L.I.E.S #6

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"Oli?" Alleine der Klang ihrer Stimme ließ etwas in meiner Brust aufblühen, es fühlte sich so an, als ob mein Herz unter Flammen stünde.
Ich drehte mich um und blickte ihr in ihre wunderschönen blauen Augen, die hinter einer großen, dickgestelligen Brille leuchteten.


Es machte mich immer noch Ultra glücklich, wie sie mich Oli nannte und wie schön mein Name aus ihrem Mund klang.

 
"Ja?"

"Hast du die Mail von Frau Neuhaus schon gelesen?" "Nein, welche Mail?" "Die sie gestern Abend geschrieben hat, hab sie auch nur kurz überflogen. Sie hat Neuigkeiten für uns." Besorgnis ließ meine Magengegend krampfen.

"Meinst du, das es was Schlimmes ist?" Katti zuckte mit den Schultern. "Ne, ich denke nicht. Wenn's was Ernstes wäre, dann hätte sie und das sofort gesagt."


Gerade waren wir ziemlich alleine in der Turnhalle. Am anderen Ende saßen Philine und Johanna auf der kleinen Treppe, die zur Bühne hinaufführte und redeten. Ich hatte Katti abfangen wollen, wenn sie hereinkam, was mir zum Glück gelungen ist. Und auch wenn wir nicht alleine waren, regten sich hoffnungsvolle Schmetterlinge in meiner Magengegend. Ihr Lippen sahen einfach so verführerisch aus.. Mit aller Kraft musste ich meine Hand zurückhalten, damit ich sie nicht ausstreckte und sie berührte.


Auch sie sah mich mit intensiven Blick an, der mein Herz höher schlagen und in meinem Kopf tausende Fragen umherfliegen ließ. Was war das hier? Bildete ich mir das ein oder kam sie mir wirklich immer näher? Der letzte rationale Teil, der sich gefühlt immer in Luft auflöste, sobald ich irgendwie in ihre Nähe kam, war endgültig ans andere Ende der Welt verschwunden. Mir wurde ganz warm und ich sog tief Luft ein.

Als hinter uns die Türe aufging und Marlene  und auch der Rest der Truppe reinkam war der Zauber vorbei. Wir traten einen Schritt auseinander und Katti sah nach vorne zur Bühne, wo die Zwei inzwischen aufgestanden und auf dem Weg zu uns waren. Marlene umarmte mich schnell, keuchte ein "Hi" und legte ihr Zeug ab. "Wo bleibt Frau Neuhaus eigentlich?", kam die Frage von Johanna. Ein "Keine Ahnung" von mir, ein Krachen und das Öffnen einer Türe später stand die eben genannte auch in der Turnhalle. Sie hatte eine Menge Zeug im Arm und ein breites Grinsen auf dem Gesicht. (Lel, hab erstmal "Stirn" geschrieben, grüße gehen raus an Marcel xDD)

"Gute Neuigkeiten! Hervorragende Neuigkeiten!" "Was?" kam es von mehreren Leuten gleichzeitig. "Wir dürfen nach den Osterferien aufführen!"

Ein überraschter und zugleich glücklicher Aufschrei fuhr durch die Gruppe. Aufgeregt sah ich von Johanna über Philine zu Marlene, die alle die gleiche freudige Erwartung im Gesicht und wahnsinnige Lächeln auf den Lippen wie ich es haben musste.

Dann glitt mein Blick zu Katti, deren Augen auch leuchteten. Es war wunderschön, wie ihre Mundwinkel sich hoben und ein Lächeln breit ihr perfektes Gesicht zierte. Mein Herz drohte zu explodieren, ich wollte sie einfach nur ganz fest an mich drücken und von ihr geküsst werden.
Nach dem Moment des Unglaubens folgte eine große Gruppenumarmung mit viel erleichtertem und überglücklichem Lachen. Es war, als könnte ich Katti durch Finni, die neben mir stand, hindurchfühlen.
Ich schloss erst Marlene, dann Johanna und dann Philine in den Arm.
So machte ich einmal die Runde und kam bei Katti an. Sie schloss ihre Arme fest um mich und ich wurde sofort von ihrer Wärme und ihrem Duft eingehüllt, als wäre ich in eine andere Welt gezogen worden. Ich erwiderte, mein Lächeln konnte glaube ich nicht mehr breiter werden.
Kam es mir nur so vor oder umarmte sie mich länger als die anderen? Oder war das nur eines meiner verliebten Hirngespinste, wegen derer ich mir wieder völlig aussichtslos Hoffnungen machte?

Eine erfolgreiche Probe später, in der wir den zweiten Akt noch einmal intensiv geübt hatten, packten wir unser Zeug zusammen. Mein Hals tat vom Schreien weh, aber meine Laune war besser den je. Vor der Türe verabschiedeten wir uns voneinander und ich wollte gerade auf mein Fahrrad steigen, als ich Katti neben mir bemerkte. Sofort beschleunigte sich mein Herzschlag und ich schaute sie erwartungsvoll an. "Ist was?", während ich in meinem Kopf für mich das Mantra "bitte lass sie mit mir gehen, bitte lass sie mit mir gehen" betete.
"Hast du noch was vor?", fragte sie mich. Obwohl sie klang wie immer, ein bisschen monoton, glitzerte eine sanfte Emotion in ihren Augen. Bildete ich mir das ein oder war sie aufgeregt

"Nein?", antwortete ich und versuchte verzweifelt nicht wie ein Breitmaulfrosch zu grinsen. Sie lächelte sanft sagte leise: "schön"

Wir gingen eine Weile schweigend nebeneinander her auf dem Weg zur nächsten S-Bahnstation. Man hörte nur die Geräusche der Stadt und das leise Klackern (danke, Márcel für das Wort) meiner Gangschaltung. Irgendwann fingen wir an uns über Theater zu unterhalten.

Als wir gerade den Hügel hinaufgingen und ich leicht unter dem Gewicht meines neuen Fahrrades ächzte, warf mir Katti einen Blick zu. Als wir uns in die Augen sahen, lächelte sie.
Ich konnte nicht wieder nach vorne schauen. Ihre Augen, ihr wunderschönes Gesicht, alles an ihr.. wie könnte ich jemals wegsehen?


Oben angekommen blieb sie stehen. Sie legte ihre Hände neben meine auf den Lenker, wobei ich die weiche Haut ihrer Finger meine vom kalten Wind leicht aufgerauten strich. Verwirrt überließ ich ihr mein Fahrrad. Sie schob es bis an die Wand und stellte parallel dazu, lehnte es an und drehte sich zu mir um.

In ihrem Blick lag etwas anderes als sonst. Sie kam weiter auf mich zu und ich blieb wie angewurzelt stehen.
"Oli..", begann sie leise, "ich wollte dich schon seit Weihnachten ungefähr was fragen, aber irgendwie hat sich die Situation nie ergeben"
Mein Atem beschleunigte sich. Hatte sie es herausgefunden? Was würde sie sagen? Würde sie mich hassen oder würde sie es verstehen? Oder.. der kleine, naive Gedanke füllte jetzt meinen Kopf, liebte sie mich auch?


"Ja?", antwortete ich aufgeregt und widerstand dem Drang einfach die Flucht zu ergreifen.
Katti atmete sichtbar tief ein. "Kann es sein, dass du.. wie soll ich's ausdrücken.. naja, mehr von mir willst als nur Freundschaft?"
Mein Herz rutschte in mir noch unbekannte Gegenden. Schnell schob ich die Idee zu lügen zur Seite. Es würde eh nichts bringen und irgendwann wollte ich es ihr ohnehin sagen.
Also sah ich ihr in die Augen und versuchte keinen kompletten Nervenzusammenbruch zu bekommen. Schnell antwortete ich: "Ja" Sie zog die Augenbrauchen hoch. "Ja, ich empfinde mehr für dich, ich.." Der Rest meines Satzes verschwand im Nichts als sie ihre Lippen auf meine legte und mich sanft küsste.


[1078 Wörter]


  

Oneshots (Youtuber, real life,...)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt