Kapitel 5

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Zuhause angekommen entdecke ich als allererstes einen neuen Raum. (Zwischen Wohnzimmer und Küche ist ein Fitnessraum aufgetaucht.) Diesen lasse ich aber links liegen und ziehe endlich diese schrecklichen Stöckelschuhe aus. Nachdem ich meine Füße halbwegs wiederbelebt habe, öffne ich meinen - seit neuestem begehbaren - Kleiderschrank und suche unter den ganze glitzernden, engen und sehr knappen Sachen, die sich darin befinden, etwas bequemes.

Nach gefühlten Ewigkeiten stoße ich im hintersten Eck auf eine Jogginghose und ein Captain America T-Shirt, das ich mal von meinem Bruder Ben, der mittlerweile studiert, geklaut habe. Ich ziehe mir die Sachen über und gehe wieder in die Küche, wo ich mir eine Tiefkühlpizza in die Mikrowelle schiebe. Ich selbst kann leider, als einzige in meiner Familie, komplett nicht kochen.

Während ich auf mein Essen warte, beschließe ich zu versuchen meine Mom anzurufen. Die erste Hürde dabei ist schon mein Handy, das die Farbe seiner Hülle auf rosa glitzernd und leider auch das Passwort geändert hat. Ich zucke mit den Schultern und starte ein paar Versuche es zu erraten.

Gerade als die Pizza fertig ist habe ich auch das Passwort geknackt (es war IchBinToll) und so lege ich mich kauend auf das Sofa und wähle die Nummer meiner Mom. Die weiß ich zum Glück auswendig, denn in meinen Kontakten sind jetzt nur mehr haufenweise Chantelles, Skys und Angels.

Nach dem vierten Tuten meldet sich mein Dad. "Hi Nat, schön von dir zu hören. Warte ich stelle schnell auf Lautsprecher." Es raschelt etwas und ich höre ihn "Vivien, komm, Natasha ist am Telefon!" rufen, dann wendet er sich wieder an mich. "Wie läuft es denn so bei dir?", begrüßt er mich.

"Hey. Wir haben neuerdings einen Fitnessraum und ich renne in High Heels herum", erzähle ich ihm die Neuigkeiten. Dad lacht. "Du in High Heels? Ich schließe daraus mal, dass deine WPA-Zeit da ist und wir deswegen in dieses traumhafte 5-Sterne Hotel abgeschoben wurden. Und? Wie ist es?"

"Nicht so toll. Ich bin eine schrecklich nervige Mary Sue und bin unsterblich in einen Typen verliebt", erwidere ich leicht seufzend.

"Du arme!", meint Mom, die sich, den Geräuschen zu urteilen, neben Dad gesetzt hat. "Das ist bestimmt nicht so dufte", bekräftigt auch Dad.

Ich versuche schon seit Jahren das Wort "dufte" aus seinem Wortschatz zu verbannen aber er weigert sich partout. Ich habe das Gefühl, dass er es nur mehr extra benutzt, um mich zu ärgern.

"Kennen wir diesen Jungen denn?", erkundigt sich mein Dad. "Mhh..kann sein." Ich beiße von meiner Pizza ab. "Es ist Henry, der beste Freund von Justin." "Justin Danvers?", hakt meine Mom nach. Ich mache ein zustimmendes Geräusch. "Jep. Mein Ex."

"Na dann viel Spaß", schmunzelt Dad. "Danke. Werde ich bestimmt haben", gebe ich mit einer Priese Sarkasmus in meiner Stimme zurück.

"Du schaffst das schon. Vielleicht hat dieser Henry ja eine hübsche Schwester", versucht meine Mom mich aufzumuntern. Ich grinse, nehme mir das letzte Pizzastück und beiße hinein. "Soweit ich weiß ist er Einzelkind, aber falls ich mich täusche lass ich es dich wissen."

Ich höre meinen Dad leicht lachen. "Vivien, wann gibst du es endlich auf unsere Kinder zu verkuppeln?" "Wahrscheinlich nie", meine ich. "Nach dem Erfolg bei Ben ist Mom zu einer Art menschliches Parship mutiert."

"Hey!", empört sich meine Mom. "Ich habe Benjamin nur etwas unterstützt!" "Wenn du das sagst, Schatz", antwortet mein Dad.

Mir fällt plötzlich noch etwas ein. "Mom? Dad?", frage ich.

"Ja?", kommt es unisono.

"Was ich noch schnell fragen wollte: Ich habe heute, als mein WPA angefangen hat mich zu steuern, so ein Kribbeln gespürt. Ist das immer so?"

Meine Mom antwortet mir. "Das ist bei den meisten so. Das ist so ein Signal für dich, dass dein WPA wieder übernimmt. Es braucht aber fast immer ein paar Anläufe, bis es da ist, deswegen spürt man es meist erst bei der dritten oder vierten Verwandlung."

Ich nicke. Als mir klar wird, dass das ein Telefongespräch ist, mache ich och zusätzlich ein zustimmendes Geräusch. Mein Dad sagt im Hintergrund etwas, worauf meine Mom "Mach ich" erwidert. "Nat, ich muss jetzt leider Schluss machen", meint sie dann zu mir. "Kein Problem, macht euch eine schöne Zeit", gebe ich zurück.

Wir verabschieden uns und sie erinnert mich noch daran, immer etwas anständiges zu essen (Auf der Pizza ist was grünes gewesen. Ich lasse das unter die Kategorie 'anständig' fallen), auf keinen Fall zu vergessen, den Ofen oder sonst was auszuschalten und Nachts immer alle Türen und Fenstern zu verriegeln. Ich versichere ihr, dass ich mich vorbildlich verhalten werde und lege dann auf.

Ich komme auch gleich meinen Pflichten als gute Tochter nach, spüle meinen Teller ab und mache einen Kontrollgang, um zu sehen, ob alle Fenster und Türen geschlossen sind. (Waren sie nicht, die Terassentür hat sperrangelweit offen gestanden und der Kater unserer Nachbarin hat im gläsernen Vorbau geschlafen. Ich habe ihnmit etwas Milch nach draußen gelockt.)

Nachdem ich das alles erledigt habe, gehe ich hinauf in mein Zimmer und werfe mich auf das Bett. Das war ein anstrengender Tag. Mein Blick fällt auf meinen Schulrucksack, den ich davor in die Ecke geworfen habe. Sieht ganz so aus, als wäre der anstrengende Tag noch nicht vorbei.

Da ich meinem WPA nicht traue, beschließe ich, alle Hausaufgaben zu machen, denn noch ein Minus kann ich mir nicht leisten.

Draußen ist es schon dunkel geworden, als ich auch die letzte Aufgabe beendet habe. Ich gähne und schaue auf die Uhr. Ein bisschen nach zehn. Obwohl ich sonst immer später schlafen gehe, bin ich hundemüde.

Ich mache mich bettfertig, schlüpfe unter meine 101-Dalmatiner-Decke (sie ist warm und kuschelig, deswegen weigere ich mich trotz des Prints eine andere zu nehmen) und bin schon fast eingeschlafen, als mein Handy auf dem Nachttisch kurz vibriert. Ich greife danach und schalte es ein. Als allererstes werde ich von dem grellen Bildschirm fast blind, ich schaffe es dann aber, die Helligkeit zu reduzieren und sehe, dass ich eine Nachricht von einer unbekannten Nummer habe. Weil ich neugierig bin klicke ich darauf.

'Hey, hier ist Henry :) xD *~*'

Ich beginne laut zu kreischen und hüpfe auf meinem Bett herum. Da muss ich das Kribbeln wohl, im wahrsten Sinne des Wortes, verschlafen haben, denn so würde ich nie im Leben auf eine einfache Nachricht reagieren.

Aufgeregt tippe ich 'Hallo <3 :)))' zurück. Ein paar Sekunden später erreicht mich seine nächste Nachricht.

'Ich vermisse dich Baby! Träum schön von mir!'

Ich schreibe ihm 'Ich vermisse dich total T.T Träum du auch von mir 8) :*' zurück und lege dann mein Handy wieder auf seinen Platz zurück.

Na toll, dafür bin ich jetzt geweckt worden? Das Susan anscheinend wirklich nichts weiter wollte, wickle ich abermals meine Decke um mich und drehe mich zur Seite.

Ich schlafe jetzt und basta.

per•fectWo Geschichten leben. Entdecke jetzt