Am nächsten Morgen weckte Strange mich durch Besteckklappern und zufallende Türen, sich wohl für die Arbeit zurechtmachend.
Ich machte mich rasch fertig und schlüpfte in die Küche, wo der Doc mir stumm ein Rosinenbrötchen reichte. Dann griff er nach dem Schlüsselbund auf den Tisch und verschwand im Flur.
Ich wollte ihm schon hinterher, da ertönte seine Stimme: „Stark?! Was macht die Katze in meiner Wohnung?"
Ups.Ich schlitterte äußerst dramatisch um die Flurecke – ein Hoch auf rutschige Socken! – und erblickte das schwarze Ungeheuer auf dem Schrank thronend.
„Strange? Das ist Seymour... mein Kater."
Der Doc, der rasch Abstand zu meinem Haustier genommen hatte, zog die Augenbrauen hoch. „Ich bin allergisch gegen Katzenhaare."
Ein auffordernder Blick Seymours und ich sprang sofort ein: „Er ist eine würdevolle Katze. Er haart nicht."
Seymour maunzte. Ich glaube, er war ganz zufrieden mit mir als Sprachrohr.
Strange allerdings nicht.
„Wer von uns beiden ist Arzt? Das Vieh kann nicht hierbleiben." Der Doc wurde jetzt zunehmend genervter, aber auch ich war empört.
„Etwas Respekt, ja? Er heißt Seymour, wie ich gerade erwähnte."
„Das interessiert mich nicht und ändert nichts an der Tatsache."
Das Gespräch lief in eine Richtung, die ich so gar nicht beabsichtigt hatte. Aber so stehenlassen würde ich das sicher nicht... „Kann es sein, dass Sie ziemlich einsam sind, Strange? Ihre sozialen Kompetenzen lassen zu wünschen übrig."
Darauf starrte er mich nur an, für einen Moment zu verblüfft, um zu antworten.
„Ich meine", ich zuckte die Schultern, „ich hab' nichts gegen sie. Ich weiß, dass ich nicht besser bin. Aber es ist nichts Schlechtes, auch mal Hilfe anzunehmen – Sie sind dadurch niemandem etwas schuldig, Sie helfen auch genug anderen Menschen."
Ich hielt Seymour meinen Arm hin. „Ich bringe ihn erstmal an einen sicheren Ort, kein Problem. Aber denken Sie über meine Worte nach – und warten Sie doch bitte hier auf mich."Ich beeilte mich, sodass ich nur wenige Minuten später wieder zurück war – Seymour sicher im Quinjet verstaut.
Strange hatte tatsächlich am Haus auf mich gewartet, stieß sich aber von der Wand ab, sobald ich in Sichtweite war. „Dann kann ich ja endlich gehen. Wegen dir komme ich noch zu spät."
Schulterzuckend änderte auch ich die Richtung.
„Was wird das, Stark?", zog er die Augenbrauen hoch.
„Ich dachte, ich begleite Sie?", fragte ich mit unschuldigem Blick, „Ich kenne mich hier doch nicht aus."
„Du bist jetzt aber nicht mein Schoßhündchen, klar?", knurrte er mit angesäuertem Blick.
„Nee, da kenne ich Leute, die sind Hunden weitaus ähnlicher." Bei diesen Worten musste ich grinsen.
„Oh, Ähnlichkeit besteht durchaus", erklärte Strange, während er schon seinen Schlüsselbund aus der Jackentasche zog, „Du wärst einer von den kleinen bissigen."
Darauf sagte ich nichts, zog meine Mundwinkel nur etwas weiter nach oben. Gegen Konter hatte ich nichts einzuwenden, solange sie gut waren.
„Und lass das ‚Sie' endlich stecken, ja? Ich fühle mich sonst alt."
Ich grinste. „Daran ändert auch ein Du nichts."
Ich hatte also doch das letzte Wort, aber auch Strange schien nichts gegen kreative Antworten zu haben.
Schien, als hätte ich in ihm angenehme Gesellschaft gefunden.
*Vergesst den letzten Satz wieder.
Mein Tag mit Strange war vor allem eines: Laaaaangweilig.
Nach einem deutlichen Verweis auf „OP – Zutritt verboten" und einem „Du bleibst draußen, Shorty, du bist mir nur im Weg", wurde ich auf einen Stuhl im Krankenhausflur gesetzt und alleingelassen.
Ich fühlte mich so langsam ernsthaft wie ein Hund!Okay, den ersten Tag bekam ich ja noch gut herum, es gab hier Einiges zum Erkunden.
Aber danach? Ich hatte mittlerweile nicht nur einen holographischen Grundriss, sondern Detailaufnahmen des gesamten Krankenhauses zur Verfügung. Wenn ich wollte, könnte ich alles hier beobachten... Ich besaß jedoch – im Gegensatz zu anderen – einen gewissen Respekt gegenüber Patienten. Sie sollten ihre Privatsphäre behalten.Strange hatte allerdings noch nicht ganz verstanden, dass sich die Aspekte ‚Stark', ‚allein' und ‚Langeweile' nicht gut vertrugen.
Also, im Sinne von absolut nicht gut.
Ich war gerade dabei, mich in Stranges Computer zu hacken, als Oscar einen Anruf meines Vaters anzeigte.
„Ich bin nicht da", murmelte ich.
Zurück kamen nur ein ‚System überschrieben' und „Sehr witzig, Kid."
Augenverdrehend fokussierte ich mich auf meinen Vater. „Was gibt's?"
„Mit Live-Video meinte ich keine automatisierte drei-Sekunden-Botschaft, das ist dir schon klar?"
„Wie wir gerade gesehen haben, kannst du dich auch ganz eindrucksvoll einfach hier rein hacken", machte ich mir keinen großen Kopf darum.
„Daddys können eben alles."
Bitte was?! „... Dad?!"
„Jesus, Kid, du bist vierzehn – du solltest das gar nicht falsch verstehen können!"
„Genau, vierzehn – nicht vier!"
Ich hörte ihn seufzen. „Ändern kann ich es ja jetzt sowieso nicht mehr. Zurück zu deinen Botschaften..."
„Oscar sendet ein Gefahrensignal an dich, wenn mir irgendetwas passiert."
Dad zuckte mit den Augenbrauen. „Oscar ist nicht unfehlbar, wie ich gerade bewiesen habe."
„Ich arbeite an einem Plan B für ihn, ja?"
„Du willst mich also wirklich nicht dabeihaben?"
„Nein?"
Wieder seufzte er schwer, als lastete die gesamte Welt auf seinen Schultern. Dabei trug die doch Atlas. „Dann vertraue ich eben auf deine Fähigkeiten... Und gehe mich bei Rhodey ausheulen... Sie werden so schnell erwachsen..."
Und weg war er. Alles klar.*
„Oscar, meinst du, du kannst deine Matrix kopieren?", ging ich gleich erwähntes Projekt an, da ich ja sonst nichts zu tun hatte.
„Ich fürchte nicht, Gracie. Das könnte nur ein größeres System als meines."
„Dann müssen wir doch erst an Assemble weiterarbeiten."
„Du könntest bis dahin einen weiteren Mikrochip entwerfen", schlug er hilfreich vor.
„Mal schauen, ob ich das dann erst zuhause mache... Ich muss es mir ja nicht unnötig schwer machen."Dann also wieder Langeweile...
Auch nicht, der nächste Ruf kam rein – ich kam mir vor wie die Auskunft. Aber wenigstens rief Peter über den normalen Weg an. Nicht, dass es ihm zugutekam...
„Einen schönen guten Tag, Pizzeria Flacconi hier. Was kann ich für sie tun?"Keine Ahnung, ob Flacconi ein italienisches Wort war. Auch ein Genie musste nicht immer alle Gehirnzellen nutzen, Improvisation tat es oftmals auch.
Einen Moment blieb die Leitung still, dann ertönte ein Schnauben. „Sehr witzig, Gracie."
Oh Mann, woher kam mir das bekannt vor?
„Ich bin dein bester Freund, ich bin mittlerweile immun gegen sowas."
Zu schade. „Für einen Moment hast du es geglaubt!"
„Ich war ja auch nicht vorbereitet!", verteidigte Peter sich, niedlich wie immer,„Ich meine, wer erwartet das auch? Hast du einen Clown gefrühstückt?"
„Ein Rosinenbrötchen. Und mir ist langweilig."
„Dann wird dich das interessieren. Ich habe etwas gefunden... Etwas im Sinne von Chitauri-Waffe aus New York."
„Ach du scheiße", ich setzte mich gerader hin, „Lass das meinen Dad nicht hören. Das ist ein ähnliches Tabuthema wie Sibirien."
„Er soll auch gar nichts davon mitbekommen! Das ist mein Ding. Etwas, das ich hinbekommen will." Er wurde zum Ende hin leiser, und ich legte meine Stirn in Falten. „Also soll ich's mir nicht anschauen?"
„Nee, wir bekommen das schon hin."
„Wir?"
„Ned hat mich erwischt, als ich meinen Anzug ausgezogen habe", ich konnte förmlich sehen, wie seine Wangen sich röteten. Ich grinste: „Er durfte dein Sixpack sehen?! Mir hast du's nie erlaubt..."
„Ich habe zusammen mit ihm Sportunterricht? Und... warum reden wir eigentlich schon wieder über meinen Körper?"
„Weil du heiß bist, Spidey, sieh's endlich ein", meine Mundwinkel zogen sich noch ein Stückchen höher, doch Peter ging nicht weiter darauf ein: „Das ist für mich das Zeichen, das Gespräch zu beenden. Mach's gut!"
„Du auch! Und wenn ich wieder da bin, will ich dich oberkörperfrei sehen!"
Aufgelegt.
Mit einem augenverdrehenden Lächeln, da würde ich drauf wetten.***
Soo, das Kapitel ist weitaus länger geworden, als geplant, und auch das nächste wird noch einmal Überlänge haben.
Sonst wäre ich mit der Verteilung nicht hingekommen - denn Iron Kid geht in die Endrunde. Also, Teil 1, die Fortsetzungen sind natürlich schon geplant... Wer noch Wünsche hat, dann also so schnell wie möglich her damit.😉
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Iron Kid
FanfictionGracie Stark. Iron Mans Tochter mit einem merkwürdigen Faible für grüne Augen, Fantasyliteratur und den Musculus rectus inferior. Sie mischt das Leben der Avengers - oder dem, was nach dem Civil War davon übriggeblieben ist - gehörig auf, würde am l...