Lila Möhren und blaugelbe Pilze

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Hinter der Tür verbarg sich ein Raum. Ein Holztisch, mitten in ihm. Da dran standen zwei passende Stühle. An der Seite befand sich eine kleine Küche, mit einem großen Kessel auf einer Feuerstelle. Kleine schwache Lampen erhellten den Raum. Die Wände, an denen die Lampen befestigt waren, waren aus Erde. Fest zusammengedrückt, sodass sie stabil waren. "Setz dich ruhig", lächelte Marill mich an und zog einen der kleinen Stühle zur Seite. Ich krabbelte weiter und als ich mich auf den viel zu kleinen Stuhl setzen wollte, stieß ich mir den Kopf an einem Holzbalken, der die Decke stützte. Schmerzerfüllt zischte ich auf und hielt sofort meine Hand auf die pochende Stelle, an der sich zeitgleich eine Beule bildete.

"Er ist viel zu groß", murrte Eelis. Sie tapste zu einem Schrank, der bis zur Decke reichte. Dort holte sie eine Schale aus Holz heraus. "Ich mache dir jetzt erstmal eine Suppe. Ich hoffe du magst Pilze." Sie lief zu einem anderen Schrank und holte dort ein paar Pflanzen heraus. Ebenso ein paar Pilze, die einen blauen Kopf und einen gelben Stiel hatten. Marill setzte sich mir gegenüber. Sie stützte ihr Kinn auf ihre Hände ab und sah mich mit großen, braunen, funkelnden Augen an. "Die Suppe ist wirklich lecker. Du solltest sie essen. Ich esse sie wirklich gerne." Verträumt sah sie mich an. "Eeli, hast du schon mal einen so bezaubernden Menschen gesehen", fragte sie dann an den anderen Troll gewandt. Eelis zerhackte gerade ein paar lilane Möhren. "Der Junge ist ängstlich genug. Mach ihm nicht noch mehr Angst. Sonst bekommt er noch Albträume." Sie schmiss die Möhren in den großen Kessel.

Marill sah kurz zu Eelis, dann aber wieder zu mir. Ich hatte keine Angst vor den beiden. Ich war nur misstrauisch und vorsichtig. Sie wirkten für mich eher friedlich. Etwas grob und frech, wenn ich sie so beobachtete. Aber es schien, als wären sie einer der wenigen im Wald, denen man etwas trauen konnte. "Hast du einen Namen?", fragte Marill. Ich nickte. "Patrick." Marill fing an zu kichern. "Was ein schöner Name. Oder Eelis?" Marill seufzte verliebt und blinzelte mit ihren langen Wimpern.
Beschämt rutschte ich auf meinen kleinen Stuhl und machte mich kleiner. "Wie bist du in den Wald gekommen?", fragte Eelis jetzt. Gerade schnitt sie ein paar Kräuter und warf sie nach und nach zu den Möhren in den Kessel.

Ich schwieg einen Augenblick. Sollte ich ihnen alles erzählen? Dem Wesen aus dem Wasser musste ich nichts erzählen. Nestis wusste von allem, was mir passiert war.
Daher entschied ich mich dazu, ihnen zu erzählen, was passiert war. Über meine Freunde jedoch, schwieg ich.
"Ich wollte mir den Kältewald aus der Nähe ansehen. Gerade, als ich wieder gehen wollte, kamen drei große, ich weiß nicht genau was die waren. Aber es waren riesige Wölfe und sie trieben mich in den Wald." Ich schauderte bei der Erinnerung, an die großen Tiere und dessen markdurchddingenden Knurren.

"Die Schwarzwölfe." Marill schlug mit ihrer Hand auf den Tisch. Eine Vase, die auf ihm stand, sprang kurz in die Höhe. "Und dann bist du in Timertus griffel gekommen?", fragte Eelis. Ich sah zu ihr und nickte. Sie stand auf einem Schemel und rührte mit einer langen Kelle im Kessel herum. Mit beiden Händen musste sie die Kelle festhalten, um die Suppe in schwung zu bringen. Es roch schon sehr gut. "Gut, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren." "Sonst hätte er dir dein Verstand ausgesaugt", ergänzte Marill die Worte von Eelis. "Das macht er bei jedem Menschen, der sich in den Wald verirrt. Timertus, ein ganz schlimmer Elf. Eigentlich sind die Elfen ein friedliches Volk", erzählte Eelis. "Und so wunderschön." Marill seufzte laut und ließ sich verträumt weiter runter sinken. "Doch manchmal, da gibt es schwarze Schafe. Deshalb hat der Elfenkönig, der König des Waldes, ihn aus seinem Reich verbannt, in die tote Zone." Eelis warf bei ihrer Erzählung ein Pulver in die Suppe. Wie kleine Explosionen, pocherte es im Inneren des Kessels.

"Die tote Zone?", fragte ich neugierig. "Ja. Der Wald ist nicht überall so finster. Nur am Rande des Waldes. Vor tausenden Jahren wurde ein Schutz von einem Hexer über den Wald gelegt. Damals wollten die Menschen ihn abholzen. Ihn zerstören. Sie wollten das Tal nutzen, um eine riesige Burg zu errichten. Wir alle wären dabei gestorben." Plötzlich kippte die Stimmung. Marill seufzte. "Wir beiden sind die letzten Trolle, die den damaligen Kampf überstanden haben. Der Wald hasst die Menschen. Deshalb schickt er die Schwarzwölfe, um die Menschen, die ihm zu Nahe kommen, in den Tod zu schicken. So wie der Wald einst in den Tod geschickt werden sollte." "Aber eigentlich ist der Wald wunderschön", versuchte Eelis wieder gute Laune in das Gespräch zu bringen.
Dann ließ sie die Kelle los und stieg von ihrem Schemel. Sie tapste zu einem weiteren Schrank und holte tiefe, braune Teller heraus, die selbstgemacht aussahen. Noch dazu hölzerne Löffel. Alles stellte sie auf den Tisch. Marill legte sofort alles ordentlich hin. Ein Teller vor sich, einen vor mich und den letzten an die Seite des Tisches. Dort, wo kein Stuhl stand.

