04 | Hailey Davis

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Love

»Hey Mum«, begrüßte ich meine Mutter, die in der Küche gerade alleine frühstückte und am Handy irgendwas machte.

»Hey Schätzchen!«, lächelte sie und musterte mich. »Wo warst du?« Ihr Lächeln war einzigartig und ihre Augen funkelten so sorgenlos.

»Ach, ich hab nur bei Parker gepennt.«, empfand ich es als unwichtig und setzte mich neben sie. »Und was tust du?«, erwiderte ich lächelnd und widmete einen Blick auf ihr Handy. Sie hielt mit beiden Händen ihr Handy fest und scrollte durch Instagram.

»Nichts besonderes. Ich warte nur auf deine Schwester.« Und da war es. Mein Lächeln erlosch und mein Herz fühlte sich auf einmal so schwer an. Sie wartete immer auf Hailey.

Auf meine kleine Schwester, die nie wieder kommen würde. Nicht heute, nicht morgen, nie wieder. Sie war fort von dieser Welt und hatte sich nichtmal richtig verabschiedet.

Ich schloss meine Augen um meine aufkommenden Tränen zu stoppen. Es tat unheimlich weh an sie zu denken. Sie war der einzige Grund, weshalb ich nicht aus dieser Stadt verschwand.

Sie liebte es hier in Hapeville. Die Landschaft, die Häuser, die Stadt, die Menschen .. sie liebte einfach alles. Durch diesen Gedanken fuhr trotzdem eine Träne aus meinem Auge, die ich blitzschnell wegwischte.

»Ist sie nicht runter gekommen?«, flüsterte ich brüchig und schaute nun ins Gesicht meiner Mutter. Die Verwunderung in ihrem Gesicht konnte man erkennen. »Nein, sie meinte, dass sie noch etwas zutun hat.«, seufzte sie.

»Oh«, hauchte ich und legte meine Hände auf den Tisch. Ich starrte auf diese und sprach nicht mehr mit meiner Mum, oder schaute sie irgendwie an. Sie wartete hoffnungslos auf ihre Tochter und halluzinierte.

Sie sah Hailey in diesem Haus und ihr war nicht bewusst, dass ihre Tochter tot war. Sie sprach mit der Luft und viele erklärten sie als verrückt ab. Aber sie war das nicht. Sie war einfach eine tolle Mutter, die nicht akzeptieren konnte, dass ihre kleine Tochter nun fort war.

»Ich geh in mein Zimmer, okay?«, murmelnd stand ich auf und wollte mich schon auf den Weg aus dem Zimmer machen.

»Dein Vater hat geschrieben.« Regungslos stand ich da und ihre Worte wiederholten sich in meinem Kopf. Nach Monaten meldet er sich wieder, plötzlich.

Ich fing an spöttisch zu lachen. »Was möchte er diesmal von dir? Geld? Zuneigung? Deine Hilfe?«

Mum schüttelte ihren Kopf. »Er möchte dich treffen.« Meine Augen rissen sich auf und perplex fand ich keine Worte. Seit wann wollte er seine Tochter treffen? Wann hatte er sich je für mich interessiert?

»Love«, murmelte Mum. »Gib ihm eine Chance. Er meint es wirklich ernst und möchte dich treffen. Bitte tu es für mich.« Ihre Augen, die mich traurig musterten, waren der Auslöser dafür, dass ich zusagte.

»Okay, nur für dich.«, seufzte ich und ließ meine Schultern fallen. Mum klatschte sich fröhlich in die Hände und schnappte sich ihr Handy, damit sie meinem Vater eine Nachricht schreiben konnte.

In der Zeit verschwand ich aus dem Raum und bewegte mich zu meinem Zimmer. Ich stieg die Treppen hoch und fixierte meine Zimmertür mit den Augen.

Jeden Tag war das eine neue Prüfung für mich. Immer an ihrem Zimmer vorbei zu gehen und so tun als ob nichts wäre. Aber es war zu viel los. Wir hatten sie verloren. Wir lebten ohne sie und taten so, als hätte es sie nie gegeben.

Aber sie war immer da und es gab sie immer. Bis vor einem Jahr .. hätte sie nicht den Herzfehler würde sie mich wieder um Hilfe beten. Sie würde wollen, dass ich mit ihr gemeinsam lerne, dass ich mit ihr, ihr Zimmer aufräume. Dass ich mit ihr Spaß haben sollte.

Till the Death | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt