Lestrade POV

1.1K 81 1
                                    

Nachdem Molly und Sherlock zum Leichenschauhaus aufgebrochen waren, hatte ich mich wenige Zeit später ebenfalls von John und Mrs. Hudson verabschiedet, und war nach Hause gefahren.
"Grace?", rief ich und schloss die Wohnungstür hinter mir.
"Ich bin wieder Zuhause"
Schritte ertönten.
"Wie war der Abend?", fragte Grace lächelnd, als sie den Flur betrat.
"Aufschlussreich"
Ein wenig verwirrt blickte sie mich an.
"Nunja, ich wollte schon lange mit dir reden und ich hätte es wohl nicht vor mir hinschieben sollen.
Aber ich wollte dich nicht verletzen.
Ich wollte ein guter Ehemann sein."
Ein spöttisches Lachen entfuhr mir.
"Doch anscheinend habe ich mir umsonst Vorwürfe gemacht.
Du hast mich die ganze Zeit über angelogen", fuhr ich bitter fort.
"Wenigstens weiß ich jetzt, dass du mich weiterhin mit einem deiner Kollegen betrügst"
Grace' Gesichtszüge entglitten ihr.
"Was...? Aber... woher...?", stammelte sie.
"Das ist nicht weiter wichtig.", unterbrach ich sie schroff.
Meine Wut auf Grace war noch größer als zuvor, jetzt, da ich dieser elendigen Lügnerin ins Gesicht blickte.
"Greg, es tut mir leid...", setzte sie zu einer Entschuldigung an, doch ich schüttelte entschieden den Kopf.
"Wir haben uns nichts mehr zu sagen.
Ich werde die Nacht wo anders verbringen und du kannst schonmal deine Sachen packen"
Mit diesen Worten machte ich auf dem Absatz kehrt und verschwand aus unserer - meiner - Wohnung.
Da ich jedoch nicht genau wusste, wo ich eigentlich hinwollte, lief ich unschlüssig zu meinem Auto und blieb einige Minuten regungslos auf dem Fahrersitz sitzen.
Dann schlug ich wütend auf das Lenkrad.
Wieso war das alles so verdammt kompliziert?!
Und wieso musste so etwas mir passieren?
Womit hatte ich es verdient, dass Grace mich betrug?
Und wie sollte ich bitte Mycroft zurückgewinnen?
Denn mittlerweile hatte ich zu starke Gefühle für ihn, als das ich diese noch leugnen könnte.

Das neue Jahr hatte ich mit dem Vorsatz begonnen, Mycroft zu vergessen, was mir jedoch nicht sonderlich gut gelang.
Aber es wäre ja sinnlos gewesen sich weiter Hoffnungen zu machen, dass er mir noch antworten würde.
Ich hatte ihm bereits mehrmals geschrieben, dass ich ihn nicht einfach aufgeben wollte und dass ich ihn wiedersehen wollte.
Doch er hatte auf keine meiner Nachrichten geantwortet.
Vielleicht sollte ich mich einfach damit abfinden, dass ich mir Mycrofts Interesse nur eingebildet hatte.
Nur wie?
Gedankenversunken blickte ich aus dem Fenster und stellte überrascht fest, dass Sally dort aufgebracht auf Philip einredete.
Seit ich Sherlock wegen der beiden hatte verhaften müssen, hatte sich meine Abneigung ihnen gegenüber verstärkt.
Ihretwegen hätte ich fast meine Stellung beim New Scotland Yard verloren und musste mir zusätzlich zu meiner aktuellen Stimmung auch noch Sorgen um Sherlock machen.
Seit dieser mit John vor der Polizei geflohen war, hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Doch früher oder später würden die beiden wieder auftauchen müssen und dann würden sie gewaltige Probleme am Hals haben.
Probleme, die selbst Sherlock Holmes nicht umgehen konnte.
Ich hätte gerne geglaubt, dass der Consulting Detective einen Plan hatte, doch wie sollte man aus so einer Lage herauskommen?
Ich konnte bloß hoffen, dass sein großer Bruder ihm zu Hilfe kommen würde.
"Greg?"
Ein zögerliches Klopfen lenkte meine Aufmerksamkeit auf die Tür.
"Was ist?!", fuhr ich Sally an, die betreten zu Boden blickte, als sie die Tür öffnete.
"Es hat einen Mord gegeben. Genauer genommen ein Selbstmord"
Sie schluckte und ich merkte, dass irgendetwas nicht stimmte.
Sie schien beunruhigt, irgendwie als würde sie sich verantwortlich fühlen.
"Wir sollen sofort zum St. Bart's Hospital fahren", erklärte sie.
"Warum machen wir uns dann nicht auf den Weg?", fragte ich ungeduldig und schnappte mir meine Jacke.
"Du... kennst die Person"
Es dauerte einige Sekunden, bis ich diese Information verarbeiten konnte.
Ich kannte den Selbstmörder?
"Wer ist es?", fragte ich, als ich im Auto endlich meine Sprache wiedergefunden hatte.
"Wer ist es?! Sally, sag mir, wer es ist!"
Meine Stimme wurde immer lauter, doch Sally antwortete nicht, sondern parkte bloß das Auto.
Ich wollte meine Frage gerade noch einmal wiederholen, da sah ich John, der etwas abseits hinter einer der Absperrungen stand und von zwei Ärzten festgehalten wurde.
Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen.
In dem Moment wusste ich, dass ich nicht noch einmal zu fragen brauchte, um wen es sich bei dem Selbstmörder handelte.

Mystrade - One Call Away (Sherlock)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt