Ohne Abschied

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Daryl war beruhigt. Vorerst. Jodie lag nun mit ihm in seiner Zelle, auf seiner Pritsche und schlief. Er hatte sie in seine Zelle getragen und sie dort auf sein Bett gelegt. Jodie hatte nicht allein sein wollen, hatte sich an ihn geklammert. Also hatte er sich schweigend zu ihr gelegt, sie in die Arme genommen. Sie hatte ihr Gesicht in seiner Brust vergraben und die Arme fest um ihn geschlungen. Daryl hatte ihr schweigend über's Haar gestreichelt, sie ebenfalls fest in die Arme genommen. Als sie schließlich eingeschlafen war, presste er sie ein wenig fester an sich. Er hatte Roderick falsch eingeschätzt. Wieder mal. Er hatte unterschätzt, wie grausam ein Mensch, ja selbst ein Teenager sein konnte, nur um zu bekommen, was er verlangte.

Daryl betrachtete Jodie erneut schuldbewusst. Er hatte Cole versprochen, dass ihr nichts passieren würde. Er hatte es Jodie versprochen und außerdem sich selbst. Und dennoch war er eben kurz davor gewesen, sie zu verlieren.

Und er wollte sie nicht verlieren. Niemals. Sie war...

Ja, was eigentlich? Was war Jodie genau? Sein Mädchen. Sein Kind. Das Kind, für das er verantwortlich war, für das er sein Leben mittlerweile geben würde.

Irgendwann war Daryl dann eingeschlafen. Mit Jodie in seinen Armen. Als er ein paar Stunden später von Michonne geweckt wurde, sah er Cole neben ihr stehen. Beide sahen besorgt aus. Auch wenn er in Michonne noch etwas anderes sehen konnte. Überraschung und Zuneigung. Zuneigung darüber, dass er Jodie im Arm hielt. Dass er sich so um sie sorgte. Daryl brummte nur, als er ihren Blick bemerkte, stand leise auf um Jodie nicht zu wecken und folgte den Beiden, wobei er Jodie noch zudeckte.

Nachdem Rick Daryl und Cole, den Vorfall von gestern erklärt hatte, war es ein Wunder, dass Daryl sich nicht sofort auf die Suche nach Roderick und seinem Vater gemacht hatte, um sie in ihre Einzelteile zu zerlegen. Er war so unglaublich wütend und machte seinem Ärger auch deutlich Luft. Sogar der sanftmütige Cole, schien kurz davor zu explodieren.

„Was denkt der Penner sich eigentlich dabei?! Dass das hier ein beschissener Kindergarten ist, wo er sein Revier markieren kann?!", brüllte Daryl.

„Der hätte Jodie umgebracht!", fauchte auch Cole.

„Ich weiß und glaubt mir, ich hätte ihn gestern auch gerne kalt gemacht, aber das hätte nichts gebracht. Deshalb hab ich ihn, seine Freunde und seinen Dad in die Arrestzellen gesperrt. Wir müssen immer noch entscheiden, was wir mit ihnen machen und das geht nur, wenn wir einen kühlen Kopf bewahren", versuchte Rick die Beiden zu beruhigen.

„Und was sollen wir jetzt mit ihnen machen? Sie rauswerfen?", fragte Cole schließlich.

„Da würde mir schon einiges einfallen!", knurrte Daryl.

„Ich weiß, du würdest sie gerne lieber sie lieber umbringen, als rauszuwerfen, aber...", fing Rick an, doch Daryl unterbrach ihn.

„Sie nur rauszuwerfen, wäre noch das mindeste. Wenn es nach mir ginge, würde ich sie gerne aufschlitzen und ausbluten lassen oder ich zeig ihnen einfach mal, wie das ist ertränkt zu werden", knurrte er wütend.

„Glaub mir, Daryl, danach wäre mir auch, aber dann wären wir nicht besser. Und was gibt uns das Recht jemanden zu töten, der jemand anderen töten wollte? Wir sind ja nicht mal sicher, ob er sie wirklich töten wollte oder sie nur brechen wollte."

„Wenn Roderick so was tut, muss er doch damit rechnen, dass Jodie ertrinken kann. Und wenn jemand einen unserer Leute umbringt, stellt er eine Bedrohung da und die Bedrohung muss eliminiert werden", meinte auch Cole Daryl beipflichtend.

Daryl und Rick blickten zu ihm. Dieser Satz klang ganz nach Shane, als es um Randall ging und sie beraten hatten, was sie mit ihm machen würden.

„Dann wären wir aber nicht besser", meinte Rick erneut und Cole seufzte und fuhr sich durch das dunkle rotblonde Haar.

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