Oneshots (Youtuber, real life,...)

L.I.E.S #8

Heute war es endlichen soweit! Ich habe nach 6 Wochen der Quarantäne und Ausgangssperre Katti wiedergesehen. In Echt dieses Mal, nicht über Bilder, die ich wie eine kleine, kranke Stalkerin auf allen möglichen Plattformen zusammengesammelt hatte. 

Eigentlich war das alles nur aus purem Zufall passiert. Ich wollte in Wirklichkeit nur meine Schwester abholen, natürlich ohne Hintergedanken. Na gut, vielleicht ein paar kleine Hintergedänkchen...
Und dann stand sie auf einmal da. Wie ein Engel mi ihren blonden, seidig aussehenden Haaren, ihrem wunderschönen Gesicht, aus dem blaue Augen leuchteten, bei deren Anblick meine Knie weich wurden und ich sie am liebsten einfach umarmen, küssen und nie wieder loslassen wollte. 

Und eigentlich war das alles wirklich ungeplant und noch immer passte diese ganze Geschichte nicht in meinen verliebten Kopf hinein. Sie stand da und.. lächelte mich an. Und dann.. 

Aber erstmal von vorne. Ich stand vor dem Schultor, weil meine Schwester und ich für nach der Schule einen gemeinsamen Nachmittag geplant hatten. Die Minuten verstrichen und sie tauchte nicht auf. Irgendwann lehnte ich mich und halb setzte ich mich auf eine der steinernen Säulen, die links und rechts von der schweren Holztüre zur Hälfte aus der Wand ragten. 

Ich griff nach meinem Handy, entsperrte es, öffnete WhatsApp und  schrieb meiner Schwester, wo sie denn bliebe. Aus Langeweile fing ich an, die letzte L.I.E. zum gefühlt zwanzigsten Mal zu lesen. Innerlich grinste ich wie ein Honigkuchenpferd. Wie schön es doch wäre, wenn das passieren würde. Theater, meine Freunde und Katti. Ach, wie schön das doch wäre... warum konnte die Schule nicht wieder anfangen und mich in den Teil meines Lebens zurücklassen, den ich so sehr liebte? Ich wollte doch einfach nur wieder in die Schule.. 

Nun folgte der überraschende und auch wunderschöne Teil dieser Geschichte. Denn gerade, als ich die Nachricht meiner Schwester, in der sie mir mitteilte, sie wolle gleich noch für eine Sekunde mit ihrer Mathelehrerin reden, laß, hörte ich meinen Namen; Meinen Namen aus dem schönsten Mund der Welt von der schönsten Person, die es gab, in der schönsten Tonlage, die meine Ohren je wahrnehmen könnte. 

"Oli?" Träumte ich? Ich musste träumen. Ruckartig blickte ich auf. Und dann stand sie da, einfach so. Ich war ganz dezent überfordert mit der Situation. Irgendwie habe ich dann noch ein "Hallo" raus bekommen. Ich schüttelte leicht den Kopf um mich erstmal wieder zu sammeln. Was sollte ich jetzt sagen um nicht komplett lost zu klingen und so, als ob ich gleich in Ohnmacht fallen würde? Wonach sich mein Körper tatsächlich ziemlich anfühlte, aber ich drängte mit aller Macht die Aufregung und unbändige Freude zurück, sodass ich weder brechen noch sie abknutschen würde. "Hi, was machst du denn hier?", fragte sie mich.  " Ähmmm..." gab ich wenig geistreich zurück. Was sollte ich sagen, mein Hirn hatte grade den Geist aufgegeben, na toll. Warum musste mir das genau jetzt passieren? Ok, Oli reis dich jetzt zusammen, dein Crush steht hier vor dir und du musst dich jetzt konzentrieren. Tief durchatmen hörte ich Leonies stimme in meinem Kopf. "Ähm ich wollte eigentlich nur meine Schwester abholen."  "Ach so." Jetzt wurde es irgendwie bisschen unangenehm, weswegen ich schnell ein Gesprächsthema suchte. "Wie läuft es eigentlich mit dem Lernen für's Abi?" "Ja, du kennst mich ja, ich mach mir da jetzt eher weniger Stress. Ich habe ja meinen Plan mit dem Prinzen von Bayern und so." Ich schluckte den Kloß in meinen Hals hinunter. Musste das jetzt kommen? Es wurde wieder ruhig. "Ist schon echt scheiße mit Theater." fing  sie dann nach gefühlten Minuten des Schweigens an. "Ja finde ich auch" antwortete ich etwas unbeholfen. "Ich hoffe wir könne sie nach dem Schulstart doch noch aufführen." fügte ich dann noch schnell hinzu. "Ja wie ich schon öfter sagte, für mich ist das kein Problem" antwortete sie. "Wir müssen halt schaun was die anderen dazu sagen." "Die krieg ich schon irgendwie soweit. Was hast du eigentlich so gemacht in den letzten Wochen" fragte sie mich dann. 24/7 alle möglichen Internet Portale nach Bildern von dir durchsucht, antwortete ich prompt in meinem Kopf. Aber das konnte ich ihr ja nicht sagen. "Ähm, ich hab größtenteils was mit meiner Familie unternommen und mit Freunden telephoniert. Die Schulsachen darf man natürlich auch nicht vergessen. Das war schon echt über dimensional viel in den ersten Wochen, mittlerweile geht es schon echt wieder. Und was hast du so die letzten Wochen gemacht?" Jetzt wurde sie doch etwas verlegen und biss sich leicht auf ihre Unterlippe. Diese Frau macht mich echt fertig. "Ähm... Wenn ich ehrlich bin." sie bricht ab, atmete nochmal tief durch und beginnt dann wieder: "Wenn ich ehrlich bin habe ich sehr oft an dich gedacht" BITTE WAS!! Jetzt drehte ich wohl völlig durch. Hat sie das wirklich grade gesagt. Nein, ich musste mich verhört haben. Aber sie stand da, und blickte mich erwartungsvoll an. Aber was sollte ich antworten. Ja ich denken seit Monaten an dich und krieg dich einfach nicht mehr aus meinem Kopf, nein das klingt zu verzweifelt.

Oder Dinge wie "Oh mein Gott, mir geht es genauso! Ich liebe dich, KattI!" Okay, wir wollten nicht verzweifelt klingen, dann macht "total lächerlich" die Sache auch nicht besser. Also schwieg ich einfach, überfordert, was ich antworten solle. 

"Und... es ist vielleicht wirklich nicht der richtige Platz hierfür, aber ich würde gerne mal etwas mit dir unternehmen. Also zu Zweit. Ich mag dich wirklich gerne und will dich noch besser kennen lernen." Ich starrte sie überfordert an. Ganz unauffällig kniff ich mir in meinen Arm, um sicher sein zu können, dass ich nicht träumte. Nein, ich schien wach zu sein. 

Immer noch wahnsinnig überfordert brachte ich ein "klar, super gerne" hervor und grinste ihr vermutlich richtig dümmlich entgegen. 
Sie lächelte erfreut und trat eine schnellen Schritt auf mich zu. 

Ihre Lippen berührten meine nur ganz kurz, aber trotzdem fuhr ein heißer Schauer durch mich. Ich war unfähig mich zu bewegen, viel zu geschockt blickte ich sie an. Sie küsste mich noch einmal sanft und drehte sich mit einem letzten Lächeln um. Ich starrte ihr nach und betastete meine Lippen vorsichtig. Himmel, was war gerade passiert?