"Wir Leben am Rand des Zauberwaldes. An den lebenden Kern. Es ist so wunderschön. Wenn du ausgeschlafen hast, können wir dir gerne alles zeigen." Wieder blinzelte Marill verliebt in die Luft. Eelis stellte die große Schüssel, die sie vorhin aus dem Schrank genommen hatte, voll gelber Suppe, auf den Tisch. Klirrend sprangen Vase, Teller und Löffel in die Luft und landeten wieder auf dem dunklen Holz des Tisches. "Eine Kelle für Patrick." Sie tat mir etwas auf. Ich bedankte mich. "Eine für mich. Und zwei für unsere Fressmaschine." Nun tat sie auch Marill etwas auf, der schon das Wasser im Mund zusammenlief. "Endlich." Kaum hatte Eelis die Kelle zurück in die Schüssel gelegt, löffelte Marill los. Schmunzelnd beobachtete ich den Troll, wie sie sich eine Löffel nach dem anderen in den Mund stopfte.
"Wo sind deine Manieren, Marill? Wir haben einen Gast." Eelis schüttelte den Kopf. Marill sah mich entschuldigend an und aß dann, langsam und gesittet, weiter.

Nun nahm auch ich meinen Löffel und tunkte ihn in die gelbe Pampe. Sie dampfte vor sich hin, roch gut. Ich pustete leicht und nahm dann den Löffel in den Mund. Noch nie hatte ich etwas Vergleichbares gegessen. Es schmeckte sehr Intensiv nach Pilzen. Aber auch etwas säuerlich. Im Nachgang hatte das ganze eine süßliche Note. "Das ist sehr lecker", sagte ich an Eelis gewandt. Ihre grünen Wangen wurden intensiver in ihrer Farbe. "Danke." "Ich sage doch, dass die Suppe einfach nur lecker ist!" Marill grinste über beide Ohren hinweg und zeigte dabei ihre Keilerzähne.
Ich nickte schmunzelnd. Die Trolle waren wirklich zwei lustige und freundliche Geschöpfe, die anscheinend sehr gut kochen konnten.

Nach dem Essen räumte Eelis den Tisch ab. "Zeig Patrick sein Bett", sagte sie zu Marill, die gleich darauf aufsprang, um den Tisch ging und meine Hand mit ihrer Kleinen griff. "Komm mit." Ich stand auf und stieß wieder mit dem Kopf gegen den Holzbalken. "Mist", fluchte ich. Es war genau die selbe Stelle an meinem Kopf, gegen die ich vor dem Essen auch schon gestoßen war. Marill hielt sich ihre Hand vor den Mund und unterdrückte ein Kichern
"Krabbel lieber", sagte Eelis dann. Ich gehorchte und ging nieder, auf allen Vieren, hinter Marill her.

Sie führte mich durch eine weitere Tür, die sie mit einem Klopfen gegen die erdige Wand zum erscheinen brachte. Hinter ihr lag ein Tunnel, der einen Kaninchenbau ähnelte. "Mitkommen." Marill stolzierte heran. Die Erde an meinen Händen und Knien war Feucht. Wir krabbelten lange. Immer wieder bogen wir ab oder liefen in einer der vielen weiteren Gänge rein. Es war wie ein Labyrinth aus Erdtunneln.
Dann, als wir das Ende eines Tunnels erreichten, schlug Marill wieder gegen die Erde. Es knarrte kurz. Die Erde rieselte leicht herab und offenbarte eine Tür. Marill öffnete sie. "Das Gästezimmer."

Ich sah hinein. Eine niedrige Decke, ein kleines Bett und ein Tisch mit einer Lampe drauf. "Wir haben nie Gäste. Da fällt mir ein. Passt du überhaupt auf das Bett." Marill musterte mich. "Probier bitte."

Ich krabbelte in den Raum hinein und setzte mich auf das Bett. Es war weich. Nur roch es etwas muffig. "Das sieht doch gut aus. Komm einfach zu uns in die Küche, wenn du etwas brauchst. Den Weg hast du dir gemerkt, hoffe ich." Etwas zögerlich sah sie mich an. Ich hatte ihn mir nicht gemerkt. Doch ich nickte. Ich wollte keine weiteren Umstände machen. "Gut, dann bis Morgen." Grinsend verließ Marill das Gästezimmer und schloss die kleine Holztür hinter mich.
Ich war allein, irgendwo unter der Erde im Kältewald und wusste nicht, wie ich je wieder nach Hause kommen sollte.

............

Ein weiteres Kapitel. Hat wieder richtig Spaß gemacht.

Nun brauche ich von euch weitere Wünsche 😊
Habt ihr eine Idee, was passieren könnte? Wollt ihr noch bestimmte Charaktere in der Geschichte haben?
Wie soll der Elfenkönig sein? Wie stellt ihr euch sein Aussehen vor?
Egal, was euch in den Sinn kommt. Schreibt es mir gerne. ☺

Schönen Tag noch 😊

Der Wald der Elfen || KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt