Kapitel 21

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Blut.
Alles war voll mit Blut.
Menschenblut.
Avas Blut.

Der Drache in ihm begann zu brüllen. Er brüllte all seinen Schmerz hinaus. Dann stürmte Draco aus dem Zimmer, hinaus aus seiner Höhle, verwandelte sich im Sprung und erhob sich wütend und tobend in die Lüfte.

In ihm tobte ein Kampf. Seine Drachenseite gegen die Menschliche. Gegenseitig gaben sie sich die Schuld an der jetzigen Situation. Doch in einem Punkt herrschte erstaunlicher Weise eine Einigkeit. Draco wollte Ava so niemals sehen. Wollte sie niemals wirklich zum bluten bringen. Ihr niemals wirklich Schmerzen bereiten. Und er wollte sie erst recht niemals wieder so sehen. Ihren leeren Blick, den er noch erhaschen konnte, als er wütend raus gerannt war, hatte ihm den Rest gegeben.

Sie so zu sehen... so hilflos und leblos, obwohl sie doch noch lebte, hatte etwas in ihm zerbrechen lassen. Sein Herz begann bei diesem Anblick zu rasen, sein Magen verkrampfte sich unangenehm und seine Lungen wollten nicht mehr arbeiten. Sie verweigerten ihm den Sauerstoff. Auch seine Augen hatten begonnen zu brennen, was sie seit dem Todestag seiner Familie nicht mehr getan hatten.
Es bereitete ihm große Schmerzen sie so zusehen. Jedes mal, wenn er die Augen kurz schloss, in der Hoffnung so seine Gedanken zu ordnen, hatte er wieder ihr Gesicht vor Augen mit diesem leeren Blick. Dieser Blick war es, der ihn endgültig zerstören würde.

Er brüllte alle seinen Frust und seine Wut heraus, landete in einem Waldstück und wütete dort, setzte ein paar Felder in Brand und landete schließlich in einer Menschenbar und versuchte seinen Frust mit Alkohol zu ertränken.
Doch nichts half. Er dachte die ganze Zeit an Ava. Bekam sie einfach nicht aus dem Kopf. Sie hatte sich dort eingenistet seit er sie das erste mal gesehen hatte. Und hinzu kamen immer wieder Roughs Worte. Das Gerede davon sie sei seine zugedachte Frau.
Draco hatte erst an diesen Worten gezweifelt, doch je länger er nun darüber nachdachte, desto besser konnte er seinen Freund und dessen Annahme verstehen. Doch sollte sie wirklich die Seine sein, dann hatte er nun alles zerstört. Niemals würde sie ihm diese Tat verzeihen. Er war immer eingerechter Mann und Drache gewesen und Verrat oder Lügen hatte er hart bestraft. Doch wenn jemand seine Frau verletzte, so stand darauf etwas schlimmeres als der Tod. Die Partner mussten getrennt voneinander Leben, bis der Teil, gegen den Gewalt angewendet wurde, den anderen wieder aus seiner Zelle entließ.
Manche Drachen hatten mehrere Jahrzehnte in dieser Isolationshaft verbracht, bis ihre Gefährten ihnen verziehen hatten. Andere hatten versucht sich das Leben zu nehmen, weil sie ohne ihren Partner nicht mehr sein wollten. Doch scheiterten sie jedes mal, da die Wachen dies niemals zuließen. Damit hätten sie nämlich auch ihre Partner so sehr geschwächt, dass diese niemals wieder ohne Hilfe von anderen hätten leben können.

Doch diese Drachen hatten ihre Partner meist nur leicht verletzt. Er hatte Ava so stark verletzt, dass sie an den Seiten oberhalb ihrer Hüfte blutete. Diese Tat war unverzeihlich!

Immer mehr Alkohol floss seine Kehle hinab und er dachte weiterhin nach. Immer wieder versuchte er zu analysieren, ob Ava nun die Seine war oder nicht. Einiges sprach dafür, wenn man den Prophezeiungen, die seine Mutter ihm als Kind schon vorhielt, glauben schenken konnte. Andererseits war Ava ein junges und kleines Menschenmädchen. Ein Mensch. Niemals hatte es einen Menschen als Gefährten eines Drachen gegeben.
Andererseits...wieso sollte Ava dann der Schlüssel zum Sieg oder Niedergang sein? Wieso sollte sie sonst so wichtig für Igor sein? Warum sonst sollte er sie jetzt suchen? Aber wieso hatte er dann seine Seele noch nicht zurück? Wenn sie die ihm zugedachte Partnerin war, dann hätte er doch schon längst seine Seele wieder haben müssen und sie somit auch sofort als die Seine erkannt. Oder doch nicht?

Draco konnte die Rädchen in seinem Gehirn quasi hören, als er darüber nachdachte. Was waren nochmal die Worte des Deals gewesen? Worauf genau hatte er sich eingelassen? In seinem Kopf suchte er diese altbekannte Szene und die darin gefallenen Worte.

Da. Endlich hatte er die passende Erinnerung und die dazu gehörigen Worte gefunden, welche er gleich zu analysieren begann. Doch hatte er nie daran gedacht, dass in diese Erinnerung noch mehr verzweifeln ließ, als es die derzeitige Situation sowieso schon tat.

Wie wäre es, wenn Ihr um die Seele des anderen kämpft, beziehungsweise um Eure eigene? Das bedeutet,derjenige der diesen Kampf verliert, verliert auch seine Seele an den anderen. Da Sie beide noch keine Gefährtin gefunden haben, ist die Seele nicht tot. Ihr könnt sie wieder erlangen, indem Ihr von einer Person von ganzem Herzen und ganzem Körper geliebt werdet. In diesem Moment versucht Eure Seele wieder zu Euch zu kommen. Dies muss dann der Gewinner dieses Kampfes zulassen und die gefangene Seele freigeben. Zu dem Zeitpunkt, an dem jeder von Ihnen wieder eine Seele besitzt, wird dieser Kampf erneut ausgeführt.

Nun verstand er, was all dies wirklich zu bedeuten hatte. Ava war die Seine und er hatte sie zerstört. Er hatte sie getötet. Zwar nicht wirklich, doch hatte er es in ihrem Blick gesehen. Diese leeren Augen, die doch so vertraut und gleichzeitig so fremd wirkten. Und somit hatte er auch den Krieg, dem er sein Leben verschrieben hatte, verloren. Denn seine Seele würde nun nie mehr zu ihm zurückkommen. Ava würde ihm nie verzeihen. Er war geliefert.

Dragonsoul *slow updates*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt