schrank', ging es ihm immer wieder durch den Kopf. Er kannte keinen, mit Ausnahme einiger Hauselfen, der in einem Schrank leben musste. Der Junge erinnerte sich an keine Zeit in der er nicht in diesem einem Ding gewohnt hätte. Erst der Schulbrief machte es besser. Wenn auch sicher nicht um vieles.
Der Medikamentenschrank, vor dem er gerade stand, hatte laut Harry die gleiche Breite und Tiefe wie sein Schrank unter der Treppe. Nur war dieser hier höher. Aber Severus konnte es sich dennoch gut vorstellen. Er kannte diese Treppenschränke. Darin brachte man Besen, Gerümpel und Putzmittel unter. Aber laut Harry war er ja nichts anderes für seine Verwandten. Unnützer Ballast den man am Besten versteckte.
Eine billige Arbeitskraft an der man seine Wut nach Herzenslust auslassen konnte, das war er für Petunia und ihre Familie. Jeder durfte den Jungen misshandeln wie es ihm gerade passte. Gut, Harry hatte es nicht deutlich gesagt, aber Severus konnte zwischen den Zeilen lesen. Außerdem ergaben nun einige Bilder, die er in ihren gemeinsamen Okklumentik-Stunden gesehen hatte wesentlich mehr Sinn.
Der Junge wurde von seinem Cousin und dessen Freunden öfters mit dem Kopf voran in die Toilette getaucht. Wenn Severus sich richtig erinnerte, dann hatten diese Gören auch noch auf Harry gepinkelt bevor sie so freundlich waren, die Spülung zu betätigen. Mistkerle. Und diese Hundebesitzerin erst, sie ließ ihre Tiere den Kleinen jagen. Und kein Nachbar hatte sich eingemischt als Harry stundenlang auf einem Baum ausharren musste. In der Eiseskälte eines Weihnachtsmorgens.
Und von all dem wusste Dumbledore. Darum meinte er immer zu Severus, der Junge wäre nicht verwöhnt. Ja, so konnte man es auch nennen.
Severus starrte weiter auf den Einrichtungsgegenstand als wäre dieser an allem Schuld.
Bis sich plötzlich etwas vor sein Gesichtsfeld schob. Mit einem Schrei sprang der Lehrer zurück. Fast hätte er seinen Zauberstab gezogen.

„Nagini, verflucht. Willst du mich umbringen?"
Die Schlange wandte sich an Harry.
-Gute Nachricht, er lebt.-
Der junge Mann versuchte vergeblich sein Schmunzeln zu verbergen.
Severus blickte sich zu seinem Schüler um.
„Was hat sie gesagt?"
-Sie hat einen Namen-, kam es zurückgezickt.
Wieder kicherte Harry los.
„Entschuldigung, Professor, Nagini wollte nur, dass Sie aus Ihrer Versunkenheit erwachen. Sie standen bereits über eine halbe Stunde da ohne sich auch nur zu rühren. Unsere Schlangenlady wollte sich vergewissern, dass Sie nicht in eine Art Winterstarre verfallen sind."
Severus wandte sich an Toms Vertraute.
„Ich bin ein Mensch, wir halten keinen Winterschlaf. Aber du hast doch gehört, was Harry erzählt hat?"
Die Schlange nickte.
„Na eben, ich konnte es einfach nicht fassen. Wie kann man so etwas einem anderen Wesen antun? Egal ob Hauself, Mensch oder Tier, dieses Verhalten ist kriminell."
-Da stimme ich dir ausnahmsweise mal zu.-
Der junge Mann seufzte, eigentlich wollte er bei diesem Thema nicht Übersetzer spielen. Aber dennoch tat er es.

Nur im Krieg erwachsenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt