Mittlerweile war es Abend geworden, in wenigen Minuten würden wir zu Abend essen. Doch mir war einfach nur übel. Den restlichen Nachmittag hatte ich mit duschen und weinen verbracht. Langsam hab ich versucht meine Mauer wieder aufzubauen. Niemand durfte sehen, wie es mir ging. Sonst würde ich die anstehenden Stunden gewiss nicht überstehen. Ich hatte mir bereits einen Plan überlegt. Sobald ich mich wieder in einem Heim befand, würde ich einfach etwas Geld aus dem Büro stehlen, damit könnte ich ein Zugticket kaufen. Wohin würde ich spontan entscheiden. Danach würde ich sofort aus dem Heim verschwinden und mich schnellst möglich auf den Weg begeben. Irgendwie würde ich mich durchschlagen und alle Menschen auf der Straße meiden. So konnte ich sicher gehen, keine kriminellen Kontakte zu knüpfen. Es musste einfach klappen. "Louis? Es gibt essen" ertönte von unten. Trotz der Übelkeit begab ich mich nach unten. Mein Blick galt den Boden. Rasch setzte ich mich neben Harry, dort wo ich immer saß. "Mahlzeit" ertönte es von allen, so auch von mir. Ich durfte mir bloß nichts anmerken lassen, nicht das jemand das Jugendamt noch vorwarnte. Dann könnte ich meinen Plan getrost vergessen. Zu essen gab es heute Reis mit Sauce und etwas Fleisch. Doch ich brachte keinen Bissen hinunter. Ich schob das Essen einfach auf meinem Teller hin und her. Meine Gedanken waren so durcheinander. Vergeblich versuchte ich sie zu ordnen. Eine Hand welche sich plötzlich auf meinen Oberschenkel legte, ließ mich zusammenzucken. Ein Blick nach oben verriet mir, dass es sich hierbei um die Hand von Harry handelte. "Alles in Ordnung?" in seinen Augen konnte ich Sorge lesen. Doch schnell nickte ich. "Hab bloß keinen Hunger" log ich und senkte auch sofort wieder den Blick. Das Essen verging schleppend. Doch sofort danach machte ich mich wieder auf ins Gästezimmer, ich würde es bestimmt nicht mehr mein Zimmer nennen. Das war es nun Mal nicht. Die brennenden Blicke, welche mir von den anderen zugeworfen wurden ignorierte ich. In meinem Zimmer angekommen, legte ich mich auch sofort ins Bett. Trotz der dicken Decke fror ich. Und ehe ich mich versah kullerten auch schon wieder Tränen über meine Wangen. Leise weinte ich und hoffte einfach einzuschlafen. Nach etlichen Minuten öffnete sich die Türe. "Louis? Schläfst du schon?" flüsterte Harry. Ich wagte es nicht zu atmen. Ich konnte jetzt nicht mit Harry sprechen, er würde sofort meine geröteten Augen bemerken. Ein Seufzen ertönte und die Türe schloss sich wieder. Er war gegangen, gut so. Den Stich in meinem Herzen konnte ich allerdings nicht ignorieren. Wieso war mir Harry nach so kurzer Zeit schon so wichtig? Dies würde eine lange Nacht werden.
*Harry*
Am nächsten Morgen beschloss ich Louis schon etwas früher zu wecken. So hatte er alle Zeit der Welt um sich auf den Arztbesuch vorzubereiten. Ich machte mir Sorgen. Gestern hat er nichts gegessen. Schlug ihm wirklich der Arztbesuch so sehr auf den Magen? Oder war da etwas anderes? Mit einem leisen klopfen betrat ich sein Zimmer. Anders als erwartet saß Louis bereits fertig angezogen auf dem Bett. "Huch, du bist ja schon wach?" langsam setzte ich mich neben ihm auf das Bett. Louis nickte lediglich und sah mich nicht an. "Louis, was ist los? Du sprichst seit gestern nicht mehr, isst nichts und, hei sieh mich Mal an" sanft nahm ich sein Gesicht in meine Hände. "Und wie es aussieht schläfst du auch nicht viel. Hast du diese Nacht überhaupt geschlafen?" mit entsetzten stellte ich fest das Louis' Augenringe fast so groß wie zu Beginn sind. "Ich möchte da jetzt nicht drüber reden. Lass es uns einfach hinter uns bringen" mit diesen Worten erhob sich Louis vom Bett und steuerte auch sogleich auf die Türe zu. "Louis? Du weißt du musst keine Angst haben? Ich bleib bei dir okay?" mit diesen Worten kam ich ihm näher. "Du bist nicht mehr alleine mit deinen Problemen" doch auch dies schien er nicht hören zu wollen. Mit den Worten "Lass uns frühstücken" verließ er fast schon fluchtartig das Zimmer.
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Streetboy
FanfictionVon der eigenen Familie gehasst landet Louis mit 16 Jahren auf der Straße. Vergeblich versucht er so einiger maßen klar zu kommen. Er möchte nicht kriminell werden oder gar anderen Menschen etwas wegnehmen. Für das ist der zierliche Junge doch eigen...