Communal residence

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Nervös stehe ich vor dem Eingang zu einem Wohnblock. Heute habe ich eine Art Vorstellungsgespräch. Ich habe mich um das freie WG Zimmer beworben. Ab morgen trete ich meinen Dienst auf der Polizeiwache an und hätte ganz gerne eine Wohnung und nicht nur ein Hotelzimmer. Mit leicht zitternden Fingern betätige ich die Klingel mit den Namen ~Richter & Reuther~ Das surren der Türe fordert mich zum Eintreten auf. Gespannt gehe ich die Treppen in den ersten Stock, als ich einen Mann sehe, der mir den Kopf entgegenstreckt. „Hallo. Sie müssen Miss Roberts sein, richtig?" „Ja, Sir." Etwas verdutzt blickt mir der schwarzhaarige entgegen. „Kommen Sie doch erstmal rein." Mit einer ausladenden Handbewegung bedeutet er mir einzutreten. Vorsichtig betrete ich den Raum und scanne die Umgebung in Windeseile auf Gefahrenquellen ab. Als ich merke, dass ich wieder in alte Verhaltensmuster verfalle schüttle ich leicht den Kopf. „Das ist Christian Reuther. Er ist der zweite Mitbewohner. Mein Name ist Paul Richter." Lächelnd nehme ich seine Hand entgegen. Paul ist klein. Ungefähr einen Kopf kleiner als ich. Christian hat in etwa meine Größe. Kurz musterte ich die beiden und schätze ein, ob sie eine Bedrohung darstellen. Abermals schalle ich mich innerlich. Ich kann mir diese ständige Wachsamkeit nicht abtrainieren. „Entschuldigung. Mein Name ist Louisiana Roberts." Ich erhalte ein freundliches Lächeln und werde gebeten mich zu setzen. „Was machen Sie beruflich?" Kurz schließe ich die Augen, um den brennenden Schmerz in meinen Augen zu lindern. Vor nicht mal ein paar Monaten hätte ich anders geantwortet. „Ich bin Polizistin. Ich habe in Washington als Detective gearbeitet und bin jetzt hier." Es ist keine Lüge. Ich war auf einer Militärschule, bin aber nicht sofort zur Army, sondern habe vorher zwei Monate als Detective gearbeitet. Lachend dreht sich der kleinere um. „Chris. Sie ist Polizistin. Das passt, oder?" Stirnrunzelnd lasse ich meinen Blick zwischen den beiden umherwandern und spanne mich kaum merklich an. Immer bereit mein Leben zu verteidigen. „Wir sind auch Polizisten." Beantwortet Christian meine stumme Frage. Grinsend entspanne ich mich ein wenig. „Das ist cool. Wo arbeiten Sie?" Abwinkend hebt Paul die Hand. „Paul und Christian passt. Du musst uns nicht Siezen. Und wir arbeiten in der Inspektion hier zwei Straßen weiter." Überrascht wandern meine Augenbrauen in die Höhe. „Echt? Ich auch. Dann sind wir ab morgen Kollegen. Ach und nennt mich doch bitte Lou. Louisiana klingt so spießig." Euphorisch klatscht Paul in die Hände und erhebt sich vor Sofa. „Gut. Dann lass uns mal deine Sachen holen und den Vertrag unterschreiben." Nickend erhebe auch ich mich und zusammen machen wir uns auf dem Weg zu meinem Hotel. Schnell waren alle meine Sachen in die Tasche und ein Koffer verstaut. „Hast du denn nicht mehr?" Fieberhaft versuche ich mich eine Ausrede auszudenken. Ich kann ihnen nicht sagen, dass ich jahrelang nur meine Uniform getragen habe und deswegen nur so wenig besitze. „Ich wollte einen kompletten Neustart, ohne Dinge, die mich an früher erinnern, als habe ich nur die nötigsten Klamotten eingepackt. Ich gehe später noch shoppen." Nach circa zwanzig Minuten verlassen wir das Hotelzimmer und ich begleiche meine Hotelrechnung. Die Autofahrt zurück zur Wohnung verläuft gut. Meine anfängliche Angespanntheit kann ich in der Gesellschaft der beiden kölschen Frohnaturen schnell abstellen und so langsam fühle ich mich frei. Lachend trage ich meine Tasche die Treppe hoch. Chris hat mich überredet ihn meinen Koffer tragen zu