Kapitel 5

742 48 13
                                    

Kaito POV:

Wie hatte das alles nur passieren können? Nicht nur, dass nun drei Detektive meiner wahren Identität auf der Schliche waren, sie hatten zu allem Überfluss auch noch von der Organisation erfahren.

Wie um alles in der Welt hatte ich sie bei meinem letzten Diebstahl nicht bemerken können? Normalerweise spürte ich ihre Präsenz doch schon bei der kleinsten Bewegung. Oder war ich durch die Gegenüberstellung mit Shinichi etwa derart abgelenkt gewesen? Es war wirklich zum Verrücktwerden!

Als Shinichi im Café über die Organisation gesprochen hatte, hatte mich das wirklich erschreckt. Niemals hatte ich gewollt, das noch jemand mit hineingezogen wurde.

Um nicht in noch mehr Schwierigkeiten zu geraten, zog ich Jii-chan zu Rate. Doch das schien genau die falsche Entscheidung gewesen zu sein, da dieser sich nun extreme Sorgen machte, dass ich bei meinem nächsten Diebstahl tatsächlich zu Schaden kommen könnte – sei es nun durch die Organisation oder durch die Detektive, die mich bis dahin vielleicht vollständig durchschaut hatten.

Er warnte mich davor, leichtsinnig zu handeln. Immerhin hatte ich es hier mit jenen Männern zu tun, die meinem Vater vor acht Jahren das Leben genommen hatten. Diesen Tag werde ich nie vergessen können.

Ich versuchte den in die Jahre gekommenen Mann, der nicht nur als tapferer Wegbegleiter des Phantomdiebes eine wichtige Rolle in meinem Leben eingenommen hatte, zu beschwichtigen. Als er endlich klein beigegeben hatte, trat ich erschöpft meinen Heimweg an.

Mittlerweile war es Abend, die untergehende Sonne tauchte die Straßen in ein orangenes Licht. Mit müden Schritten trat ich auf meine Wohnungstür zu und schloss sie mit einem leisen „Klick" auf. Ohne Umwege ging ich geradewegs in mein Zimmer. Ich konnte nun wirklich gut etwas Ruhe gebrauchen nach diesem anstrengenden Tag, den ich teilweise mit meinen sogenannten Rivalen verbracht hatte.

Doch als ich mich gerade auf meinem Bett niederlassen wollte, hörte ich, wie jemand die Klingel betätigte. Mit einem genervten Seufzer machte ich mich wieder auf zur Wohnungstür. Konnte ich nicht mal für einen Moment meine Ruhe haben? Wahrscheinlich war es Aoko, die sich darüber beschweren wollte, dass ich nicht wie versprochen zum Frühstück erschienen war.

Als ich jedoch die Tür öffnete, stand dort nicht wie erwartet die Tochter des Kommissars. Es war jemand, den ich vor allem heute nicht noch einmal zu Gesicht bekommen wollte. Und noch weniger an diesem Ort.

„Hakuba?", fragte ich und versuchte dabei, nicht allzu aufgebracht zu wirken.

Was zum Teufel machte er hier? Und als wäre dieser Schock noch nicht genug, hatte er die beiden anderen Detektive im Schlepptau. Hatten die etwa nichts Besseres zu tun als einen Tag in einem vollkommen überteuerten Café (mit zugegebenermaßen unglaublich leckerem Eis) zu hocken und danach an die Haustüren müder Menschen zu klingeln, um ihnen auch noch den letzten Nerv zu rauben?

Ohne auf eine Aufforderung zu warten, schlängelte Hakuba sich an mir vorbei in den Flur. Und bevor ich reagieren konnte, waren auch schon die anderen beiden genau an dem Ort, wo niemals auch nur ein Detektiv hätte sein sollen.

Wie konnte es bloß dazu kommen?

„Was wollt ihr hier? Ich hab euch doch schon gesagt, dass ich weder KID bin noch irgendwas mit diesem Fall zu tun haben will", versuchte ich sie wieder abzuwimmeln, jedoch mit wenig Erfolg. Das hätte ich mir denken können.

„Als du uns im Café alleine gelassen hast, sind wir auf die Idee gekommen, dich einfach mal zu besuchen", meinte Hakuba gelassen und sah sich dabei neugierig um.

Einfach mal zu besuchen? Meinte er das etwa ernst?

