Am Lagerfeuer

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Sonne schien durch das dichte Blätterdach des Waldes. Vögel zwitscherten und ab und an sah man gelbe Mäuse über den Boden huschen. Wir hatten das sichere Zuhause der Elfen verlassen und gingen nun in den Wald hinein. Manuel hatte stetig seine Hand am Griff seines Schwertes. Als könnte jede Zeit Gefahr an der nächste Ecke lauern. "Bleib immer dicht bei mir, ja? Ich will nicht, dass du bei der Sache draufgehst." Manuel sah mich ernst an. "Klar." Kleinlaut senkte ich den Kopf. Es war klar. Ich musste zu Jenafar, mich mit irgendeinem Schutz belegen lassen und dann einen ganzen Wald retten indem ich jemanden ermorde. Mir schauderte es.

"Für dich muss das auch ziemlich verwirrend sein. Ich meine, hättest du je gedacht, dass es uns gibt?", fragte Manuel mich. "Meine Oma hatte ein Buch, wo vieles über den Wald und deren Bewohner steht. Deshalb war ich nicht ganz so verwundert, dass es magische Kreaturen gibt. Aber welche genau, das wusste ich nicht."
Manuel schnaufte auf. "Magische Kreaturen", wiederholte er belustigt. "Wir sind alles andere als Magisch. Wir sind normal, genauso wie ihr Menschen. Nur seid ihr, naja. Ihr seid schwach." Er zuckte mit den Achseln.

"Wir sind auch gute Soldaten!" Eingeschnappt blieb ich stehen und stemmte meine Hände in die Hüften. Manuel lachte. "Ja, und wir sind Magische Kreaturen." Grinsend ging er weiter, mit den Händen am Hinterkopf verschränkt. "Ey!" Schnell lief ich hinter ihm her. Er grinste noch immer und hörte auch nicht mehr damit auf.

Wir liefen lange durch den Wald. Mittlerweile war er grüner und schöner als jeder Wald, in dem ich je war. Satt grüne Moose überwucherten den Boden und wunderschöne Blumen standen am Trampelpfad entlang. Langsam hörte man auch vereinzelt Grillen, die im Gras saßen. Es wurde Abend. Die Sonne ging unter und im Wald wurde es stetig dunkler.
"Wir werden bald einen Schlafplatz suchen", sagte Manuel mir. "Schlafen wir hier im Wald? Einfach so?" Erneut stieg unbehagen in mir auf. Manuel nickte. "Du schläfst. Ich bleibe wach und passe auf dich auf." "Musst du dich nicht auch ausruhen?" Mich wunderte es, dass er die ganze Nacht wachbleiben wollte. "Ja. Aber das kann ich tun, wenn wir angekommen sind."

Somit setzte Manuel seinen Rucksack ab und warf ihn auf den Boden. "Ich mache ein Feuer. In deinem Rucksack ist dein Bett. Bau es dir nahe der Feuerstelle auf. Nachts wird es kälter, je näher wir dem Süden kommen." Er ging in die Hocke und rupfte mit den Händen eine Fläche voll Gras raus, um dort pure Erde zu haben. Ich machte mich währendessen daran einen großen Stoffsack aus meinem Rucksack zu ziehen. "Ist das mein Bett?", fragte ich Manuel, der mich oder den Stoffsack nicht ansah, es aber bejate. Also warf ich meinen Rucksack neben Manuels und versuchte mich daran den Stoffsack auseinander zu nehmen und herauszufinden, wie dieses Bett funktionierte.

Ich fühlte mich wie ein Idiot, als ich minutenlang den Sack hin und her drehte aber nicht verstand, wie er funktionierte. Selbst Manuel war mit seinem Feuer schneller, als ich mit diesem Bett. "Ich helfe dir." Manuel nahm mir den Stoffsack aus der Hand. "Guck." Und warf ihn mit einer schwungvollen Bewegung auf den Boden. Wie von selbst schlug der Sack auf und ein kleines Bett aus Stoff breitete sich auf den Boden aus. Fassungslos sah ich mein Bett an. Dann Manuel, der mich angeberisch ansah. "Danke", murmelte ich dann und ging zu dem Bett, um es näher ans Feuer zu ziehen.

"Hast du Hunger?", fragte Manuel mich. Er hatte sich neben das Feuer auf den Boden gesetzt und schaute zu mir rüber. Im selben Augenblick knurrte mein Bauch. Verlegen grinste ich. "Ich höre, du hast Hunger. Menschen haben immer Hunger." Er zog seinen Rucksack auf seine Beine und holte eine kleine grüne Tüte heraus. "Hier, iss das." Und reichte sie mir.