lassen. „Pack am besten gleich aus. Morgen nehmen wir dich gleich mit zur Wache. Paul hat auch Schicht. Ich hab Nachtschicht." Leidend verzieht der größere das Gesicht. „Bist wohl kein Fan von Nachtschichten?" Beurteile ich die Reaktion des Hauptkommissars. Grinsend wiegt er den Kopf hin und her. „Nicht wirklich." Schmunzelnd nehme ich meinen Koffer und rolle ihn in mein Zimmer. „Bis gleich." Ich werde von einem Klingeln unterbrochen. Im ersten Moment denke ich mich nichts dabei und räume weiter meine Klamotten in den Schrank, als ich jedoch eine halblaute Stimme höre, werde ich stutzig. „Verdammt Paul, ich hab einfach keine Ahnung was ich machen soll. Alex ist so komisch drauf seit dem Einsatz letzten Monat. Er spricht kaum und zieht sich völlig zurück. Das ist ja auch nicht weiter schlimm, aber heut hat er für einen Moment ein völliges Blackout gehabt. Flo musste ihn zweimal halb anschreien, damit er die Patientin endlich intubiert." Gegen Ende ist die männliche Stimme immer lauter und besorgter geworden. Kurzerhand beschließe ich auf meinem Zimmer zu bleiben und mich möglichst ruhig zu verhalten, als ich mein Handy klingeln höre. Verwundert drehe ich mich um, weil ich davon ausgehe, es läge auf meinem Nachttisch, als mir siedend heiß einfällt, dass ich es auf dem Küchentresen liegen gelassen habe. Peinlich berührt schleiche ich in die Küche, um den Anruf meiner besten Freundin entgegen zu nehmen. Julia und ich kennen uns seit der Militärschule, anders als ich ist sie erst vor drei Jahren zur Army. „Entschuldigung. Ich bin gleich wieder weg." Leicht zerknirscht wende ich mich an Paul und unterstreiche mit einer Handbewegung meine Wort. „Das musst du nicht. Das ist Oliver Dreier. Er ist ein Freund von uns und arbeitet als Notarzt auf der Rettungswache neben unserer Dienststelle." Freundlich wende ich mich an den Arzt. „Louisiana Roberts. Freut mich Sie kennenzulernen." Lächelnd nimmt er meine Hand entgegen „Oliver, oder Oli reicht völlig. Und du hast es tatsächlich gewagt mit den zwei Chaoten unter einem Dach zu wohnen." Schmunzelnd setzte ich zu einer Antwort an. „Dann nenn mich doch bitte Lou. Bis jetzt scheinen die beiden nicht chaotischer zu sein als meine Kollegen in Amerika." Olis freundlicher Gesichtsausdruck wird durch Besorgnis abgelöst. „Was ist bei dem Einsatz passiert, wenn ich fragen darf?" Vorsichtig beobachte ich jede Regung im Gesicht des Notfallmediziners, um abschätzen zu können, wie er reagiert. „Klar. Es gab eine Schießerei und Alexander, auch Notarzt, musste eine ziemlich üble Schusswunde behandeln. Ging einmal durch die Brust." Verstehend nicke ich. „Das ist normal. Einer meiner Kameradinnen ist es ähnlich ergangen. Bei unserem ersten Einsatz außerhalb des Stützpunkts wurden zwei Kameraden schwer verletzt. Das hat sie so heftig erwischt, obwohl wir jahrelang für Solche Szenarien vorbereitet werden, dass sie im selben Monat den Dienst quittiert hat." Erst als ich es ausgesprochen habe, fällt mir auf, dass ich mich verraten habe. Stirnrunzelnd betrachtet mich Paul von oben bis unten. „Ist das in Amerika so üblich, dass ihr auf sowas vorbereitet werdet?" Nervös schlucke ich, versuche mir aber äußerlich nichts anmerken zu lassen. „Ja. Schon. Bei uns kann man Waffen im Supermarkt kaufen, da kommen Schusswechsel öfter vor, als einem lieb ist." Erleichtert, dass die Kollegen meine Ausrede geschluckt haben, entschuldige ich mich und verschwinde auf mein Zimmer.


Danke LeonoraHastings für deine Hilfe und deine lieben, aufbauenden Worte.
Schaut auch mal bei ihr vorbei. Sie schreibt wundervolle Geschichten.

Coming home on the runWo Geschichten leben. Entdecke jetzt