Türchen 15 - Ich Will Weihnachten

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Rammstein Adventskalender - Türchen 15

Ich Will – Weihnachten



Weihnachten steht vor der Tür. Was der berüchtigte Verbrecher Richard Kruspe davon hält? Absolut gar nichts.  Er hat das letzte Mal mit 20 Jahren Weihnachten gefeiert. Sowieso hat er viel zu viel zu tun, das Böse schläft schließlich nie. Auch Mister X wird bestimmt noch zu Taten kommen. Zumindest ist das derzeit der Plan.

Er sitzt in seinem Büro und geht die neuen Drogen- und Waffenbestellungen durch, hakt bei den Listen immer wieder etwas ab. Es ist wirklich ruhig, die letzten Tage schon und heute, an Heiligabend, ist es noch schlimmer. Normalerweise arbeitet er diese Liste im völligen Stress durch, aber jetzt hat er dazu wirklich Zeit und wenn er ehrlich ist, dann stört ihn das. Es ist sogar ziemlich langweilig. Und dann haben auch noch Jukka und Tobi ihm gesagt, dass er nicht in das Wohnzimmer kommen soll. Er versteht gar nicht, was das soll und hat auch nachgefragt, aber sie meinten, dass es eine Überraschung werde. Er hasst Überraschungen.

Nach einer weiteren langweiligen halben Stunde entschließt er sich dazu, eine Weile draußen rumzufahren. Motorradfahren kann er schon mal vergessen, denn es hat geschneit und das nicht grade wenig. Er entscheidet sich also für seinen SUV und macht sich damit auf den Weg in die Berliner City.

Obwohl es grade mal kurz nach fünf Uhr ist, ist es bereits dunkel, als wäre es sonst wie spät. Es ist nicht viel los auf den Straßen, denn die meisten Menschen feiern grade glücklich das Weihnachtsfest. Wahrscheinlich bei gutem Essen und mit der Familie.

           Richard wird schlecht bei dem Gedanken an seine Familie und fährt gradewegs zu einem ganz bestimmten Friedhof. Der einzige Ort, der ihn noch traurig machen kann und den er jedes Weihnachten gerne besucht.

            Mit einer Hand checkt er an seiner Hosentasche, ob er denn auch ein Feuerzeug dabeihat. Er hat nämlich seine Zigaretten zu Hause liegen gelassen und so hätte es durchaus passieren können, dass er keines dahat. Gott sei Dank steckt doch eins in seiner Hosentasche, so kann er gleich eine Kerze anzünden.

Am Friedhof angekommen, parkt er seinen Wagen auf dem verschneiten Parkplatz und steigt aus. Draußen muss er erstmal seine Mütze, die in der Seitentür steckt, aufsetzen, denn es ist doch ziemlich kalt um die Ohren und außerdem hat es wieder zu schneien begonnen.

           Der Schnee knirscht unter seinen Füßen und er hinterlässt tiefe Fußabdrücke. Er ist der einzige Mensch auf dem gesamten Friedhof. Vermutlich würde keiner auf die Idee kommen, an Weihnachten auf den Friedhof zu gehen.

           Er weiß genau, wo er hinwill, den Weg geht er wie automatisch. Schließlich ist er doch relativ häufig hier, nur diesen Monat noch gar nicht.

Er geht den schmalen, zugeschneiten Weg entlang und ist letztlich am alleinliegenden Grab angelangt. Er betrachtet den schwarzen Grabstein, der eine Schneehaube trägt. Langsam streicht er mit den Fingerkuppen den Schnee vom Stein und schließt kurz die Augen.

„Frohe Weihnachten, mein Guter."

           Er nimmt die rote Trauerkerze, macht den Deckel ab und zündet die Kerze an. Danach stellt er die Kerze wieder zurück und macht den Deckel wieder drauf.

„Jetzt hast auch du es etwas warm. Die Flammen meines gefrorenen Herzens, die nur gegenüber dir das Eis zum Schmelzen bringen kann. Sie erwärmt unsere verlorenen Seelen. Fühlst du es auch? Ja, tust du. Ich weiß es, denn ich spüre es. Ich spüre alle Dinge, die uns miteinander verbinden, so wie es schon immer war."

            Ein leichtes Lächeln umspielt die kalten Lippen. Eine gewisse Wärme umgibt seinen Körper und er kann sich ein wenig entspannen. Er versinkt in Erinnerungen, die dennoch keine guten Zeiten waren. Es gab niemals gute Zeiten, bis zu jenem Tag...

Das Klingeln seines Handys lässt ihn zurück in die Realität fallen und er zuckt leicht zusammen. Jedoch fängt er sich schnell wieder, sieht sich zunächst einmal um, ob auch niemand das gesehen hat. Dann nimmt er sein Smartphone aus seiner Hosentasche und nimmt den Anruf von Tobi entgegen.

„Was gibt es?", faucht er seinen Freund an.

„Ganz ruhig, Riccardo. Du kannst... Nein, du sollst jetzt wiederkommen. Unsere Überraschung ist fertig. Kommst du nach Hause?"

„Ja, ich bin gleich da."

             Richard legt wieder auf, verabschiedet sich, in dem er noch mal den Stein tätschelt. Er macht sich auf den Rückweg nach Hause, wünscht sich dabei einen Schneeschieber als Fahrzeug. Muss er sich eigentlich mal merken.

Nach dem er fast einen Unfall gebaut hat, ist er dann auch endlich mal wieder zu Hause angelangt. Er parkt sein Auto in seiner Garage und schließt es nach dem Aussteigen ab. Daraufhin geht er in die Villa.

     

Im Flur, dessen Licht nicht eingeschaltet ist, warten bereits Jukka und Tobi. Richard ist vollkommen verwirrt. Er überlegt schon, ob er einfach wieder gehen soll.

„Was geht hier vor?"

„Ziehe erst einmal deine Schuhe und deine Jacke aus. Dann wirst du schon sehen", meint Jukka nur.

         Richard nickt und tut, was sein finnischer Kumpel ihm gesagt hat.

Als das erledigt ist, verbindet Jukka ihm mit einem schwarzen Bandana die Augen. Richard hat ein komisches Gefühl, lässt aber alles mit sich machen. Sie führen ihn irgendwo hin, er ist grade vollkommen orientierungslos.

           Plötzlich bleiben sie stehen und er wird losgelassen.

„Bist du bereit?", hakt Tobi nach.

„Ja, bin ich", antwortet Richard und das komische Gefühl wird schlimmer.

            Jukka nimmt ihm die Augenbinde ab, dazu sagt er: „Genieß es, Richi."

Richard zeigt sich ein wunderschönes Bild. Das Deckenlicht des Wohnzimmers ist ausgeschaltet, an dem großen Fenster hängt ein gelblich leuchtender Stern, eine weiße Lichterkette schmückt das Filmregal. Auf dem Wohnzimmertisch steht ein Adventskranz mit vier roten brennenden Kerzen. Daneben steht ein ordentlich gefüllter Süßigkeitenteller. Aber das Schönste im gesamten Raum ist definitiv der große, bunt geschmückte Weihnachtsbaum, der den Raum noch mehr erleuchtet und eine gemütliche Stimmung verbreitet. Unter dem Weihnachtsbaum liegen verpackte Geschenke.

          Richard kann nicht anders, als über beide Ohren zu strahlen.

„Wow, dass ist wunderschön. Vielen Dank, Jungs", er umarmt seine beiden Freunde.

„Fröhliche Weihnachten, Richard", wünschen beide, wie aus einem Mund.

„Fröhliche Weihnachten, Jungs."

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