Ich nahm die Tüte in die Hand und ließ mich dann neben Manuel nieder. "Was ist das?", fragte ich und packte den Inhalt aus. Es waren kleine Teigrollen, die mit einer weißen Creme gefüllt waren. Auf ihnen waren grüne Nüsse gestreut. "Iss einfach. Davon brauchst du nicht viel. Sie stopfen." Zögerlich nahm ich eine der Rollen zwischen meine Finger und biss hinein. Cremig, weich und luftig. Nicht so Geschmacksintensiv wie die Dinge, die ich in diesem Wald schon gegessen hatte. Aber dennoch furchtbar lecker. "Danke", schmatze ich durchaus zufrieden.
Nur flüchtig sah Manuel mir in die Augen, starrte dann aber wieder ins Feuer. "Morgen werden wir in die tote Zone gehen. Nicht lange, da es nur ein Teilabschnitt ist, durch den wir müssen. Sonst ist es ein riesen Umweg, wenn wir außen rum gehen. Dort sind viele böse Wesen, die nur zu gerne unseren Tod wollen." Er nahm einen Stock vom Boden und stocherte in dem schwarzen Holz herum, das so schön in den Flammen knisterte. "Manuel?", fragte ich zögerlich. "Hm?" Er sah noch immer träumend in die Flammen. Ich wollte ihn nicht ständig mit Fragen löchern, die mir durch den Kopf sausten und über die ich mir dauerhaft Gedanken machte. "Wieso ist der Wald so? Wieso bin ich der auserwählte? Lautel hat mir es erklärt aber irgendwie..." Ich seufzte frustriert und biss nochmal von meinem Essen ab. "Du willst die ganze Geschichte hören?", fragte Manuel. Mittlerweile hatte sich der Wald in ein dunkles Schwarz gelegt. Das rote Geflacker des Feuers erhellte unsere Gesichter. "Ich will es endlich verstehen", antwortete ich. So begann Manuel zu erzählen.

"Vor vielen, vielen Jahren, da gab es hier noch keine Menschen in der Umgebung, da lebten wir Elfen mit all den friedlichen Geschöpfen in unserem Wald. Natürlich gab es schwarze Schafe, wie den Hexer, der das Unheil über diesen Wald gebracht hat, um selbst nicht unter den Zwang der Menschen Leben zu müssen. Er wollte den Wald und sich selbst bewaren, vor dem, was die Menschen ihm antun wollten. Damals war es so, dass die Menschen einen Ort gesucht haben, um sich nieder zu lassen. Das Tal, in dem der Wald liegt, wäre ein toller Ort gewesen für ihr Zuhause. Also beschlossen sie den Wald zu zerstören, da sie bleiben wollten und er im Weg war. Die Berge um das Tal schützen diesen Ort und das wussten die Menschen. Doch sie wussten nichts von uns. Sie stießen auf wiederstand. Ein furchtbarer Krieg brach aus. Damals war ich selbst noch ein Kind. Mein Vater starb an den Folgen eines furchtbaren Feuers. Meine Mutter wurde schwer verletzt und starb später an den Folgen der Verletzung." Manuel hielt inne. "Der Hexer hat dann für sich beschlossen, seine ganze Kraft und Magie aufzubringen, um den Schutzzauber über den Wald zu legen. Jeder Mensch sollte Angst vor ihm bekommen. Jeder sollte sterben, der sich reinwagte. Alle Menschen, die zu diesem Zeitpunkt in unserem Wald waren, sind tot umgefallen. Du kannst dir nicht vorstellen wie viele Leichen überall herum lagen." Jetzt seufzte er und sah mich an. "Unser König hat den Hexer aufgesucht, ihn zu rede gestellt. Wir wollten den Schutzzauber nicht. Wir wollten den Wald verlassen dürfen und frei leben. Wir wollten die Kälte nicht und dessen Monster, die mit ihr kommen.
Doch das ging nicht mehr. Der Hexer konnte den Fluch nicht zurück nehmen. Er hat zum König gesagt, dass nur ein Mensch uns retten kann. Wie, das wird er aber nicht sagen. Es hat weitere Jahrhunderte gedauert, bis wir es herausgefunden haben. Jenafar hatte eine Offenbarung. Sie hat dich gesehen. Der Sohn des Mannes, der damals die Zerstörung des Waldes angeleitet hat. Du bist ein Nachfahre und somit unsere Rettung, Patrick. Wir warten seit mehreren von Hunderten Jahren auf deine Ankunft. Das die Prophezeiung endlich wahr wird. Es ist so lange her, dass an unsere Existenz nicht mehr geglaubt wird und wir nur irgendwelche mystischen Kreaturen oder Fabelwesen aus Geschichten sind."

Manuel warf den Stock in das loderne Feuer. "Und jetzt solltest du schlafen. Sonst bist du morgen nicht fit." Er sah mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten konnte. Es war Wut, frust und gleichzeitig Hoffnung. "Das tut mir alles sehr leid", murmelte ich und stand auf, um mich auf mein Bett zu legen. "Was?", fragte Manuel. "Das, was damals passiert ist." Ich legte mich unter eine dünne Stoffdecke, die mich sofort wohlig wärmte. "Gute Nacht", sagte Manuel nur und schaute wieder weg.
Ich hielt noch ein wenig die Augen offen und beobachtete die Flammen und lauschte den Geräuschen des Waldes.

Doch ich konnte nicht schlafen. Auch wenn mir die Müdigkeit in den Gliedern steckte und meine Augen kaum offen blieben. Zu voll war mein Kopf von all den Erlebnissen und Geschichten. Zu belastet waren meine Schultern. Alle hofften auf mich, dass ich nicht versagte. Mein Blick schwenkte vom Feuer ab, zu Manuel. Er hatte die Augen geschlossen und stützte sich auf seiner Hand ab. "Meine Eltern sind auch gestorben, als ich noch ein Kind war", sagte ich leise. Manuels Augen öffneten sich einen Spalt. Er sagte nichts, als würde er warten, was noch von mir kommt. Doch eigentlich wollte ich nichts mehr sagen. Ich wollte ihm nur zeigen, dass wir etwas gemeinsam hatten.

......

Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen.
Ideen, was bei der Reise alles passieren könnte, auf was für Geschöpfe sie stoßen könnten. Schreibt es gerne in die Kommentare, so wie Meinungen über das Kapitel. ^^

Schönem Samstag euch :3

Der Wald der Elfen || KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt