-16-

37 2 5
                                    

Eine halbe Stunde später stand ich vorm Spiegel und betrachtete mich kritisch. Lissandra hatte mich in eine Korsage gezwängt. War eigentlich klar, immerhin war das genau ihr Style. Meiner aber nicht. An ihr solche Sachen unglaublich heiß aus, da sie ihre absolut perfekte Figur betonten. Bei mir war das aber leider nicht so. Ich fand mich für sowas zu dick und hatte eine viel zu kleine Oberweite. "Sie steht dir.", sagte mir Lis von hinten in mein Ohr. Sie hatte mir die Rot schwarzer Korsage mit den auffallenden und auch aufwendigen goldenen Verschlüssen gerade noch geschnürrt. Irgendwie erfüllte es mich aber auch mit Stolz dass ich sowas tragen durfte. Es war alles so fein verarbeitet, hatte aufwendige Muster und fühlte sich wirklich hochwertig an. Leider war sie aber auch dementsprechend schwer. "Naja ich weiß nicht.. Ich hab echt nicht die Figur dazu..", murmelte ich zweifelnd. "Machst du Witze? Schau dich doch mal an!", empörte die Vampirin sich. Seufzend Strich ich über meine Kleidung. Zur Corsage trug ich meine enge schwarze Hose und meine Stiefel. Beide waren zum Glück sogar relativ sauber und heil geblieben. Und ja ich musste zugeben, dieses Outfit hatte schon was. Auch wenn ich definitiv niemand war, der sowas tragen sollte aber irgendwie gefiel es mir doch so ein klein wenig. "So und jetzt lass uns mal gehen die anderen warten bestimmt schon", mit diesen Worten schob sie mich aus der Tür.

Tatsächlich waren die restlichen Vampire schon alle im großen Gemeinschaftsraum, wie ich ihn nannte, versammelt. "Da ist sie ja",begrüßte mich Marcus. Er war das Clanoberhaupt. Glücklicherweise hatten auch wir uns mittlerweile angefreundet. Noch einen Kieferbruch hätte ich nun wirklich nicht gewollt. "Wir mussten sie noch etwas hübsch machen.", meinte Lis schmunzelnd. Der Weißhaarige musterte mich von oben bis unten. "Steht dir. Das solltest du öfter tragen." Ich wurde knallrot. "Ähm danke...", stammelte ich unbeholfen. Komplimente standen für mich wirklich nicht an der Tagesordnung. Es fühlte sich aber unheimlich gut an, auch wenn eine Stimme in meinem inneren mir sagte dass es doch eh nicht ernst gemeint sein konnte. Das waren sie früher nie. Aber die Vampire waren im letzten Monat wie eine Familie für mich geworden, also warum sollte ich an Marcus' Worten zweifeln. "Lasst uns jetzt anfangen.", riss mich Lissandra aus den Gedanken. Marcus nickte ihr zustimmend zu. "Also Samantha", wandte er sich an mich, " du hast bewiesen dass du kämpfen kannst, sowie auch dass du loyal bist. Somit werden wir dich in unseren Clan aufnehmen. Aber bedenke, wenn du diesen Schritt gehst, wirst du dazu verpflichtet sein alles für den Clan zu geben. Auch dein Leben. Dafür wird aber auch jeder von uns seines für dich geben, sollte es dazu kommen." Das waren ungelogen die schönsten Worte, die ich je gehört hatte. Sie bedeuteten dass ich tatsächlich und offiziell ein Teil von etwas werden würde. Und noch viel wichtiger: sie bedeuteten dass ich Leuten wichtig werden würde. Ja natürlich hatte ich in der Vergangenheit Luke. Aber er war alleine und genauso angekettet wie ich. Und hier waren alle frei. Hier hatten somit auch alle wirklich frei entschlossen mich zu mögen. Mittlerweile hatten sich alle übrigen Vampire um uns drei versammelt. "Es wäre mir eine Ehre", antwortete ich lächelnd. "Gibt es irgendwelche Einwände sie aufzunehmen", fragte das Oberhaupt. Angespannt schaute ich mich um, aber keiner regte sich. Erleichterung machte sich in mir breit. Alle waren scheinbar dafür. Ich wurde also aufgenommen. "Dann nehmen wir dich somit in den Clan auf", sagte Marcus feierlich und reichte mir ein kleines silbernes Armband. Es hatte einen kleinen Anhänger auf dem in feinen Linien das Clansymbol eingraviert war. "Normalerweise bekommt man das Symbol tätowiert aber da dir das Probleme bereiten könnte haben wir uns hierfür entschieden.", erklär der Weißhaarige. "Vielen Dank", sagte ich ergriffen und machte es mir um. Sie hatten mitgemacht. Das bedeutete mir wirklich viel. Um uns herum begannen die Vampire zu klatschen. Ein breites Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit. So etwas hatte ich noch nie erlebt. "So und jetzt lasst uns Feiern!", rief Lissandra. Augenblicklich ging Musik an und mir wurde ein Glas voll brauner Flüssigkeit in die Hand gedrückt.