„Hier wohnt also der ach so unglaubliche Kaito KID?", fragte Hattori nachdenklich und ging dann weiter hinein, um sich wahrscheinlich genauer umsehen zu können. Auch das noch!

Ohne, dass ich ihn davon hätte abhalten können, ging Shinichi ebenfalls auf Besichtigungstour. Ich musste irgendetwas dagegen unternehmen! Ich konnte doch nicht einfach so zulassen, dass sie womöglich noch KIDs Versteck ausfindig machten.

Doch auch nachdem ich sie mehrmals möglichst freundlich heraus gebeten hatte, weigerten sie sich strikt, wieder zu gehen.

„Ich dachte, ihr wärt 'die Guten'. Wie könnt ihr dann einfach ohne Erlaubnis in das Haus eines anderen hinein spazieren, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben?", wollte ich schlecht gelaunt von ihnen wissen. Heute schien wirklich nicht mein Tag zu sein.

„Nun, wir sind in der Tat 'die Guten', aber wir sind auch Wahrheitssucher. Und wenn sich uns die Möglichkeit darbietet, das Haus eines Diebes genauer unter die Lupe zu nehmen, können wir sie uns natürlich nicht einfach entgehen lassen", meinte Hakuba in seinem stets etwas arrogantem Ton, während er ein paar Bücher aus einem Schrank durchblätterte.

Ich seufzte erschöpft. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Wenn sie wirklich den Ort, den ich mein Zuhause nannte, auf den Kopf stellen wollten, musste ich möglichst unauffällig einige Dinge verstecken, die auf mein Alter Ego hinweisen könnten. So unter anderem meine Kartenpistole, die ich achtlos im Wohnzimmer hatte liegen lassen.

Und dies schaffte ich scheinbar gerade noch rechtzeitig, denn wenige Momente später waberten die drei ach so großartigen Detektive auch schon in diesem Raum herum.

Ich beobachtete, wie jeder von ihnen jeden noch so kleinsten Winkel genau untersuchte und es gab rein gar nichts, was ich dagegen hätte unternehmen können. Ich war machtlos. Waren das wirklich Ordnungshüter?

„Seht mal, was ich gefunden habe!", meinte Hattori auf einmal freudestrahlend und hielt ein Bild in die Höhe. Um genau zu sein handelte es sich hier um das Familienfoto von meinen Eltern und mir, als ich noch klein war.

„Hey!", rief ich, doch bevor ich es zu fassen bekam, hielt Shinichi es schon in den Händen. Ich fragte mich, wer von uns hier wirklich der Verbrecher war.

„Ist das deine Familie?", fragte der Detekriv Ost-Japans, während er das Bild genauestens betrachtete. Auch Hakuba schien neugierig geworden zu sein und so sah er sich das Bild ebenfalls an.

„Der Mann ist Toichi Kuroba. Er war ein begnadeter Zauberkünstler, der sogar als einer der besten Zauberer Japans galt", meinte der Londoner Detektiv im ernsten Ton.

'Nicht nur einer der besten Japans - der Beste der ganzen Welt!', korrigierte ich ihn in meinen Gedanken.

Dann sah Shinichi mich plötzlich mit festem Blick an, als wäre ihm gerade etwas eingefallen. Das konnte nichts Gutes bedeuten. „Erinnerst du dich, als du bei der Ryoma-Ausstellung vom alten Suzuki die Andeutung machtest, dass die Phantom Lady deine Mutter sei?"

Ach du grüne Neune, das hatte ich ganz verdrängt...! Innerlich ohrfeigte ich mich selbst, damals so sorglos gewesen zu sein.

„Wenn das stimmt, dann ist diese Frau also diejenige, die man früher als 'die Frau mit den tausend Gesichtern' kannte."

„Jetzt verstehe ich. Die Zauberei hast du von deinem Vater gelernt und das Diebeshandwerk von deiner Mutter. Du kommst also wahrlich ganz nach deinen Eltern", meinte Hakuba stichelnd.

So ganz stimmte das zwar nicht, aber das musste ich ihnen ja nicht auch noch unter die Nase reiben. Sie hatten ohnehin schon viel zu viel herausgefunden. Ich musste dringend einen Weg finden, sie loszuwerden.

Ich konnte nicht zulassen, dass sie auch noch das letzte Geheimnis hinter der Figur Kaito KID lüfteten.

Das Ende der SucheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt