"Bist du dir scher?" fragte sie, doch ich nickte. Das war ich. Mehr als je zuvor war ich entschlossener wie jetzt.
"Ich komme mit." sagte sie entschlossen. "Ich werde immer für dich da sein, schon vergessen ?Und wenn du es tatsächlich durchziehst, dann zieh ich mit. Wir schaffen das gemeinsam, Tweety." Marisa saß mit mir in ihrer Küche und ich erzählte ihr von meinem Plan. "Ich werde es machen. Ich will so nicht mehr weiterleben. Ich werde zurück nach Hause gehen." Genau das war mein Plan. Zurück nach Johnsburg. Chicago hinter mir lassen und die Drogen ebenfalls. Zurück zu meiner Familie. Zurück zu Sarah, Charlie, Mom und Dad.. Verdammt, Sarah müsste jetzt 21 sein und Charlie schon 10... Und so kam es, dass Marisa und ich mit der Bahn zurück fuhren... Zu unserer Heimatstadt, in der wir unserer gesamte Kindheit verbracht haben. Sie war nicht immer schön, doch wir hatten unsere Freundschaft.
Ich kramte in meiner Tasche rum und fand schließlich das, was ich suchte. Ich holte mein altes Handy raus. Ich hatte es damals vorsichtshalber eingesteckt... Ich steckte den Akku rein, der doch noch tatsächlich funktionierte und schaltete mein Handy an. Ich war nervös, was würde mich jetzt erwarten?
Es waren hunderte Nachrichten und Anrufe von meiner Familie, von Freunden und von Leuten die ich nicht einmal kannte... Sie schrieben mir endlos lange Texte, und baten mich alle nach Hause zu kommen. Das alles war vor drei Jahren. Seitdem hat mich niemand mehr angerufen oder geschrieben. Ich schluckte. Hatte meine Familie es aufgegeben? Dachten sie, ich sei tot?
"Denkst du, unsere Eltern sind froh, dass sie uns wieder sehen?" fragte Marisa nach Minuten des Schweigens. Mein Handy hatte ich wieder ausgeschaltet...
"Ich weiß es nicht..." murmelte ich gedankenverloren. "Vielleicht..." fügte ich hinzu. "Sie denken wahrscheinlich, dass wir tot sind. Was das wohl für eine schlimme Vorstellung ist? Nicht zu wissen ob die eigenen Kinder noch leben..." hauchte ich. Es muss schrecklich für sie gewesen sein...
Nach mehreren Stunden hielt der Zug ihn Johnsburg... So nervös war ich zuletzt in der High-school bei einem Schultheaterstück.
Und dann setzte ich das erste mal seit Jahren wieder ein Fuß auf den Boden meiner Heimatstadt. Die warme Luft umhüllte mich und ich schloss die Augen um tief ein und aus zu Atmen. Zusammen mit Marisa ging ich die Wege durch Johnsburg entlang. Nichts hatte sich hier verändert. Es war ein so seltsames Gefühl auf einmal wieder hier zu sein. Mit jedem Schritt stieg die Nervosität in mir... In uns beiden. "Das werden wir schaffen." redete ich mir ein, doch dann sah ihn ihn. Charlie... Wir waren an seiner Schule und dort stand er, mit seiner Schultasche auf den Schultern und verabschiedete sich von seinen Freunden. Er sah älter aus. Ist gewachsen...
"Ich schaffe den Rest alleine, Tweety." sagte sie, als sie merkte, dass ich wie gebannt auf meinen kleinen Bruder sah.
"Und du bist jetzt nicht mehr alleine. Gleich haben wir es geschafft. Der erste Schritt in unser neues altes Leben." Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange und machte sich alleine auf den Weg nach Hause.
Ich blieb an Ort und Stelle stehen und sah zu, wie die ganzen Schüler freudig auf ihre Eltern zu rannten oder in den Bus einstiegen. Charlie winkte seinen Freunden ein letztes mal zu, als auch er zum Bus laufen wollte.
"Charlie!" rief ich, doch ich war mir nicht sicher, ob es laut genug war und er es gehört hatte. Doch dann drehte er sich um und sah in meine Richtung, kam schließlich langsam auf mich zu. Ich hatte mein Gesicht unter einer Kapuze versteckt, dennoch kam er her und blieb vor mir stehen. "Meinen sie mich? Kann ich helfen?" fragte er und ich war erstaunt, wo er gelernt hatte so höflich zu werden.
Kurz blieb ich still. Mein Herz klopfte wie verrückt... "Hey kleiner.." ich musste lächeln und nahm die Kapuze ab und kniete mich schließlich vor ihm und musterte sein Gesicht. Charlie schien keine Angst zu haben und musterte mich ebenfalls. "Ich bins... Valentin." er riss die Augen auf und schien mein Gesicht wiedererkannt zu haben, was ziemlich schwer sein musste. Dann breitete er seine arme aus und umarmte mich so fest es nur ging. Ich erwiederte seine Umarmung und schloss die Augen.
"Wir dachten alle du wärst..." ich unterbrach ihn: "Ich weiß... Aber jetzt bin ich wieder da. Und ich bleibe. Versprochen." noch eine gefühlte Ewigkeit ließ er mich nicht los. Ich wischte ihm eine kleine Träne weg und lächelte ihn an...
"Sind Mom und Dad zuhause?" fragte ich, als ich mit meinem kleinen Bruder an der Hand nach Hause lief. Er nickte.
"Dad hat einen neuen Job und auch Mom hat einen gefunden der ihr Spaß macht. Zuhause hat sich alles verändert. Wir konnten alles neu machen. Es sieht wieder schön dort aus. Und Sarah wohnt immer noch zuhause. Und die ist schon so alt." er erzählte mir so viel, was ich alles verpasst hatte. Doch ich wollte ihm nichts von meinem Leben erzählen. Er war erst 10 Jahre alt. Er würde es wahrscheinlich nicht einmal wirklich verstehen...
Und nun standen wir da. Vor unserer Haustür... Sie war anders. Es war eine völlig andere Tür, ja sogar das Haus wurde von außen gestrichen... Endlich ist aus dem ranzigen Kanarienvogel-gelb ein weiß geworden. Ich sah kurz hinter mir. Dort stand das Haus von Marisa. Wahrscheinlich war sie schon dort drin. Bei ihren Eltern.
Mein Herz raste und meine Hände zitterten, als Charlie auf die Klingel drückte. Als ich sah, wie die Tür aufging senkte ich mein Blick auf den Boden. Augenblicklich verließ mich mein ganzer Mut. Meine Beine Zitterten und ich hatte Angst. Angst, dass meine Mutter mich nicht hier haben möchte, dass sie die Tür wieder zuknallen würde...
"Charlie! Komm sofort rein. Wer ist der Mann da? Wieso ist er mit dir gegangen?" Charlie gab keine Antwort. Ich ebenso wenig. Ich traute mich nicht.
"Hallo? Wer sind sie? Was haben sie bei meinem Sohn zu suchen?" fragte sie und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Schließlich hob ich mein Kopf und sah zum ersten mal wieder meine Mutter. Tränen schossen mir in die Augen, doch Mom sah nur verwirrt aus.
"Mom..." hauchte ich und die Tränen rannten mir über die Wange. Sie sah in mein eingefallenes, dünnes Gesicht. Sie tat genau das gleiche, wie Charlie es getan hatte: Sie musterte mich lange, bis sie mich erkannte...
"Oh Gott..!" sofort zog sie mich in ihre Arme und fing an zu weinen.
"Mein Junge! Mein Junge. Oh Gott...!" weinte sie und ließ mich gar nicht wieder los. Auch ich weinte und ein Stein fiel mir vom Herzen. Sie hasste mich nicht. Es bedeutete mir so unendlich viel. "Michael! Sarah!" schrie meine Mom durchs Haus, als sie mich in den Flur gezogen hatte.
"Michael! Sarah!" wiederholte sie so laut sie konnte und eine genervte Sarah kam die Treppen runter. "Mom was schreist du de-... Scheiße, Mom, wer ist das?" Sie stand noch mitten auf der Treppe und sah mich entrüstet an. Ich wischte mir über die Augen.
"Bitte sag mir, du hast es geschafft, Charlies gottverdammten Walkie-Talkies zu zerstören." scherzte ich. Sarah und ich haben damals überlegt wie wir diesen blöden Lärm im Haus los werden, der von Charlies damaligen Walkie-Talkies kamen. Kurz sagte sie nichts, eher sie die Augen aufriss und die Treppen runter stürmte. "Scheiße Valentin!" Stürmisch umarmte sie mich und wie jedem hier brachte ich sie alle zum weinen. Diesmal war es aber vor Freude und nicht vor Trauer.. Derweil war auch mein Vater unten und hatte alles mitbekommen.
"Valentin? Mein Sohn?!" fragte er ungläubig und ich nickte mit einem leichten lachen und ging auf meinem Vater zu um ihn zu umarmen....
Ich erzählte ihnen alles... Wieso ich weggelaufen bin, dass ich mit Marisa nach Chicago gefahren bin, wie ich Cat, Theo und Jay kennenlernte. Ich erzählte ihnen von den Drogen, von Jay; von uns, und seinem tot. Sie erfuhren einfach alles. Alles was ich in den drei Jahren erlebt habe und durchmachen musste. Jedes Detail... Sie weinten und umarmten mich immer wieder, wenn ich nicht die Kraft hatte es weiter zu erzählen. Sie waren wieder meine Familie. Aber: was heißt wieder? Sie waren es schon immer und werden es immer Bleiben.
Und endlich, nach so langer Zeit, bekam ich die Hilfe die ich so dringend brauchte. Die Hilfe, die mich vor dem tot rettete und mir das Leben schenkte.
Gemeinsam mit Marisa stand ich den Entzug durch: die härteste Probe die es im Leben gibt. Und wir hatten es Geschafft. Wir haben es zurück ins Leben geschafft.
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Kopf voll Stoff [Beendet]
Genç Kurgu„Verloren und Hoffnungslos im Rausch" Scheiße, da es verdammt nochmal der Wahrheit entspricht! Valentin Hale ist erst sechzehn Jahre alt, als er mit seiner besten Freundin eine waghalsige und unbedachte Idee tatsächlich durchzieht. Ein neues, ungewo...