Das Roderick Jodies Gegenwehr nicht kommentarlos hinnehmen würde, war klar gewesen. Den Vorfall mit dem Besenstiel hatte er nur zum Teil unter den Teppich gekehrt und seine eigene Version daraus gemacht. Er hatte behauptet seine Freundinnen wäre duschen gewesen, als Jodie sie angegriffen hatte, völlig grundlos wäre sie durchgedreht. Deshalb hätten sie sich mit den Besenstielen wehren müssen. Dass sie Roderick ins Gesicht geschlagen hatte, hatte er ebenfalls verschwiegen um nicht wie ein Trottel dazu stehen. Doch mit dieser Botschaft hatte er es innerhalb kürzester Zeit geschafft, alle Kinder, mal abgesehen von Carl und Beth, gegen Jodie aufzuhetzen. Jodie versuchte die Gemeinheiten, die man ihr an den Kopf warf oder die Blicke, die man ihr zuwarf so gut es ging zu ignorieren. Sie hatte wichtigeres zu tun, als sich mit so einem Kinderkram zu beschäftigen. Sie schlich sich immer wieder heraus um mit der Armbrust zu üben. Sie gab sich etwa eine halbe Stunde pro Tag, damit es nicht auffiel, dass sie verschwunden war. Und jedes Mal wurde sie besser. Nach etwa zwei Wochen, probierte sie ihre Armbrust das erste Mal an einem Beißer aus. Der erste Pfeil traf seinen Hals, der nächste jedoch in die Stirn und er fiel tot um. Jodie jubelte innerlich. Sie hatte es geschafft.
Dann jedoch überkam sie eine Art Traurigkeit. Man sollte sich nicht freuen, wenn man einen Menschen getötet hatte. Dieser Beißer vor ihr war nicht mehr wirklich ein Mensch, aber er war mal einer gewesen und war nun einfach dadurch erlöst worden, weil sie ihn als Zielscheibe auserwählt hatte. Tut mir leid, dachte Jodie und warf ihm einen traurigen Blick zu, ehe sie die Pfeile aus seinem Körper entfernte. Sie hatte es nun geschafft einen Beißer mit dieser Waffe zu töten. Doch sie ruhte sich nicht auf ihren Lorbeeren aus und trainierte immer weiter.
Ebenso brachte sie Daryl weiterhin Zigaretten, sein Essen und neuerdings auch selbst geschnitzte Pfeile, nachdem sie sich eingeprägt hatte, wie groß seine Pfeile sein mussten. Daryl schien es zwar immer wieder zu verwundern, dass sie so oft zu ihm kam, ihm Sachen brachte oder ihn einfach nur beobachtete, störte sich jedoch nicht weiter dran, da sie selbst ihn auch nicht mit ihrer Anwesenheit störte. Ihn störte es nicht, weil sie ihn eben nicht zu textete, wie vielleicht andere Kinder oder ihn versuchte zu beeinflussen. Sie respektierte ihn in einer Weise, wie es nicht viele taten und deshalb ließ er sie einfach. Ließ es zu.
Doch auch ihm fiel es auf, dass Jodie in letzter Zeit immer häufiger von den anderen Kindern bedrängt wurde. Bisher hatte er sich nicht eingemischt, weil er dachte, dass die Kinder diesen Kleinkram noch unter sich regeln würden, aber mittlerweile war er sich da nicht mehr so sicher. Denn die Blicke und Gemeinheiten häuften sich immer mehr und scheinbar war Jodie schon so seltsam für ihre Mitmenschen geworden, dass keiner der Eltern sich dazu entschloss ihren Nachwuchs mal zurechtzuweisen. Vor allem nicht Rodericks Vater. Der ermutigte seinen Sohn ja fast noch und schien keinen Fehler bei ihm zu sehen.
Es ging Daryl nichts an, aber seltsamerweise merkte er, dass es ihm scheinbar nicht egal war, wenn die anderen Kinder Jodie ärgerten. Ein paar Mal war er schon kurz davor gewesen, aufzuspringen und die anderen Kinder anzubrüllen, sie sollten sich gefälligst um ihren eigenen Scheiß kümmern. Er verspürte so eine tiefe Wut in sich, die er sich nicht erklären konnte, was ihn verwirrte und noch wütender machte.
Vielleicht weil Jodie ihn so sehr an sich selbst erinnerte, als er noch ein Kind gewesen war. Vielleicht aber auch, weil er sich langsam aber sicher an die Gesellschaft des Mädchens gewöhnte. Sie war zwar immer wieder da und ließ sich auch nicht wirklich vertreiben, aber mit ihrer stillen Art, störte sie ihn auch nicht wirklich. Sie war nicht aufdringlich, sondern einfach nur da. Vielleicht suchte sie in ihm einen Beschützer oder einfach nur einen Freund, aber so ganz konnte Daryl sie nicht durchschauen. Aber obwohl er es natürlich nie laut ausgesprochen hatte, wusste er innerlich, dass sie ihm nicht mehr egal war.
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Eigentlich hatte Jodie wieder jagen gehen wollen, aber Carl hatte sie gefragt, ob sie mit ihm und den anderen Kindern auf der Wiese hatte spielen wollen.
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Silent Fighter
TerrorJodie ist erst 13 als die Apokalypse ausbricht. Auch bereits davor hatte sie keine einfaches Leben. Dennoch findet sie nach einigen Monaten ein neues Zuhause in einem Gefängnis, dass nun als neue Gemeinde dient. Doch durch ein traumatisches Ereignis...