Ein Piepsen reißt mich aus dem Schlaf und sorgt dafür, dass ich hochschrecke. Mein Herz schlägt schnell und ich atme einmal tief aus, als ich einen Blick zum Wecker wage, der auf der TV-Konsole steht.
6.30 am.
Dieses Mal habe ich Glück und habe nicht verschlafen. In letzter Zeit fällt es mir deutlich schwerer, morgens aufzustehen. Die Arbeit sitzt mir in den Knochen und die Erziehung meines kleinen Bruders, der eigentlich gar nicht mehr so klein ist, treibt mich manches Mal an den Rande der Verzweiflung. Ich schiebe meine Bettdecke zur Seite, bevor ich mich auf die Füße stemme. Ich strecke mich und sorge dafür, dass sich alle Knochen wieder an der richtigen Stelle befinden und seufze leise, bevor ich sämtliche Kissen und Decken im Abstellraum in einem der Schränke verstaue, bevor ich mein Bett wieder zu unserer Couch umwandele und ein paar Kissen dekorativ darauf ausbreite.
Die Situation ist bei Weitem nicht perfekt, aber ich bin froh, dass wir letztlich doch noch aus der Bruchbude von Wohnung ausziehen konnten, die Calvin und ich bis vor zwei Jahren noch bewohnt hatten. Zwischen Schimmel und einem Wasserschaden nach dem anderen zu schlafen, war wirklich nicht angenehm, und doch war es die erstbeste Lösung, die ich nach dem Unfall meiner Eltern hervorzaubern konnte, damit wir nicht ganz auf der Straße gelandet wären. Das Vermögen meiner Eltern war klein, aber dennoch haben sie uns Kindern immer das beste Leben versucht zu ermöglichen. Nach ihrem Tod musste ich mein Studium jedoch abbrechen, um mich um Calvin zu kümmern und einen Job zu finden, bei dem ich hoffentlich so viel verdienen würde, dass ich uns über Wasser halten konnte.
Ich binde mir die Haare zu einem unordentlichen Zopf, während ich mich zum Zimmer von Calvin begebe und die Türklinke mit meiner Elle herunterdrücke. Mein Bruder liegt schlafend im Bett. Sein Hand liegt auf seiner nackten Brust und die Decke liegt auf dem Boden. Ich hebe sie auf und lasse sie auf ihn fallen, bevor ich ihn wachrüttele.
»Calvin«, sage ich leise, doch er rührt sich keinen Millimeter. »Calvin!«, rufe ich nun etwas lauter und klatsche meine Hand ein paar Mal auf seine Wange, ehe er grummelt.
»Was willst du von mir?«, nuschelt er und will sich zur Seite drehen. Ich hindere ihn jedoch daran, was ihn dazu veranlasst ein tiefes Knurren auszustoßen.
»Mir geht es nicht gut. Ich bleibe heute zu Hause«, brummt er nur.
Ich schüttele lachend den Kopf, bevor ich ihm das Handy aus der Hand ziehe. Empört sieht er mich an, weshalb ich das Handy in meiner Hand betrachte. Ich halte es mit zwei Finger fest, bevor ich es in meinem Griff hin und her schwingen lasse.
»Du siehst nicht krank aus. Nur, weil du mal wieder bis tief in die Nacht deine komischen Videospiele gespielt hast, bleibst du heute nicht zu Hause. Vielleicht lernst du dann daraus, dass man nachts schlafen sollte.«
»Du bist ätzend, weißt du das?«, brummt er und erhebt sich aus dem Bett. Als er an mir vorbeigeht, schnappt er sich das Handy aus meinen Händen, ehe er sein Schlafzimmer verlässt und im Badezimmer verschwindet. Die Tür fällt mit einem lauten Knallen ins Schloss und ich seufze leise.
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Blinding Lights
ChickLitSeit vier Jahren lebt Hailey Michaels nach einem Schema - arbeiten, schlafen und ganz nebenbei noch ihren kleinen Bruder Calvin versorgen. Spontanität und Spaß sind in ihrem Leben wirklich ein Fremdwort geworden, zumindest solange bis ihre Freundi...