Die nächsten Stunden verbrachte ich damit wild zu tanzen und mich zunehmend zu betrinken. So viel Spaß wie jetzt hatte ich noch nie in meinem Leben gehabt. Als ich mich schließlich erschöpft und ziemlich angetrunken auf eine der Couchen setzte, nutzte ich die Zeit auf mein Handy zu schauen. 'Eine neue Nachricht von Luke' stand da. Hastig steckte ich es wieder weg. So betrunken war ich nun wirklich noch nicht. Ich konnte mich einfach noch nicht mit ihm befassen. Das ging den letzten Monat nicht und wird vermutlich auch noch den nächsten dauern. "Na ignorierst du wieder deinen armen besten Freund", kam es von neben mir. Lis hatte sich unbemerkt neben mich gesetzt. "Ich kann das einfach nicht", nuschelte ich. "Wieso denn nicht?", fragte mich Marcus der plötzlich auf der anderen Seite saß und mir ein Glas Whisky reichte. Dankend nahm ich es und trank ein wenig. Eigentlich sollte ich das lassen. Schließlich wollte ich ja noch irgendwie heimkommen aber wenn ich schon über Lukas reden musste, dann nur mit mehr Alkohol. "Naja",begann ich meine Erzählung, "bevor ich zu euch kam hatte ich nur einen Freund. Lukas. Ich konnte ihm alles sagen, ihm vertrauen, er war immer da. Leider ist er aber genauso angekettet wie ich es bin. Dann hab ich euch kennengelernt und angefangen zu trainieren. Und er durfte dann plötzlich zaubern. Alles lief so gut...und dann hat er mich einfach geküsst. Und naja dann bin ich gegangen und hab mich seitdem nichtmehr gemeldet. Das ist jetzt einen Monat her." Seufzend lehnte ich mich an Lis' Schulter und sah Marcus an.  Die Vampirin legte einen Arm um mich und ehe ich mich versah lag ich mit dem Oberkörper auf ihrem und mit den Beinen auf Marcus' Schoß. "Hab ich das richtig Verstanden: er will mehr von dir du aber nicht und jetzt weißt du nicht was du machen sollst?", fasste er zusammen. "Ich habe keine Ahnung was ich will. Er war immer für mich da und dafür bin ich ihm unendlich dankbar aber ob ich mehr von ihm will keine Ahnung. Wie auch? Ich hab bis auf diesen Kuss auch keine Erfahrung.", gab ich zu und kippte mein Glas runter. "Ach wenns nur an der Erfahrung liegt...", kicherte Lissandra und küsste mich. Vor lauter Überraschung und weil der Alkohol schon mehr als genug Wirkung zeigte, erwiderte ich. Sie küsste mich ausgesprochen sanft und biss von Zeit zu Zeit leicht in meine Unterlippe. Ich dagegen hatte keinen Plan und versuchte einfach mit zu machen. "Genug jetzt Lissi!", hörte ich den lachenden Kerl in unserer Runde und sofort löste sie sich von mir. "Was denn? Sie wollte Erfahrung also bekommt sie Erfahrung.", entgegnete sie. "Oder sie braucht Zeit", meinte Marcus, " wie auch immer er ist dein bester Freund, also wirf ihn nicht direkt weg. " Und damit hatte er verdammt recht. Trotz allem war er derjenige den ich am längsten kannte. Ich beschloss also über meinen Schatten zu springen und ihm zu schreiben. Aber nichtmehr heute. Heute wollte ich nurnoch ein bisschen trinken und mit meiner neuen Familie Spaß haben. Immerhin war das etwas was ich mir schon immer gewünscht hatte. Eine Familie.

———–——————————————
Hey Leute,
Habt ihr Weihnachten gut rumgebracht?
Na was denkt ihr kommt Sam irgendwann mit Lukas zusammen? Oder vielleicht mit Lis?
Ich hoffe euch gefällt das Kapitel!
Schöne Woche 🖤

NephilimWo Geschichten leben. Entdecke jetzt