Durch ein wildes Hämmern an der Tür und das ständige betätigen meiner Klingel werde ich aus meinem wohlverdienten Schlaf gerissen. Müde schleppe ich mich zur Tür und komme nicht umhin mein fahles Gesicht im Spiegel zu betrachten. Seit dem Aus meiner Beziehung mit Lou fehlt mir jeglicher Lebenswille. Sie hat von heute auf morgen alle Zelte abgebaut, selbst auf der Arbeit ist sie nicht erschienen. Ich dachte ich kenne sie, doch ist sie nicht anders als alle anderen. „Jaja. Ich komm ja schon." Schnauze ich denjenigen, der meine Ohren mit ununterbrochenem Klingeln malträtiert. „Herrgott nochmal! Was soll das?" Stutzig halte ich inne, als ich Phil und eine weibliche Person, die ich als Julia identifiziere, erkenne. „Was wollt ihr hier." Argwöhnisch mustere ich die beste Freundin meiner Ex Freundin, die sich nun ungefragt hinter Phil an mir vorbei ins Wohnzimmer quetscht. „Wir haben ein Problem. Eher du hast eines." Phil spricht bemüht langsam und gefasst, doch sehe ich an dem Zucken seiner Augen, dass ihn etwas sehr beunruhigt. Langsam werde auch ich nervös. „Was ist los?" Angespannt lasse ich meinen Blick zwischen meinen Besuchern hin und her schweifen. „Lou geht. Für immer." Langsam sickert die Information in mein Hirn. Sie geht. Sie hat mich nie wirklich geliebt. „Soll sie doch. Sie hat mich nie geliebt. Dieses Theater macht es doch nur noch deutlicher." Ich sehe wie Julia mit sich ringt. Da ist noch etwas, was sie mir nicht erzählt. „Versteh doch. Sie fliegt zurück in den Kosovo. Wenn du sie jetzt ziehen lässt, wirst du sie nie wieder sehen!" Verzweifelt versucht Phil mich zu Überreden, doch ich gebe nicht nach. „Vergiss es." Langsam schüttle ich den Kopf. Ich versuche gefasst und kühl zu wirken, aber innerlich schreie ich. Nach Hilfe, nach einer höheren Macht, die mir meine Freundin zurückbringt, sie mir unversehrt wiederbringt. Die Angst, sie könnte sterben, oder gar gequält werden, legt sich wie eine eisige Hand um mein Herz, drückt zu und nimmt mir die Luft zum Atmen. Tränen brennen mir in den Augen, doch ich gebe ihnen nicht nach. Es war nicht die Tatsache, dass sie Menschen getötet hat, die mich verletzt hat. Es war die Lüge. Sie hat mir nicht vertraut und mich belogen. „Sie hat mich die ganze Zeit angelogen." Leise spreche ich aus, was mich innerlich quält, mich zerfrisst. „Sie-. Ach scheiße!" Fluchend fährt sich die Brünette übers Gesicht. „Sie hat im Krieg jemanden verloren, der ihr die Welt bedeutet hat, seitdem hat sie das Gefühl jeden zu verletzen, den sie Liebt. Alex, du verstehst das nicht, aber gerade, dass sie geht, zeigt, wie sehr sie dich liebt. Sie hat hier Freunde und ein neues Leben, aber in ihr brodelt solche Angst, dich zu verletzen, dass sie ihr eigenes heiles Leben aufgibt, um dich zu schützen." Eindringlich starrt Julia in meine Augen. „Der Kosovo ist ihre eigene kleine Hölle, der sie schon mal entfliehen wollte. Sie ist nach Washington, ihre Heimatstadt, und wollte dort ein neues Leben anfangen. Mit dem Unterschied, dass dort jeder wusste, wer sie war." Tränen bilden sich in den Augen der Soldatin, was mir stumm zu verstehen gibt, dass jetzt der schlimmste Teil folgt. „Anfangs waren ihre Kollegen nett, doch mit der Zeit haben sie sie immer mehr verstoßen. Sie haben Lou als Mörderin und Sklaventreiberin beschimpft, aber was für sie das schlimmste war, sie haben sie für Mikes Tod verantwortlich gemacht. Sie haben ihr eingeredet, sie hätte ihn getötet. Damals ist sie wieder geflohen. Zurück an die Front und ich musste alle Kräfte mobilisieren, um sie ein weiteres Mal zum Fortgehen zu überreden." Seufzend fährt sie fort. „Sie hat sich eingeredet, sie wäre ein schlechter Mensch und würden allen, die sie liebt Kummer bereiten." Ich fühle mich wie erschlagen, als Julias Erzählung endet. Langsam verstehe ich, warum Lou es uns verschwiegen hat. Ich hätte es auch getan. Schmerzlich wird mir bewusst, dass ich Schuld bin, wenn sie stirbt. Innerlich wird sie schon gestorben sein. Ich muss verhindern, dass sie geht, ich brauche sie, mehr als alles andere auf dieser Welt.
„Scheiße!" Julias Gesicht wird blass und tiefer Kummer breitet sich in ihren Augen aus. „Was ist?" Panisch erhebe ich mich vom Sofa und animiere die Soldatin zum Reden. „Sie ist am Flughafen. In einer Stunde geht ihr Flug." Diese Worte treffen mich härter als ein Faustschlag. Panik nimmt meinen Körper ein und verhindert jede rationale Handlung. Gegen jegliche Vernunft greife ich nach einer Jacke und den Autoschlüsseln und hetze zum Auto. Ohne zu überlegen bahne ich mir meinen Weg Richtung Flughafen. Nach einiger Zeit tut sich vor mir der Tower auf und ich stelle mein Auto ab. Ich höre nich einen Polizisten schreien, ich solle mein Auto um parken, doch dafür ist keine Zeit. Hektisch renne ich durch das riesige Gebäude und halte nach den Tafeln Ausschau. Endlich sehe ich die digitale Anzeige. Gate 5. Hastig sprinte ich durch die Gänge, bis ich die Halle erreiche. Und da sehe ich sie. Abwesend und verletzlich starrt sie ins Leere, während sie irgendetwas auf einen Block kritzelt. „Louisiana!" Zehn Meter von ihr entfernt bleibe ich stehen, weil ich befürchte ich könnte sie vertreiben. Verwirrung und Überraschung spiegeln sich in ihrem Blick, als sie mich erkennt. Vorsichtig setze ich einen Fuß vor den anderen, um sie nicht zu verunsichern. Ich spüre die Seelischen Schmerzen, die sie haben muss, als ich meinen Blick über ihre Uniform wandern lasse. Sie sieht so zerbrechlich aus. „Geh nicht." Flehend schaue ich ihr in ihre wunderschönen Augen, die tränenreich schimmern. Niedergeschlagen schüttelt sie den Kopf. „Ich muss." Diese Antwort trifft mich, wieder wie ein Schlag. Augenblicklich merke ich, wie mein Herz friert und zerbricht. Hektisch versuche ich ihre Hand zu fassen. „Ich bin nicht gut für dich." Leise und quälend verlassen diese Worte ihre Lippen. Fassungslos schüttle ich den Kopf. Wie konnte ich nicht merken, dass sie sich so quält. „Wenn du jetzt gehst, machst du meinen Kummer nur noch schlimmer." In ihren Augen spiegelt sich ihr innerlicher Kampf wieder, jener, von dem ich hoffe, er gehe zu meinen Gunsten aus. „Ich zerstöre dich. Siehst du das denn nicht." Innerlich schüttle ich den Kopf, doch bleibe ich still. Ich liebe sie. Sie zerstört mich, indem sie geht. „Du stehst hier mit so viel Schmerz in den Augen, dass ich ihn spüren kann. Also sag mir nicht, ich solle bleiben wo ich doch für deine Sorgen verantwortlich bin." Entschlossen suchen meine Augen die ihren und halten sie fest. „Ich lasse dich nicht gehen. Niemals." Vom einen Moment auf den anderen wirken ihre Augen leer und emotionslos. Doch auch davon lasse ich mich nicht beirren, denn ich liebe sie. „Ich liebe dich, Louisiana. Ich liebe dich. Ich verabscheue dich nicht. Vielmehr bewundere ich sich für deinen Dienst und die Opfer, die du für die Sicherheit anderer gebracht hast. Aber jetzt ist es vorbei. Du gehörst zu mir." Ich sehe die Tränen, die in ihren Augen glitzern und doch zögert sie.
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Coming home on the run
FanfictionDie junge Louisiana Roberts, ehemalige Soldatin der US Army, flüchtet vor den Dämonen der Vergangenheit. Ihr Weg führt sie nach nach Hause, direkt in die Arme ihrer neuen Freunde. Wie auch bei meiner ersten Fanfiction möchte ich betonen, dass ich k...