Prolog

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Gelangweilt schaue ich vor mir her, um die wartende Menschenmenge vor mir zu begutachten, die so gut wie jeden morgen ungeduldig in der Schlange des Cafes wartet. Einige unterhalten sich, andere werfen immer wieder einen Blick auf die Uhr und andere machen nichts. So wie ich. Sie stehen da und warten einfach bis sie an der Reihe sind. Als auch ich schließlich vor der Theke stehe und die Verkäuferin dahinter mich freundlich, aber auch abwartend ansieht, räuspere ich mich und presse ein "Einen Kaffee bitte. Schwarz." hervor. An dem so früh morgens schon unterwegs sein werde ich mich wohl nie gewöhnen. Als ich meinen Becher mit Kaffee vor mir stehen hatte, gab ich der Frau hinter der Theke das Geld und verließ mit einem Grummelnden "Auf wiedersehen" den Laden.

Kaffee trinkend ging ich entspannt meinen Weg durch Chicago, bis ich schließlich an meinem heutigen Arbeitsplatz ankam. Leicht schmunzelnd betrachtete ich die Highschool vor mir und erinnerte mich an meiner eigenen Schulzeit. Und diese ist ungelogen gar nicht so lange her wie manche jetzt denken. Ich bin nicht mal wirklich viel älter als die Jugendlichen die hier noch fröhlich aber auch gelangweilt über den Schulhof streiften. Schließlich betrat ich das große Gebäude und fand dank guter Ausschilderung schnell das Sekretariat. Nach meinem klopfen wurde ich freundlich hinein gebeten und fand eine noch ziemlich junge Frau hinter einem schon ziemlich alten Computer wieder. Sie stand auf, setzte ihre Brille ab und lächelte mich freundlich an. "Was kann ich für sie tun, Mister?" fragte sie und ich schenkte ihr ein kleines lächeln zurück. "Ich bin Valentin Hale. Sie müssten mich auf dem Kalender für heute haben" sagte ich ebenso freundlich, auch wenn es vielleicht nur halb so freundlich gemeint war.

"Ach, natürlich. Mister Hale, ja genau. Wenn sie mir bitte folgen würden? Ich begleite sie zu ihrere heutigen Klasse." sagte sie, drängte sich an mir und der Türschwelle vorbei und ging voran, während ich ihr folgte. Schließlich blieb sie an einer Tür stehen, klopfte einmal und steckte sogleich ihren Kopf durch den geöffneten Spalt der Tür. Sie nuschelte etwas, aber davon verstand ich nicht viel. Kurz darauf stand sie wieder vor mir, die Tür ging auf und ein älterer Mann - wahrscheinlich der Lehrer dieser Klasse - trat auf den Flur. Dieser reichte mir freundlich die Hand, die ich ebenso freundlich entgegennahm.

"Mister Hale, schön das sie kommen konnten. Es bedeutet unserer Schule wirklich sehr viel, dass sie sich bereit erklärt haben, heute einen Vortrag über ihrer Autobiografie zu halten. Das letzte, was wir als eine staatliche Schule wollen, ist dass Schüler auf die schiefe Bahn geraten." Verständnisvoll nickte ich. Genau deswegen war ich heute hier. Um den Jugendlichen hier vor dem Schicksal zu warnen, welches mir ereilt ist...

Schließlich betrat ich das Klassenzimmer und sofort lagen alle Augenpaare auf mir, sahen mich an, wie ich zum Lehrerpult ging, meine Tasche dort abstellte und diese Aufmachte. Zugegeben, nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich später einmal genau solche typischen, klischeehaften Lehrertaschen mit mir herumschleppen würde.

"Einen schönen guten Morgen." verkündete ich der Klasse vor mir, die alle in dem alter von 16 oder 17 Jahren sein müssten. "Ich bin mir sicher, einige wissen wieso ihr mich heute vor der Tafel stehen seht, anstatt dem Lehrer. Aber ich erkläre es gerne kurz vom Anfang. Mein Name ist Valentin Hale. Ich bin nicht viel älter als ihr, genauer gesagt, bin ich gerade erst 22, aber als ich in eurem alter war, begann ich weit aus mehr zu erleben, als jedem von euch hier lieb ist... Es waren die Drogen die lange mein Leben im Griff hatten und es in Schutt und Asche gelegt haben. Heute bin ich hier, um euch etwas von meinem Leben zu erzählen. Mein Leben als süchtiger; süchtig von Heroin und anderen Substanzen." Ich griff in meiner Tasche um ein kleines Taschenbuch herauszuholen und es der Klasse zu präsentieren.

"Tweetys Tanz der Drogen. So heißt meine Autobiografie, die ich nun endlich veröffentlicht habe. Es war schwer dieses Buch zu schreiben, aber dennoch stehe ich heute vor euch und präsentiere es euch und erzähle euch diese düstere Geschichte. Meine Geschichte." Ich sah in die gespannten Gesichter der Schüler, alle waren still und hörten mir zu. Das brachte mich leicht zum schmunzeln, denn früher hörte mir irgendwie niemand wirklich zu.
"Tweety ist ein komischer Name. Bist du damit gemeint?" Fragte eine Schülerin, nachdem sie sich vorbildlich gemeldet hatte.
Ich musste erneut schmunzeln und nickte.
"Ja, tweety ist?, oder war, mein Name. Wie ich ihn erhalten habe, werdet ihr später erfahren."
Ich machte eine kurze Pause...

"Hier bin ich also gelandet? Nein, das ist die Welt die ich mir ausgesucht habe. Das Land der nie endenden Party, das Land des Konsums... Verloren und Hoffnungslos im Rausch. Ich weiß was sie nun denken, aber haken sie mich noch nicht gleich ab. Warten sie, bis ich meine ganze Geschichte erzählt habe." Meine Augen flogen über den Klappentext des Buches, während mein Mund diesen Text fast schon völlig alleine vorlas. Schließlich klappte ich das Buch auf, machte es mir auf dem Stuhl ein wenig gemütlich und räusperte mich.. "Das schöne, kleine Johnsburg. Meine Heimatstadt, in der alles begann..."

Kopf voll Stoff [Beendet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt