Kapitel 6

3.2K 215 2
                                    

"Ich weiss, wir kenne uns nicht. Doch ich verspreche dir, dass dir hier nichts passiert okay? Du darfst sprechen wann immer du willst und uns natürlich auch in die Augen sehen. Die Situation vorhin mit Zayn tut mir wirklich leid. Er ist eigentlich gar nicht so. Mach dir darum keinen Kopf okay?" flüsterte Harry während er mir sachte durch meine fettigen Haare strich. Ihm schien mein Hygienezustand nichts auszumachen. Noch immer verkrampft nickte ich. Körperkontakt löste schlimme Erinnerungen in mir aus. Harrys Berührungen waren so sanft. So anders. Noch nie hatte mich jemand so berührt. "Ich hol dir erstmal Klamotten von mir und leg sie dir vor die Türe. Komm wenn du fertig bist einfach runter. Ja?" lächelte er mir auch sogleich wieder entgegen. Schnell nickte ich. Mein Körper war mit dieser Situation völlig überfordert. Im nächsten Moment war ich auch schon alleine im Badezimmer. Die Türe hatte Harry beim hinausgehen geschlossen. Wie von selbst glitt mein Körper auf den Boden. Gott, heute morgen saß ich noch auf der Straße und jetzt war ich hier in einer Villa und wurde behandelt wie.. wie, ja wie ein Gast. Mit meinen dreckigen Händen rieb ich über mein Gesicht. Langsam begann ich mich auszuziehen. Zuerst den dreckigen grauen Kapuzenpullover. Danach meine dreckige Jean. Meine Verletzungen machten sich augenblicklich wieder bemerkbar. Zaghaft trat ich vor den Ganzkörperspiegel und betrachtete meinen geschundenen Körper. Scharf zog ich die Luft ein. Der Junge der mir entgegen Blickte war abgemagert und klein. Mein Oberkörper war mit zahlreichen blauen Flecken überseht. Besonders rechts bei meinen Rippen schienen die Flecken bereits schwarz zu sein. Sachte tastete ich besagte Stelle ab und musste sofort zusammen zucken. Verdammt tat das weh. Hoffentlich ist nichts gebrochen. Mein Blick wanderte weiter zu meiner Hüfte. Dort sprang mir sofort die große Schnittwunde ins Auge. Sie eiterte bereits. Gar kein gutes Zeichen. Auf meinen Armen waren zahlreiche Brandnarben aber auch frische Wunden. Ich konnte mich nur zu gut an die Entstehung erinnern, als die Grobiane ihre Zigaretten auf meiner Haut ausgedrückt hatten. Das letzte Mal vor wenigen Tagen. Zaghaft glitt mein Blick weiter zu meinem Gesicht. Hart schluckte ich. Mein Auge war zwar nicht mehr besonders geschwollen, schillerte aber in allen Farben des Regenbogens. Doch das für mich schockierenste, waren meine Augen. Sie wirkten leer. Teilnahmslos. Ich erkannte mich gar nicht wieder. Mit Tränen in den Augen wandte ich meinen Blick ab und stieg schnell unter die Dusche. Immerhin sollte ich Harry nicht zu lange warten lassen.

Vorsichtig tapste ich die Treppe wieder hinunter. Die Kleidung die Harry mir vor die Türe gelegt hatte, war mir um einige Nummern zu groß aber sehr bequem. Der Pullover roch so frisch und trotzdem hatte er eine ganz bestimmte Note, irgendein Herrenparfum. Vermutlich Harrys. Der Geruch gefiel mir, mehr als das. Unten angekommen wurde ich auch sogleich von Harry empfangen. Lächelnd winkte er mich zu sich aufs Sofa. Schüchtern folgte ich seiner stillen Aufforderung. „Du siehst schon viel besser aus" grinsend betrachtete er mich. Darauf senkte ich nur schüchtern den Blick. „Wie geht's dir?" ein Hauch von Besorgnis lag in seiner Stimme. „g....gut" stotterte ich. Ich hasste es zu stottern, doch es passierte mir immer wenn ich nervös war. Wann hatte mich das letzte Mal jemand gefragt wie es mir ging? Das war lange her. „Louis, du weisst, du kannst immer mit mir sprechen oder?" Auch auf diese Frage nickte ich schnell. Dieses Angebot bedeutete mir viel, jedoch konnte ich nicht. Ich hatte schon immer Probleme mich Menschen anzuvertrauen. So auch jetzt. „Komm mit, wir kühlen erstmal dein Auge" damit zog Harry mich vom Sofa hoch. Scharf zog ich die Luft ein. Meine Rippe machte sich sofort wieder bemerkbar. „Alles okay?" fragte Harry auch sogleich besorgt. Doch ich konnte gerade nicht antworten. Zu sehr war ich damit beschäftigt meinen Schmerz weg zu atmen. Daher nickte ich einfach nur. Meine Augen hatte ich dabei fest zusammen gekniffen. Nach ein paar Sekunden öffnete ich die Augen wieder und sofort blickten mir grüne besorgte Augen entgegen. „Wo hast du Schmerzen?" während er fragte wanderte sein Blick über meinen Körper. Doch wieder verneinte ich durch ein Kopfschütteln. Ich kam klar. „Louis!" ertönte plötzlich streng von dem mir noch immer wild fremden Mann. Automatisch zuckte mein Körper zusammen.

StreetboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt