Keine Zuflucht

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Alles was in dieser Nacht noch geschah, fühlte sich für Jodie sehr surreal an. Sie hatten Vince und Toby nicht begraben, aber hatten sie nebeneinander gelegt, ihre Augen geschlossen und Tücher über ihre Gesichter gebreitet. Jodie hatte Ashley so gut es ging verarztet und dann hatten sie das Feuer gelöscht und waren weitergezogen. Sie befürchteten, dass der Lärm, den Vince durch sein Gebrüll veranstaltet hatte, noch mehr Beißer angelockt hatte. Da Ashley durch die Wunde an ihrem Bein allerdings sehr eingeschränkt war, schleppten sie sich zu einem nahgelegenen Hochsitz. Ashley schaffte es nur mit Mühe und Not und sehr viel Hilfe von Jodie die Leiter hinauf. Jodie gab ihr ein paar Schmerzmittel, die sie noch hatten und ließ sie danach schlafen, während sie auf dem Hochsitz saß und Wache hielt. Es war kälter geworden. Jodie blickte schweigend vom Rand der Hochsitz auf den dunklen Baumwipfeln und den Horizont.

Stundenlang wartete sie darauf, dass die Sonne aufging. Dass ein neuer Tag anbrach und dieser Alptraum vorbei war. Jodie hatte jetzt wirklich viel darum gegeben, einer ihrer Leute wieder zu sehen. Nicht dass sie Ashleys Gesellschaft nicht schätzte, aber jetzt ein vertrautes Gesicht zu sehen, würde ihr so viel bedeuten.

Beth, die ihr vorsang, oder Judith in den Schlaf wiegte. Michonne, mit ihrem Katana im Hof übte. Carol, mit ihr in der Küche stand, Rick und Carl, die sich im Garten um alles kümmerten, Maggie und Glenn, die nebeneinander auf dem Wachturm saßen, Hershel, der ihre Verbände nach der Prügelei mit Roderick wechselte. Cole, der sie mit seinem Lächeln und seiner charmanten Art immer aufmuntern konnte. Und Daryl...Daryl, wie er mit ihr durch den Wald streifte, seine Armbrust einstellte, an seinem Motorrad schraubte, ihr zeigte wie man Spuren las, der ihr selten ein Lächeln schenkte.

Jodie spürte, wie etwas feuchtes über ihre Wange rann. Erst einen Moment später realisierte sie, dass es Tränen waren. Hastig wischte sie sie weg und sah erneut zum Horizont. Und endlich...

Ganz langsam fing die Sonne an den Horizont hellblau, gelb, orange und rot zu färben, ehe sie sich selbst langsam über die Baumwipfel schob. Ihr Licht verwandelte alle in Gold. Auch Jodies rotbraune Haare glänzten golden im Licht der aufgehenden Sonne. Sie liebte diese Tageszeit. Sonnenauf- und untergang, wenn das Licht alles in Gold verwandelte und einfach nur angenehm warm auf der Haut wirkte.

Hinter ihr regte sich Ashley. Verschlafen schleppte sie sich zu ihr an den Rand und setzte sich neben sie. Ashley legte schweigend einen Amr um Jodie und gemeinsam beobachteten sie den Sonnenaufgang.

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Währen Ashley von dem Hasen, den sie noch übrig hatten aß, untersuchte Jodie die Wunde. Sie hatte aufgehört zu bluten und schien auch nicht entzündet zu sein, allerdings war der Schnitt ziemlich lang und es würde noch einige Tage dauern, bis Ashley das Bein wieder völlig belasten und längere Strecken gehen konnte, da der Stich auch einige Muskeln verletzt haben konnte.

Also war Ashley gezwungen die nächsten Tage erstmal auszusetzten. Jodie kümmerte sich um den Rest. Genau wie damals mit Daryl. Sie ging jagen, besorgte Wasser und einige Kräuter im Wald, von denen sie gelernt hatte, dass sie helfen konnten. Die nächste Siedlung war zu weit weg, als dass sie dort Medikamente hätte besorgen können.

Ashley war klar, dass sie dadurch Zeit verloren, aber Jodie ließ sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Dieser „Terminus" würde ihnen schon nicht davonlaufen. Während Jodie also jagen ging, kümmerte Ashley sich darum, dass der Hochsitz stabil genug für beide war und sie eine Art Aufzug für die Lebensmittel und alles andere bekamen.

Erst am fünften Tag konnte Ashley ohne große Hilfe die Leiter wieder hinabsteigen und fühlte sich bereits zumindest ein paar Kilometer weiter zu gehen. So folgten sie nun wieder den Schienen weiter in Richtung Terminus. Mit jedem Schild, dass sie erblickten, dass ihnen zeigte, dass sie näherkamen, wurden sie optimistischer.

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